Da
will jemand etwas Besseres sein
Dem Apostel Paulus ist zu Ohren gekommen, dass in der christlichen
Gemeinde in der Stadt Korinth Spaltungen und Parteien entstanden
sind. Was genau der Grund war, können wir seinen Briefen nicht
entnehmen. Auf jeden Fall meinte wohl jeder der Gruppierungen, sie
sei etwas besseres. Mit seinem Brief holt er sie auf den Boden der
Tatsachen herunter. Erstens: Dass ihr zur Gemeinde gehört,
hat nicht mit eurer Macht oder Intelligenz zu tun, sondern ist Berufung
und Erwählung durch Gott. Zweitens: Schaut doch hin. Es gibt
keinen Grund zum Stolz anderen gegenüber. Auch in eurer Gemeinde
wird deutlich, dass Gott nicht auf Macht oder Kraft oder Intelligenz
setzt, wenn er eine christliche Gemeinde baut. 1. Brief an die Korinther
Kapitel 1: (siehe oben)
Es geht um den Kern
Es geht Paulus nicht einfach nur darum, dass Frieden in der Gemeinde
einkehrt, sondern es geht ums Eingemachte, es geht um den Kern seiner
Botschaft. Vor diesen Zeilen steht das sog. Wort vom Kreuz.
18 Denn das Wort vom Kreuz ist eine Torheit denen, die verloren
werden; uns aber, die wir selig werden, ist's eine Gotteskraft.
23 wir aber predigen den gekreuzigten Christus, den Juden ein Ärgernis
und den Griechen eine Torheit.
Mit dem Gekreuzigten hat Gott deutlich gemacht, dass er in der Welt
nicht auftrumpfen will. Nicht durch Macht und Stärke kommt
diese Welt entscheidend weiter. Und genauso auch an Weihnachten:
Das Kleine und Schwache stellt Gott in den Mittelpunkt.
Sattheit ist ein Hindernis für den Glauben
Ist es bei euch nicht genauso? fragt Paulus:
26 Seht doch, liebe Brüder, auf eure Berufung. Nicht viele
Weise nach dem Fleisch, nicht viele Mächtige, nicht viele Angesehene
sind berufen.
Offenbar bestand die christliche Gemeinde in Korinth vor allem aus
Menschen, die wir heute als Unterschicht bezeichnen würden.
Menschen in verantwortlicher Position und Wohlhabende scheint es
in der Gemeinde nur wenige gegeben zu haben. Das ist verständlich,
denn das Christentum war damals immer noch so etwas wie eine neue
Sekte, mit der man erst einmal vorsichtig umgegangen ist. Wer einen
Ruf zu verlieren hatte, hat sich wohl erst einmal von ihnen fern
gehalten. Andererseits war Korinth eine berühmte, ja berüchtigte
große Hafenstadt, in der es manches menschliche Treibgut gegeben
hat. An anderer Stelle ist Paulus sehr deutlich:
9 Wisst ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht
ererben werden? Lasst euch nicht irreführen! Weder Unzüchtige
noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder,
10 Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber
werden das Reich Gottes ererben. 11 Und solche sind einige von euch
gewesen. Aber ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid
gerecht geworden ... . (1. Kor 6,9-11)
Interessanterweise sind es meistens die am Rand Stehenden, die offene
Ohren für die christliche Botschaft haben: Auch bei Jesus war
das nicht anders, wenn wir hören, dass man ihm seine Gemeinschaft
mit Zöllnern und Sündern vorhält. Und auch heute
wächst der christliche Glaube nicht so sehr unter den Satten,
wenn wir in die Welt hinein schauen, sondern unter Armen und Unterdrückten,
v.a. in Afrika und Südamerika. Sattheit ist oft genug ein Hindernis
für den Glauben. Wer satt ist, braucht oft genug keinen Gott.
Und zweitens:
Auch
Intelliganz kann ein Hindernis sein
27 Sondern was töricht ist vor der Welt, das hat Gott erwählt,
damit er die Weisen zuschanden mache;
Auch Intelligenz und Klugheit ist manchmal ein Hindernis für
den Glauben. Dass in dem Gekreuzigten das Heil liegen soll, das
war für die Juden z.Zt. des Paulus eine Gotteslästerung
und für die griechisch Gebildeten eine eher lachhafte Vorstellung.
Und dennoch hat seine Botschaft die Menschen erreicht.
28 das Geringe vor der Welt und das Verachtete hat Gott erwählt,
das, was nichts ist, damit er zunichte mache, was etwas ist, 29
damit sich kein Mensch vor Gott rühme.
Wenn der Glaube abhängig wäre von all dem, von der Intelligenz,
vom Äußeren, von den Finanzen, dann bestünde die
Gefahr, dass jemand vor Gott stolz wird, die Gefahr, dass manche
in der Gemeinde sich für die besseren Christen halten.
In der Taufe sagt Gott Ja zu einem Menschen
Entscheidend ist allein das, was Paulus mit den Worten Erwählung
und Berufung zum Ausdruck bringt. Erwählung damals in Korinth,
in einer pulsierenden Hafenstadt, in der es eine Menge von Glaubensrichtungen
gab. Erwählung war, wenn ein Mensch sich von den Christen dort
angesprochen fühlte, sich zu ihnen hielt, und sich dann nach
einem Taufunterricht für Erwachsene taufen ließ und sein
Ja zu Gott sagte. Erwählung nach Paulus: Nicht der Mensch kann
sich eigenmächtig Gott aussuchen, sondern Gott selber geht
ihm nach, sucht und findet ihn.
Die Älteren unter Ihnen haben sicher alle noch die Auslegung
Luthers zum 3. Glaubensartikel gelernt:
Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an
Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern
der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen
Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten; gleichwie
er die ganze Christenheit auf Erden beruft, sammelt, erleuchtet,
heiligt und bei Jesus Christus erhält im rechten, einigen Glauben.
Vom Für und Wider der Säuglingstaufe
In unserer sog. Volkskirche sieht das ein wenig anders aus als damals
in Korinth: Erwählung durch Gott wird auch bei uns durch die
Taufe zum Ausdruck gebracht, die aber in den allermeisten Fällen
Säuglingstaufe ist.
Das hat zwei Seiten: Säuglingstaufe bedeutet, dass jemand wirklich
überhaupt nichts an Leistung oder Können oder Voraussetzung
mitbringen kann, damit Gott Ja zu ihm sagt. Da wird wirklich, wie
es Paulus hier sagt, das Törichte, das Schwache, das Geringe
ausgewählt. Das Baby kann gar nicht auf die Idee kommen, sich
zu rühmen, wie sehr es doch Gottes Ja verdient.
Deswegen stehe ich als lutherischer Pfarrer auch zur Säuglingstaufe.
Aber ich sehe natürlich die damit verbundene Kehrseite, dass
ein Mensch dann nicht seinerseits nach seinem Ja zu Gott gefragt
wird. Sein ja auf Gottes Ja. Es kann einer ein Leben lang allein
durch Geburt und Gewohnheit zur Gemeinde gehören.
Theoretisch wird dieses Ja bei der Konfirmation gesagt. Aber ein
wirklich echtes ja aus dem Herzen heraus ist es nach aller Erfahrung
in diesem Alter bei den wenigsten. Die Pubertät ist ein Alter
des Protestes, ein Alter des Zweifelns, ein Alter des Sich-Loslösens.
Schlechte Voraussetzungen für ein Ja zu Gott!
Bewusst Ja sagen zu Gott
Für die Festigkeit, die Tiefe und v.a. für die Tragfähigkeit
des eigenen Glaubens ist es aber unumgänglich, dass jemand,
egal wann in seinem Leben, egal ob im stillen Kämmerlein oder
öffentlich, dieses sein ja zu Gott auch ganz bewusst sagt:
Lieber Gott, du hast in meiner Taufe damals zu mir Ja gesagt. Dann
bin ich einfach so in den christlichen Glauben hineingewachsen,
ja ich bin eher hineingeschlittert ohne großes Nachdenken.
Irgendwie gehöre ich einfach so dazu. Hin und wieder habe ich
ganz deutlich gespürt, dass es dich gibt: Damals, als ich wieder
gesund geworden bin, als du mir mein Leben wieder neu geschenkt
hast, als du mir gesunde Kinder geschenkt hast, als mich ein Bibelwort,
eine Predigt, eine Abendmahlsfeier ganz tief im Herzen angesprochen
hat ... Jetzt will ich aus eigener Entscheidung, aus Dankbarkeit,
aus freien Stücken Ja sagen zu dir. Danke, dass du ja zu mir
gesagt hast, ja zu mir mit meiner kleinen Kraft, ja zu mir mit allen
meinen Fragen und auch Zweifeln.
Gott braucht jeden
Erwählung, so sagt Paulus, ist auch Berufung. Eine Möglichkeit,
dieses eigene Ja zum Ausdruck zu bringen, ihm Gestalt zu verleihen,
wäre, sich bewusst von Gott gerufen zu fühlen:
Lieber Gott, offenbar hast du mich berufen, eine gute und treue
Nachbarin zu sein. Ich will es gerne in deinem Namen sein. Gib mir
die nötige Kraft.
Lieber Gott, offenbar hast du mir die Geduld geschenkt und mich
berufen, anderen Menschen zuzuhören und ein offenes Ohr für
sie zu haben. Ich will es gerne in deinem Namen tun. Mache mich
verschwiegen.
Lieber Gott, offenbar hast du mir die Fähigkeit geschenkt,
Verantwortung zu übernehmen, in meinem Beruf, in einer Gruppe
dieser Kirchengemeinde, in meinem Verein ... Ich will die Verantwortung
gerne in deinem Namen tragen. Behüte mich vor Stolz.
Herr, gib uns Mut zum Dienen,
wo's heute nötig ist.
Wir danken dir, dass du dann bei uns bist.
Herr, gib uns Mut zum Glauben
an dich, den einen Herrn.
Wir danken dir, denn du bist uns nicht fern.
Amen |