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Die Predigt vom 11. Februar 2007 (Sexagesimä):
»Wenn Worte Wunder wirken«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Sonntag Sexagesimä (60 Tage vor Ostern). Sein Thema ist das Wort Gottes. Evangelium (1. Lesung) war das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld und Epistel (2. Lesung) der Hinweis auf Gottes Wort, das durch Mark und Bein geht. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) waren Verse aus Jesaja 55:
Predigttext
Sie können Texte auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.
12 Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen.
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Die Predigt
Manche Worte rühren einen an

Das haben vermutlich einige von Ihnen schon erlebt: Es gibt Verse der Bibel, die rühren einen an. Es ist fast so, als wären sie für einen selbst geschrieben oder gesprochen: Ein Konfirmationsspruch vielleicht oder eine bekannte biblische Geschichte. Oder wenn jemand regelmäßig oder öfter die Losungen für den jeweiligen Tag liest. Es ist, als hätte man genau dieses Wort heute gebraucht. Ein Wort, das tröstet. Ein Wort, das Mut macht. Oder auch ein Wort, das einem den gerade wieder nötigen Dämpfer gibt, wenn man in der Gefahr ist, abzuheben.
Aber auch das andere gibt es: Man liest ein Wort, man hört eine biblische Geschichte, man sitzt in einem Gottesdienst, aber an diesem Tag spricht einen nichts an. Irgendwie geht es nicht um das eigene Leben. Worte, einfach nur so dahin gesagt.

Befreiende Botschaft damals

Wie steht es mit der Macht, mit der Wirksamkeit der Worte der Bibel? Wieder einmal ein Ausflug in die biblische Geschichte: Zurück in die Zeit, als ein Großteil der Israeliten in Babylonien im unfreiwilligen Exil, in der Verbannung in Babylonien saß. Als die erste Generation der Verbannten schon gestorben war, trat dort ein Prophet auf, dessen Namen wir nicht kennen, aber dessen Worte uns am Ende des Buches Jesaja erhalten sind. Und der verspricht auf einmal im Namen Gottes Unglaubliches: Es wird nicht lange dauern, da werden sie aus ihrer Verbannung frei kommen. Wir können nur indirekt erschließen, wie diese Botschaft bei seinen Hörern angekommen ist. Nur wenige haben offenbar neuen Auftrieb bekommen. Viele haben ihn ausgelacht, vielleicht so ähnlich, wie man einmal die Menschen ausgelacht hat, die vom baldigen Ende der ehemaligen DDR geredet haben. Und dann diese Worte für heute. Jesaja Kapitel 55:
10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.
12 Denn ihr sollt in Freuden ausziehen und im Frieden geleitet werden. Berge und Hügel sollen vor euch her frohlocken mit Jauchzen und alle Bäume auf dem Felde in die Hände klatschen.


Jubelnd sollen sie in die alte Heimat zurückkehren. Voller Freude werden sie losziehen. Der Frieden Gottes wird sie geleiten. Die ganze Natur wird sich freuen.
Manche hat es neuen Mut gemacht. Manche haben abgewinkt, weil sie schon lange resigniert hatten. Manche wollten solche Worte aber auch gar nicht hören: In der zweiten Generation hatten sich viele dort in der Fremde häuslich eingerichtet und sich mit den neuen Umständen arrangiert. Sie wollten eigentlich gar nicht mehr zurück, zurück in ein zerstörtes Land, in das unbekannte Land ihrer Väter.

Auf Gottes Wort ist Verlass

Nein, auf Gottes Wort ist Verlass, betont der Prophet. Gott steht zu seinem Wort. Es ist nicht einfach nur so dahingesagt. Einmal ausgesprochen, wirkt es. Das wird in einem Bild, in einem Gleichnis aus dem Alltag verdeutlicht:
Ihr wisst doch aus eigener Anschauung, so sagt er, dass der Regen und der Schnee, die vom Himmel fallen, nicht wieder unverrichteter Dinge dorthin zurückkehren? Sicher, durch den ewigen Wasserkreislauf von Regnen und Verdunsten steigt das Wasser wieder nach oben. Aber Regen und Schnee fallen nicht umsonst. Sie bleiben nicht ohne Wirkung. Sie machen die Erde fruchtbar und ermöglichen das Wachstum, von dem die Menschen leben.
In der dortigen Umgebung haben die Menschen dieses Wort noch viel besser verstanden als wir: Wir haben genügend Wasser. Wir haben genügend Regen über das Jahr verteilt. Aber in den Wüsten- und Steppengebieten in Israel konnte man Jahr für Jahr erleben, wie zur Beginn der kurzen Regenzeit innerhalb kürzester Zeit das ausgetrocknete, dürre Land zu blühen begonnen hat. So als hätten die vielen Samen nur auf den Startschuss gewartet.
Genauso ist es mit meinen Worten, lässt Gott den Propheten ausrichten: Sie sind nicht ins Leere gesagt. Sie sind nicht einfach nur so dahin gesagt, wie manches menschliche Wort. Einmal ausgesprochen, kehren sie nicht wieder unverrichteter Dinge zu mir zurück, sondern sie wirken.

Lebensworte für eine ausgetrocknete Seele

Sie sind wie Lebensworte für eine dürre ausgetrocknete Seele, die nach Wasser schreit. Sie sind befreiende Worte für Menschen, die innerlich gefangen sind. Sie sind Worte, die neue Wege eröffnen für Menschen, die sich von ihrer Zukunft nichts mehr erwarten.
Oder das andere Bild in diesem Abschnitt: Von solchen Worten kann man leben wie vom Brot. Es gibt Menschen, die brauchen sie wie das tägliche Brot. Menschen, die in ihren Leben erfahren haben: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein ...“ Oder wie es im abschließenden Lied heißt: „Dein Wort bewegt des Herzens Grund, / dein Wort macht Leib und Seel gesund.“

Damit das Ganze nicht nur Theorie bleibt, müssten wir uns jetzt Zeit nehmen und in einer Art Seminar zusammensetzen. Jeder müsste sich die für ihn entscheidenden Worte zusammensuchen und sie vor sich hinlegen. Den Taufspruch vielleicht. Den Konfirmationsspruch. Den Trauspruch. Die Losung für den Tag, den Wochenspruch, die Jahreslosung.
Und dann müsste man jede und jeden für sich meditieren und nachdenken lassen. Denn Gott hat für jeden anderen Botschaften und hat mit jedem andere Wege. Wir müssten einander erzählen, was dieses oder jenes Wort in uns anrührt und bewegt. Wir würden hören, was andere dazu sagen und würden wieder neue Anstöße bekommen. ...
Das können wir nicht. Aber ich lade Sie ein, das immer wieder neu zu Hause zu probieren und Erfahrungen zu machen. Was sind die nötigen Voraussetzungen und Umstände?

Hören braucht äußere Vorbereitung

Es gibt äußere Voraussetzungen: Damit einen solche Worte der Bibel überhaupt erreichen und begegnen können, brauchen sie Raum und Zeit. Wer angesprochen werden will, wer etwas hören will für sein Leben, muss sich Zeit nehmen. Und er braucht einen ungestörten Raum, einen Ort, wo ihn für eine Viertelstunde einmal niemand stören kann. Ein Ort, der ein wenig hergerichtet ist: mit einer brennenden Kerze vielleicht, mit einem Kreuz, mit einem Bild.

Eine weitere wichtige äußere Voraussetzung: Wer von Gott etwas hören will, braucht Stille. Die Konkurrenz der vielen anderen Worte und Töne, der vielen Worte aus dem Medien, der allgegenwärtigen Dudelmusik, erdrückt die leisen Botschaften Gottes.

Worte nur für mich

Und neben den äußeren Voraussetzungen braucht es auch innere: Ich rechne damit, dass Gott mir wirklich persönlich etwas sagen kann. Was ich lese, ist nicht nur ein Wort der Bibel, sondern ein Wort Gottes. Ich nehme mir die Freiheit, dass die Worte der Bibel nicht nur für die Menschen damals, sondern auch für mich hier und heute geschrieben sind.
Ich rechne damit, dass sie, wie es in dem Abschnitt heißt, wie Wasser für eine ausgedörrte Seele sein können. Wie ein Lebensmittel für die Herausforderungen dieses Tages.

Ermutigung zu neuen Schritten

Und noch eine weitere innere Voraussetzung. Und vielleicht ist das die schwierigste, ähnlich wie bei den Menschen damals in der Verbannung: Es könnte durchaus sein, dass ein solches Bibelwort einen beunruhigt und man nicht so bleiben kann, wie man ist. Es könnte sein, dass es einen zu neuen Schritten ermutigt und herausfordert. Ein jüdischer Weiser hat einmal im Blick auf das Exil gesagt: „Das Schlimmste am Exil Israels war, dass sie gelernt hatten, es zu ertragen.“ Also: Allzu schnell richten wir uns ein in einer Lebenslage und trauen Gott nichts Neues und keine Veränderung mehr zu.

Deswegen will ich Ihnen ganz bewusst noch einmal die Jahreslosung aus Jesaja 43 zusprechen. Sie gehört ja auch in den weiteren Zusammenhang des Predigttextes und ist ebenfalls an die Menschen im Babylonischen Exil gerichtet:
„Gott spricht: Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“
Dazu lade ich Sie ein: Dass Sie den Worten der Bibel etwas zutrauen für Ihr Leben. Dass Sie immer wieder Raum und Zeit und Stille zum Hören finden.
10 Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und lässt wachsen, dass sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, 11 so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.
Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de