|
Die Predigt |
Enttäuschte
Hoffnungen
13 Und siehe, zwei von ihnen gingen an demselben Tage in ein Dorf,
das war von Jerusalem etwa zwei Wegstunden entfernt; dessen Name ist
Emmaus. 15 Und es geschah, als sie so redeten und sich miteinander
besprachen, da nahte sich Jesus selbst und ging mit ihnen. 16 Aber
ihre Augen wurden gehalten, dass sie ihn nicht erkannten. 17 Er sprach
aber zu ihnen: Was sind das für Dinge, die ihr miteinander verhandelt
unterwegs? Da blieben sie traurig stehen. 18 Und der eine, mit Namen
Kleopas, antwortete und sprach zu ihm: Bist du der einzige unter den
Fremden in Jerusalem, der nicht weiß, was in diesen Tagen dort
geschehen ist? 19 Und er sprach zu ihnen: Was denn? Sie aber sprachen
zu ihm: Das mit Jesus von Nazareth, der ein Prophet war, mächtig
in Taten und Worten vor Gott und allem Volk; 20 wie ihn unsre Hohenpriester
und Oberen zur Todesstrafe überantwortet und gekreuzigt haben.
21 Wir aber hofften, er sei es, der Israel erlösen werde. ...
25 Und er sprach zu ihnen: O ihr Toren, zu trägen Herzens, all
dem zu glauben, was die Propheten geredet haben! 26 Musste nicht Christus
dies erleiden und in seine Herrlichkeit eingehen? 27 Und er fing an
bei Mose und allen Propheten und legte ihnen aus, was in der ganzen
Schrift von ihm gesagt war. (Lk 24)
So hören wir am Ostermontag von den beiden Jesusanhängern
aus dem kleinen Ort Emmaus. Traurig verlassen sie Jerusalem und gehen
wieder nach Hause in ihr altes Leben zurück. Jesus ist tot. Alle
ihre Hoffnungen sind zerbrochen. Dass dieser Tod einen Sinn haben
könnte, das können sie nicht begreifen. Aber Jesus hilft
ihnen, ihre Heiligen Schriften, ihr Altes Testament noch einmal mit
neuen Augen zu lesen.
Gott lehrt neu sehen
So ging es offenbar den Jüngern nach dem Tod Jesu: Nach der ersten
Phase des Schocks, der Resignation und des Nicht-verstehen-könnens
lesen sie ihre Bibel noch einmal neu. Sie lesen sie von Ostern her
mit neuen Augen. Sie lesen sie mit einer österlichen Brille und
fangen an zu begreifen. Sie entdecken auf einmal Worte, die auf Jesus
hindeuten und die sie vorher nie auf diese Weise gelesen und verstanden
haben. Es fällt ihnen wie Schuppen von den Augen.
Und zu den Worten, bei denen ihnen auf einmal die Augen aufgehen,
gehören auch diese aus dem Propheten Jesaja Kapitel 53. Worte
des Jesaja vom Knecht Gottes:
(Text siehe oben.)
Wer das Geschick Jesu und seinen Ausgang nicht kennt, wer nichts von
Karfreitag und Ostern weiß, der kann in diesen Worten nicht
den Retter der Welt entdecken. Wie soll der Tod das Leben bringen?
Wie soll ein Verlierer der Sieger sein? Im Alten Testament hatte man
ganz andere, gegensätzliche Hoffnungen vom kommenden Messias.
Doch seine Anhänger lernen, ihre Vorurteile abzulegen und sich
auf das ganz Neue und Undenkbare einzulassen. Und auf einmal sprechen
diese alten Worte ganz neu:
Wir haben etwas anderes erwartet
Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war
keine Gestalt, die uns gefallen hätte. 3 Er war der Allerverachtetste
und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet,
dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für
nichts geachtet.
Ja, wir haben uns getäuscht. Wir haben in dem von den römischen
Soldaten Gefolterten und Verspotteten den Verlierer gesehen. Hoheit
und Majestät haben wir erwartet, einen König. Und nachdem
er sich gar nicht königlich und majestätisch erwiesen hat,
haben wir ohnmächtig zugehört, als die Menge brüllte:
„Kreuzige, kreuzige.“ Ja, manche haben selbst mitgeschrien.
Wir haben ohnmächtig zugehört, als sie spotteten: „Steig
herab vom Kreuz, dann wollen wir an dich glauben.“ Ja, manche
haben selbst mitgespottet.
Aber, wir haben uns getäuscht:
Wir sind selbst schuld
4 Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre
Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von
Gott geschlagen und gemartert wäre. 5 Aber er ist um unsrer Missetat
willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die
Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch
seine Wunden sind wir geheilt. 6 Wir gingen alle in die Irre wie Schafe,
ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde
auf ihn.
Der kann nicht der Messias sein, so haben wir gedacht. Sonst hätte
sich Gott zu ihm bekannt. Sonst hätte ihn Gott gerettet. Sonst
hätte er nicht zugelassen, dass der geplagt, geschlagen und gemartert
wird. Gott hat sein Urteil über ihn gesprochen.
Doch jetzt entdecken wir: Da hat freiwillig ein Unschuldiger gelitten.
Uns hätte eigentlich die Strafe treffen müssen. Wir sind
stur, blind und bockig unsere eigenen Wege gegangen und haben nicht
auf Gott geachtet. Wir haben uns verlaufen und verirrt. Wir wollten
alleine gehen und haben seine Führung nicht angenommen.
Seine Krankheit ist eigentlich unsere. Seine Schmerzen hätten
wir aushalten müssen. Die Strafe die ihn trifft, hätte uns
treffen müssen.
Er löffelt unsere Suppe aus
7 Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund
nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und
wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund
nicht auf.
Freiwillig hat er alles auf sich genommen. An unserer Stelle, stellvertretend
hat er das alles auf sich genommen. Für uns hat er die Zeche
bezahlt. Er löffelt die Suppe aus, die wir uns eingebrockt haben.
Er badet aus, was wir angestellt haben. Er wird freiwillig zum Sündenbock.
Wie die Lämmer, die wir im Tempel opfern, so hat er sich selbst
geopfert. Den Lämmern bleibt nichts anderes übrig. Er aber
ging freiwillig und ohne Protest seinen Weg. Er hätte noch rechtzeitig
fliehen können aus Jerusalem. Gegen die falschen Anschuldigungen
hätte er sich verteidigen können. Eine ganze Legion Engel
hätte er zu Hilfe rufen können.
Er ist nicht totzukriegen
Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen
haben und in die Länge leben, und des HERRN Plan wird durch seine
Hand gelingen. 11 Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er
das Licht schauen und die Fülle haben.
Sein Tod war also kein Unglück. Gott hatte einen Plan mit ihm.
Sein Tod war nicht ein Scheitern, sondern er hat sich in Gottes Plan
und Willen gefügt. Doch nun hat sich Gott mit seiner Auferweckung
aus dem Tod zu ihm bekannt und ihn wieder das Licht schauen lassen.
Er wird Nachkommen haben: Er und seine Jünger sind nicht totzukriegen.
Aus einem Häufchen ängstlicher Jünger wird eine mutige
Bewegung werden, die sich über die ganze Welt verbreitet.
Er macht sich selbst zum Sündenbock
Und durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte,
den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden.
12 Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben, und er soll die
Starken zum Raube haben, dafür dass er sein Leben in den Tod
gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er
die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter
gebeten.
Bisher haben wir immer gedacht, dass die Ungerechten von Gott bestraft
und die Gerechten von ihm belohnt werden. Doch nun hat Gott alles
auf den Kopf gestellt. Wir, die wir eigentlich die Ungerechten sind,
durften am Leben bleiben. Er, der Gerechte, hat freiwillig unsere
Strafe auf sich genommen und getragen. Wie ein Übeltäter
ist er behandelt worden.
Er trägt und nimmt auf sich, was eigentlich wir zu tragen hätten.
So wie der Sündenbock, dem der Hohepriester zum großen
Versöhnungstag einmal im Jahr alle Sünden des Volkes auflegt
und ihn damit in die Wüste schickt, so hat er freiwillig alles
auf sich genommen. Der Karfreitag ist der große Versöhnungstag
zwischen Gott und den Menschen.
Und so haben die Damaligen im Lichte des Lebens und Sterbens Jesu
ihre heiligen Schriften ganz neu gelesen. Sie waren bereit, Abschied
zu nehmen von ihren alten Vorstellungen von Gottes Gerechtigkeit und
vom Kommen des Messias. Und sie haben erkannt: Das hat alles mit uns
zu tun. Wir sind nicht Zuschauer, sondern Beteiligte. Es geht um uns.
Das alles schenke Gott uns auch heute. |
|