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predigt[e].de

Die Predigt vom 18. Dezember 2005 (4. Advent):
»Worauf kann ich mich verlassen?«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 4. Sonntag im Advent. Sein Thema ist die Freude über das bevorstehenden Kommen Gottes. Evangelium (1. Lesung) war der Lobgesang der Maria und Epistel (2. Lesung) der Aufruf des Paulus zur Freude. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war ein Abschnitt aus dem 2. Korintherbrief:
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. 20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. 21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
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Die Predigt
Sich aufeinander verlassen können

Alle Jahre wieder können wir uns darauf verlassen, dass in der Woche vor dem 4. Advent fleißige Hände den Christbaum der Kirche und auch die Krippe aufbauen. Alle Jahre wieder können wir uns darauf verlassen, dass wir von jemand einen großen Baum geschenkt bekommen.

Es ist gut, wenn man sich ganz selbstverständlich aufeinander verlassen kann. Ohne sich-aufeinander-verlassen-können gibt es kein Zusammenleben.
Ich denke an die beiden, die sich als Verwitwete in guten Zeiten zu einer Partnerschaft zusammen getan haben, viel Freude am Leben miteinander hatten, und nun ist sie auf seine Pflege angewiesen. Sie kann sich auf ihn verlassen auch in dieser Lebensphase. Gott sei Dank.
Ich denke an die Ehemänner, die aus beruflichen Gründen unter der Woche oder auch länger weg sind. Die Frage „Kann ich mich auf dich verlassen?“ wird vielleicht nicht laut gestellt, aber sie steht natürlich unausgesprochen im Raum.
Ich denke an die Jugendlichen, die sich langsam vom Elternhaus lösen und mit Freunden am Abend weg sind. Können sich die Eltern auf sie verlassen? Werden Vereinbarungen und Regeln eingehalten? Ist ein Ja auch ein Ja?

Die Verlässlichkeit des Paulus

Können wir uns auf dich und deine Zusagen verlassen, Paulus? So fragten damals Gemeindeglieder in der Stadt Korinth in Griechenland. Der Apostel Paulus hatte die christliche Gemeinde dort auf einer seiner Missionsreisen gegründet. Nach ihm waren andere Apostel in die Gemeinde gekommen, die offenbar geistlich eine große Show abgezogen haben und sich als die besseren Apostel hingestellt haben. (2 Kor 10) Ob Paulus mit seiner eher schwachen äußeren Erscheinung überhaupt vom Heiligen Geist erfüllt gewesen sei, wurde gefragt. Bei einem zweiten Besuch eskalierte der Konflikt noch und er musste unverrichteter Dinge wieder abreisen.
Nun zieht er seinen angekündigten dritten Besuch hinaus. (2. Kor 13) Und sofort wirft man ihm vor, er würde seine Zusagen nicht einhalten, ja, aus der Ferne, da könne er starke Worte machen, aber persönlich kommen, das traue er sich nicht. (10,10) Nein, schreibt er, er zögert nur, weil er die Gemeinde schonen will. Es würde doch nur wieder zu einer Konfrontation kommen. (2,1-4) Vielleicht kann er durch seinen Brief, den er einen Mitarbeiter überbringen lässt, die Wogen glätten und seinen Besuch vorbereiten. Aber sein Wort gilt. Darauf können sie sich verlassen. 2. Brief an die Korinther Kapitel 1:

Ein Ja ist auch ein Ja

18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. 20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. 21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.

18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist.
So massiv war das Vertrauensverhältnis gestört, dass Paulus mit einem Schwur seine Worte unterstreicht. Gott ruft er zum Zeugen an: Sein Ja ist ein Ja und sein Nein ist ein Nein. Die Gemeinde kann sich auf sein Wort verlassen.
Und dann diese mutige Begründung: Ihr könnt euch auf mein Ja verlassen, genauso wie ihr euch auch auf Gottes Ja verlassen könnt.
19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.

Kann ich mich auf Gott verlassen?

Und damit ist die zweite entscheidende Lebensfrage angesprochen: Zum Leben gehört, dass man sich aufeinander verlassen kann. Und zum Leben gehört, dass ein Menschen sich auf Gott verlassen kann.
„Kann ich mich auf dich verlassen, Gott? Gilt, was du mir bei meiner Taufe versprochen hast? Gilt der Segen, den ich bei meiner Konfirmation erhalten habe? Gilt die Vergebung, die mir in Beichte und Abendmahl zugesprochen wird? Ist dein Ja ein Ja und bleibt es eines?“

19 ... Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, ... der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.
Dass Gott in Jesus den Menschen nahe gekommen ist, ist ein Zeichen, dass er es ernst meint mit den Menschen. Jesus Christus ist sozusagen das greifbare Ja Gottes, das verkörperte, das Mensch gewordene Ja Gottes.

20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe.
In Jesus haben sich die großen Verheißungen des Alten Testamentes erfüllt. Er ist das Amen auf Gottes Verheißungen. Amen, das heißt als Antwort der Gemeinde nicht nur: „So sei es.“ Amen heißt von seiner hebräischen Grundbedeutung her vor allem „fest, verlässlich“.

Die Taufe als Versprechen Gottes

21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
In Bildern ist hier von der Taufe die Rede: Wer getauft ist, zu dem hat Gott ja gesagt, und dieses Ja nimmt er nicht zurück. Die Taufe ist wie die Salbung der alttestamentlichen Könige und Propheten. Mit ihr gibt uns Gott, wie man so schön sagt, „Brief und Siegel“, dass wir uns auf ihn verlassen können.
Von Martin Luther heißt es, er habe sich in seinen Depressionen dadurch trösten und aufrichten lassen: Er habe unter die Tischdecke auf den Tisch geschrieben „Baptizatus sum“ „Ich bin getauft.“ Und wenn er wieder einmal seelisch ganz unten war, sich vom Teufel angefochten fühlte, habe er die Tischdecke hochgehoben und gelesen: „Ich bin getauft.“ Das war für ihn stärker als Tod und Teufel.

Warum sollte das im Glauben nicht auch heute gelingen: Wer meint, er müsse an Gott zweifeln, besorge sich sein Taufzeugnis, seinen Konfirmationsschein oder sein Kreuz. Wer seinen Tauf- oder Konfirmationsspruch nicht mehr weiß, soll ihn sich wieder neu besorgen. In solchen Worten liegt Gottes ganz persönliches Ja zu einem Menschen.

Können sich andere auf uns verlassen?

Wer dieses Ja Gottes dann für sich selber spürt und auch annehmen kann, der kann dann wie Paulus vielleicht die Folgerung daraus ziehen:
Wenn Gott eindeutig hinter mir steht, wenn ich mich auf sein Ja verlassen kann, dann können und sollen andere es auch von mir erwarten. Nicht nur wir brauchen Menschen, auf die wir uns verlassen können, sondern andere brauchen uns.
Unser Ja zum Ehepartner vielleicht, dem man einmal versprochen hat, in guten und bösen Tagen treu zu sein.
Unser Ja zu den alten Eltern vielleicht, auch wenn sie einem zunehmend Mühe bereiten.
Unser Ja als Eltern zu den Kindern, auch wenn sie sich als Jugendliche oder junge Erwachsene langsam von uns entfernen.

Ja, mit Gottes Hilfe!

Paulus vergleicht sein Ja und seine Verlässlichkeit sehr mutig mit Gottes Ja. So weit können wir als Menschen nicht gehen. Wir kennen unsere Grenzen. Deswegen heißt es auch bei Ministern oder Bundeskanzlerinnen, bei der Konfirmation, bei der Trauung, oder bei der Einführung eines Kirchenvorstehers oder Pfarrers ganz bewusst „Ja, mit Gottes Hilfe“.
Ohne Gottes Ja zu uns und unser Ja zu anderen gibt es kein Leben. Amen, so sei es.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de