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Die Predigt |
Sich aufeinander
verlassen können
Alle Jahre wieder können wir uns darauf verlassen, dass in der
Woche vor dem 4. Advent fleißige Hände den Christbaum der
Kirche und auch die Krippe aufbauen. Alle Jahre wieder können
wir uns darauf verlassen, dass wir von jemand einen großen Baum
geschenkt bekommen.
Es ist gut, wenn man sich ganz selbstverständlich aufeinander
verlassen kann. Ohne sich-aufeinander-verlassen-können gibt es
kein Zusammenleben.
Ich denke an die beiden, die sich als Verwitwete in guten Zeiten zu
einer Partnerschaft zusammen getan haben, viel Freude am Leben miteinander
hatten, und nun ist sie auf seine Pflege angewiesen. Sie kann sich
auf ihn verlassen auch in dieser Lebensphase. Gott sei Dank.
Ich denke an die Ehemänner, die aus beruflichen Gründen
unter der Woche oder auch länger weg sind. Die Frage „Kann
ich mich auf dich verlassen?“ wird vielleicht nicht laut gestellt,
aber sie steht natürlich unausgesprochen im Raum.
Ich denke an die Jugendlichen, die sich langsam vom Elternhaus lösen
und mit Freunden am Abend weg sind. Können sich die Eltern auf
sie verlassen? Werden Vereinbarungen und Regeln eingehalten? Ist ein
Ja auch ein Ja?
Die Verlässlichkeit des Paulus
Können wir uns auf dich und deine Zusagen verlassen, Paulus?
So fragten damals Gemeindeglieder in der Stadt Korinth in Griechenland.
Der Apostel Paulus hatte die christliche Gemeinde dort auf einer seiner
Missionsreisen gegründet. Nach ihm waren andere Apostel in die
Gemeinde gekommen, die offenbar geistlich eine große Show abgezogen
haben und sich als die besseren Apostel hingestellt haben. (2 Kor
10) Ob Paulus mit seiner eher schwachen äußeren Erscheinung
überhaupt vom Heiligen Geist erfüllt gewesen sei, wurde
gefragt. Bei einem zweiten Besuch eskalierte der Konflikt noch und
er musste unverrichteter Dinge wieder abreisen.
Nun zieht er seinen angekündigten dritten Besuch hinaus. (2.
Kor 13) Und sofort wirft man ihm vor, er würde seine Zusagen
nicht einhalten, ja, aus der Ferne, da könne er starke Worte
machen, aber persönlich kommen, das traue er sich nicht. (10,10)
Nein, schreibt er, er zögert nur, weil er die Gemeinde schonen
will. Es würde doch nur wieder zu einer Konfrontation kommen.
(2,1-4) Vielleicht kann er durch seinen Brief, den er einen Mitarbeiter
überbringen lässt, die Wogen glätten und seinen Besuch
vorbereiten. Aber sein Wort gilt. Darauf können sie sich verlassen.
2. Brief an die Korinther Kapitel 1:
Ein Ja ist auch ein Ja
18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein
zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch
durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus,
der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. 20 Denn auf alle
Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch
durch ihn das Amen, Gott zum Lobe. 21 Gott ist's aber, der uns fest
macht samt euch in Christus und uns gesalbt 22 und versiegelt und
in unsre Herzen als Unterpfand den Geist gegeben hat.
18 Gott ist mein Zeuge, dass unser Wort an euch nicht Ja und Nein
zugleich ist.
So massiv war das Vertrauensverhältnis gestört, dass Paulus
mit einem Schwur seine Worte unterstreicht. Gott ruft er zum Zeugen
an: Sein Ja ist ein Ja und sein Nein ist ein Nein. Die Gemeinde kann
sich auf sein Wort verlassen.
Und dann diese mutige Begründung: Ihr könnt euch auf mein
Ja verlassen, genauso wie ihr euch auch auf Gottes Ja verlassen könnt.
19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch
uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der
war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.
Kann ich mich auf Gott verlassen?
Und damit ist die zweite entscheidende Lebensfrage angesprochen: Zum
Leben gehört, dass man sich aufeinander verlassen kann. Und zum
Leben gehört, dass ein Menschen sich auf Gott verlassen kann.
„Kann ich mich auf dich verlassen, Gott? Gilt, was du mir bei
meiner Taufe versprochen hast? Gilt der Segen, den ich bei meiner
Konfirmation erhalten habe? Gilt die Vergebung, die mir in Beichte
und Abendmahl zugesprochen wird? Ist dein Ja ein Ja und bleibt es
eines?“
19 ... Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden
ist, ... der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm.
Dass Gott in Jesus den Menschen nahe gekommen ist, ist ein Zeichen,
dass er es ernst meint mit den Menschen. Jesus Christus ist sozusagen
das greifbare Ja Gottes, das verkörperte, das Mensch gewordene
Ja Gottes.
20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum
sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe.
In Jesus haben sich die großen Verheißungen des Alten
Testamentes erfüllt. Er ist das Amen auf Gottes Verheißungen.
Amen, das heißt als Antwort der Gemeinde nicht nur: „So
sei es.“ Amen heißt von seiner hebräischen Grundbedeutung
her vor allem „fest, verlässlich“.
Die Taufe als Versprechen Gottes
21 Gott ist's aber, der uns fest macht samt euch in Christus und
uns gesalbt 22 und versiegelt und in unsre Herzen als Unterpfand den
Geist gegeben hat.
In Bildern ist hier von der Taufe die Rede: Wer getauft ist, zu dem
hat Gott ja gesagt, und dieses Ja nimmt er nicht zurück. Die
Taufe ist wie die Salbung der alttestamentlichen Könige und Propheten.
Mit ihr gibt uns Gott, wie man so schön sagt, „Brief und
Siegel“, dass wir uns auf ihn verlassen können.
Von Martin Luther heißt es, er habe sich in seinen Depressionen
dadurch trösten und aufrichten lassen: Er habe unter die Tischdecke
auf den Tisch geschrieben „Baptizatus sum“ „Ich
bin getauft.“ Und wenn er wieder einmal seelisch ganz unten
war, sich vom Teufel angefochten fühlte, habe er die Tischdecke
hochgehoben und gelesen: „Ich bin getauft.“ Das war für
ihn stärker als Tod und Teufel.
Warum sollte das im Glauben nicht auch heute gelingen: Wer meint,
er müsse an Gott zweifeln, besorge sich sein Taufzeugnis, seinen
Konfirmationsschein oder sein Kreuz. Wer seinen Tauf- oder Konfirmationsspruch
nicht mehr weiß, soll ihn sich wieder neu besorgen. In solchen
Worten liegt Gottes ganz persönliches Ja zu einem Menschen.
Können sich andere auf uns verlassen?
Wer dieses Ja Gottes dann für sich selber spürt und auch
annehmen kann, der kann dann wie Paulus vielleicht die Folgerung daraus
ziehen:
Wenn Gott eindeutig hinter mir steht, wenn ich mich auf sein Ja verlassen
kann, dann können und sollen andere es auch von mir erwarten.
Nicht nur wir brauchen Menschen, auf die wir uns verlassen können,
sondern andere brauchen uns.
Unser Ja zum Ehepartner vielleicht, dem man einmal versprochen hat,
in guten und bösen Tagen treu zu sein.
Unser Ja zu den alten Eltern vielleicht, auch wenn sie einem zunehmend
Mühe bereiten.
Unser Ja als Eltern zu den Kindern, auch wenn sie sich als Jugendliche
oder junge Erwachsene langsam von uns entfernen.
Ja, mit Gottes Hilfe!
Paulus vergleicht sein Ja und seine Verlässlichkeit sehr mutig
mit Gottes Ja. So weit können wir als Menschen nicht gehen. Wir
kennen unsere Grenzen. Deswegen heißt es auch bei Ministern
oder Bundeskanzlerinnen, bei der Konfirmation, bei der Trauung, oder
bei der Einführung eines Kirchenvorstehers oder Pfarrers ganz
bewusst „Ja, mit Gottes Hilfe“.
Ohne Gottes Ja zu uns und unser Ja zu anderen gibt es kein Leben.
Amen, so sei es. |
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