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predigt[e].de

Die Predigt vom 1. Januar 2009 (Neujahr):
»Nichts ist unmöglich«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Neujahrstag. Sein Thema ist das Beginnen im Namen Jesu. Evangelium (1. Lesung) war die Antrittspredigt Jesu in Nazareth und Epistel (2. Lesung) die Einschränkung des Jakobusbriefs "Wenn der Herr will ...". Predigttext (s.u.) war die Jahreslosung für das Jahr 2009:
Predigttext
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Der Predigttext
Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.
(Lukas 18,27)
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Die Predigt
Kraft aus unseren Möglichkeiten

„Jetzt muss sich entsprechend verhalten, wer Verantwortung trägt und Rechenschaft schuldet. Wir brauchen Achtsamkeit für das Gemeinwohl. Wir brauchen Anstand, Bescheidenheit und Maß. Glaubwürdigkeit bringt das Vertrauen zurück. Es ist das Band, das unsere Gesellschaft zusammenhält. Liebe Landsleute, lassen Sie uns dieses Band gemeinsam stärken. Es liegt wirklich an uns selbst. Schöpfen wir die Kraft aus unseren Möglichkeiten.“
So sagte Bundespräsident Horst Köhler in seiner diesjährigen Weihnachtsansprache.
„Es liegt wirklich an uns selbst. Schöpfen wir die Kraft aus unseren Möglichkeiten.“ Das scheint im Widerspruch zu stehen zur Jahreslosung für das Jahr 2009. Da heißt es: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Wie nun? Liegt alles an uns selbst und an unseren Möglichkeiten? Oder liegt es bei Gott?

Nichts ist unmöglich

In diesem zurückliegenden Jahr mussten viele v.a. das entdecken, was ihnen nicht möglich ist. Wir haben die Ohnmacht großer, ehedem fast allmächtiger, Finanzkonzerne und Autokonzerne erlebt. Wir sehen die Ohnmacht der Staatenlenker, die es nicht schaffen, einen Diktator in seine Schranken zu weisen. Wir sehen die Unfähigkeit von Israelis und Palästinensern, miteinander Frieden zu halten. Aber auch die Unfähigkeit der restlichen Welt, lenkend und friedensstiftend einzugreifen. Auf der anderen Seiten haben wir gesehen, was alles möglich ist, wenn die Zeit reif ist: „Yes, we can.“ Also: Es geht doch.
Wie sieht es nun aus mit unseren Möglichkeiten? Was ist uns möglich in diesem neuen Jahr? Sind wir ganz allein unseres Glückes Schmied? Die Jahreslosung warnt uns vor Überheblichkeit und erinnert uns an unsere menschlichen Grenzen. Entgegen einem oft gehörten Werbeslogan ist nur bei Gott nichts unmöglich.

Auch Reiche können selig werden

Wie ist das nun genau gemeint? Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich. Was ist der Zusammenhang dieser Worte im Lukasevangelium Kapitel 18?
Ein Mann kommt zu Jesus und fragt: „Guter Meister, was muss ich tun, damit ich das ewige Leben ererbe?“ Jesus erinnert ihn an die Zehn Gebote. Die hat er alle gehalten von Jugend auf. Was will Jesus mehr? möchte man meinen. Jesus bietet ihm die Nachfolge, er bietet ihm die Jüngerschaft an. Er soll mit ihm ungebunden unterwegs sein, und das Reich Gottes verkündigen. Doch um ganz frei für ein solches Leben zu sein, müsste er sich von seinem Besitz trennen. Da wird der reiche Mann sehr traurig. Jesus wendet sich an die Umstehenden: Da seht ihr, wie das Geld einen Menschen binden und mit Beschlag belegen kann. Da seht ihr, wie schwer das Loslassen ist. Es ist offenbar leichter, dass ein Kamel durch ein Nadelöhr geht, als dass ein Reicher in das Reich Gottes kommt. Die Umstehenden erschrecken und fragen: Wer kann denn dann überhaupt selig werden? Oder mit den Worten des Mannes: Wer kann dann überhaupt das ewige Leben erben? Leise gedacht haben sie vielleicht: Irgendwie sind wir doch alle reich. Und irgendetwas gibt es bei jedem, das er nur schwer oder gar nicht lassen kann. Und dann Jesus mit dem erlösenden Wort: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.

Gott sei Dank können auch Reiche selig werden. Gott sei Dank können wir, die wir unverdienterweise auf dem reichen Drittel der Erdkugel geboren sind, selig werden. Nur nicht aus eigener Kraft und durch eigenen Verdienst. Sondern als Geschenk Gottes, der Unmögliches möglich macht. Wie steht es also mit unseren Möglichkeiten und Grenzen in diesem neuen Jahr?

Mehr Bescheidenhat und Maß

Wenn ich den Zusammenhang recht verstehe, dann sind wir wirklich ohnmächtig und hilflos, wenn es um das Gelingen des Lebens geht. Den Sinn unseres Lebens; letzte, tiefe Zufriedenheit; Glück und Seligkeit können wir uns weder durch unsere Anständigkeit verdienen, noch durch unseren Fleiß erarbeiten, noch durch unser Geld erkaufen. Aber so viele Möglichkeiten des Alltags stehen uns offen: „Jetzt muss sich entsprechend verhalten, wer Verantwortung trägt und Rechenschaft schuldet. Wir brauchen Achtsamkeit für das Gemeinwohl. Wir brauchen Anstand, Bescheidenheit und Maß. Glaubwürdigkeit bringt das Vertrauen zurück. Es ist das Band, das unsere Gesellschaft zusammenhält.“ Ich meine, insofern hat Bundespräsident Köhler Recht, und sein Appell an unsere Kraft und an unsere Möglichkeiten ist richtig. Mehr Anstand, mehr Bescheidenheit, mehr Maß, mehr Glaubwürdigkeit. Das ist möglich und steht in unseren Kräften. Dass die Welt heute nun einmal so ist, dass jeder halt schauen muss, wie er zurechtkommt mit legalen oder weniger legalen Mitteln, das darf als Ausrede nicht zählen.

Ich meine, es sei eine Frage der rechten Unterscheidung: Auf der einen Seite lassen wir Dinge laufen oder überlassen Dinge Gott, die wir selber anpacken müssten. Auf der anderen Seite packen wir Dinge an, die wir eigentlich getrost Gott überlassen sollten. Oder mit dem alten Weisheitssatz, der Martin Luther und auch Augustinus zugeschrieben wird: „Bete, als hinge alles von Gott ab. Handle, als hinge alles von dir ab.“
Beide Extreme führen nicht weiter: Die Hände fromm in den Schoß legen und sagen: „Gott wird’s schon richten.“ Noch: Alles selbst machen wollen nach dem Motto „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott.“

Wie gelingt Leben?

Der Gesprächspartner Jesu im Lukasevangelium war auf der Suche nach dem gelingenden Leben. Ich verstehe Jesu Antwort so: Wer das Reich Gottes sucht, wer das gelingende Leben sucht, der bekommt es auch, sagt Jesus. Nur nicht aus eigener Kraft, oder gar, weil er es verdient hätte, sondern als Geschenk Gottes. Doch beschenkt werden kann nur, wer sich von dem Gedanken verabschiedet, dass er alles selbst machen muss oder kann. Wenn wir es nicht krampfhaft selbst tun müssen, sondern Gott überlassen können, was könnte dann nicht alles möglich sein. Auf diese Weise können dann auch Vorsätze gelingen, die von den menschlichen Möglichkeiten her eigentlich zum Scheitern verurteilt sind. Auf diese Weise dürfen wir uns für das neue Jahr sogar Dinge vornehmen, die utopisch sind.

Die Jahreslosung im Bild

Noch ein Blick auf das Kärtchen mit der Jahreslosung, das Sie bekommen haben: Ein Versuch, dieses Wort von unseren und Gottes Möglichkeiten in ein Bild umzusetzen. Ein Bild, das man ganz verschieden verstehen kann. Welche Gedanken waren bei mir als Betrachter da? Ich sehe eine helle Seite und eine dunkle Seite. Eine warme und eine kalte. Und ich sehe das Kreuz, wo sich Hell und Dunkel in einer scharfen Linie berühren. Ich sehe Linien, Klammern, Fäden, die beide Seiten miteinander verbinden. Ich denke an die hellen und dunklen Seiten des Lebens in diesem neuen Jahr. Die Lichtseiten und Schattenseiten, die es gewiss geben wird. Das Gelingen und das Misslingen. Karfreitag und Ostern. Die Sonne, die uns scheinen wird. Und Dunkel und Schatten, die nach uns greifen. Wenn beides miteinander zu einem sinnvollen und gelingenden Leben verbunden wird, geschieht Heilung. Wenn beides miteinander verbunden wird, wenn beides versöhnt wird, wird das Licht auch immer tiefer in das Dunkel eindringen und es hell machen. Heilung, Heilwerden, Ganzwerden sehe ich in diesem Bild. Das wäre für mich so ein Beispiel, wo unsere Möglichkeiten begrenzt und klein sind. Aber wer Sehnsucht hat nach solchem Heilwerden, wer die Grenzen seiner Kraft und Macht akzeptiert, wird die Hände nicht in den Schoß legt, sondern sie Gott hinhält und ausbreitet, der wird nicht mit leeren Händen davon gehen, sondern ganz gewiss beschenkt werden. Da gilt für mich eindeutig: Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de