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Die Predigt vom 31. Mai 2009 (Pfingsten):
»Wer ist Jesus – für dich?«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging das Heilige Pfingstfest. Sein Thema ist die Aussendung und die Wirkung des Heiligen Geistes. Ausgewählt wurden die Texte des 2. Feiertages: Evangelium (1. Lesung) und Predigttext (s.u.) war das sog. Petrusbekenntnis und Epistel (2. Lesung) die Gaben des Geistes.
Predigttext
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Der Predigttext
13 Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei? 14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten. 15 Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? 16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn! 17 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel. 18 Und ich sage dir auch: Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen. 19 Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein. (Matthäus 16,13-19)
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Die Predigt
Eine Meinungsumfrage

13 Da kam Jesus in die Gegend von Cäsarea Philippi und fragte seine Jünger und sprach: Wer sagen die Leute, dass der Menschensohn sei?
Der Abschnitt beginnt – modern gesagt – mit einer Meinungsumfrage. Kein Deutschlandtrend, sondern ein Israeltrend: In Cäsarea Philippi befinden sich Jesus und die Jünger im äußersten Norden Israels. Die Stadt lag am Fuß des Hermongebirges, wo einer der Quellflüsse des Jordan entspringt. Sie haben ganz Galiläa durchwandert. Von jetzt ab wird es in Richtung Jerusalem gehen.
„Wer sagen die Leute, dass ich bin? Was halten die Menschen von mir?“ fragt Jesus in dieser entscheidenden Wendesituation seine Jünger. Das war nicht eine Meinungsumfrage wie heutzutage mit dem Ziel, dass Jesus mehr über sich erfährt, oder über seine Akzeptanz beim Volk. Die Regierenden, die oft so weit vom eigentlichen Volk entfernt sind, brauchen offenbar solche Einschätzungen. Nein, es war mehr eine Frage an die Jünger mit dem Ziel, dass sie sich selbst klar werden, wer Jesus für sie ist, und was sie von ihm erwarten. Es geht ja ab jetzt langsam, aber unaufhaltsam in Richtung Jerusalem, d.h. auch in Richtung Leiden.
Gleich im nächsten Abschnitt nach diesen Worten wird Jesus zum ersten Mal deutlich und ungeschminkt von diesem Leiden sprechen. Und der gleiche Petrus, der eben noch gesagt hat, dass Jesus der Messias ist, wird ihm das alles ausreden wollen.

Menschheitshoffnungen

Für wen haben die Menschen seiner Zeit Jesus also gehalten? Sie haben seine Wunder miterlebt. Sie haben erlebt, dass er vollmächtig von Gott redet wie kein anderer Prediger seiner Zeit.
14 Sie sprachen: Einige sagen, du seist Johannes der Täufer, andere, du seist Elia, wieder andere, du seist Jeremia oder einer der Propheten.
Für den wiederauferstandenen Täufer haben ihn also manche gehalten. Johannes war von König Herodes umgebracht worden, weil er ihm ohne Angst seine Verfehlungen vorgehalten hat. Da steckt Hoffnung drin: Jesus könnte einer sein, der sich vor dem Konflikt mit den Mächtigen nicht fürchtet.
Für den alttestamentlichen Propheten Elia haben ihn manche gehalten. Man war damals der Ansicht, dass Elia einmal dem kommenden Messias vorausgehen würde. (Mt 11,14; 17,10) Vielleicht kam das daher, dass Elia nach der Darstellung des Alten Testamentes nicht gestorben, sondern lebendig in den Himmel entrückt worden war.
Warum manche ihn gerade für Jeremia oder einen der großen Propheten des Alten Testaments gehalten haben, ist nicht ganz klar.
Gemeinsam war allen diesen Antworten, dass sie sozusagen Katechismusantworten waren. Angelernte Antworten, die man geben kann, ohne persönlich betroffen zu sein.
Die dann folgende Antwort des Petrus aber ist eine Herzensantwort:
15 Er fragte sie: Wer sagt denn ihr, dass ich sei? 16 Da antwortete Simon Petrus und sprach: Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!
Jesus ist für Petrus der Christus, der erwartete Retter, auf griechisch der Messias, auf deutsch: der Heiland. Er ist der, der mich heil macht, der, der mich rettet. Das geht nur als persönliche Antwort: In Jesus den Christus sehen, den Heiland, den Retter, kann man nur, wenn man akzeptiert, dass man heilsbedürftig und rettungsbedürftig ist.

Und was meinen Sie?

Stellen Sie sich vor, heute Morgen vor der Kirche hätte Sie ein Reporter der Tageszeitung abgepasst, der seine Sonntagsumfrage macht. Stellen Sie sich vor, Sie wären gefragt worden: Sie gehen zur Kirche. Was halten Sie von Jesus?
Was hätten Sie geantwortet? Wahrscheinlich hätten Sie erst einmal nachdenken müssen. Vielleicht hätten Sie gesagt: „Lieber Mann, das kommt jetzt sehr plötzlich und überraschend für mich.“ Dann hätte es bei Ihnen im Kopf langsam rattern angefangen und es wären Ihnen vielleicht erst einmal die angelernten Antworten eingefallen: Jesus ist der Sohn Gottes. Der Christus, der Heiland. Ein bewundernswerter Mensch. Ein Wundertäter. Einer, der Leute gesund gemacht hat.
Aber: eine persönliche Antwort geben. Eine Antwort auf die Frage: Wer ist Jesus für dich persönlich? Das ist noch einmal viel schwerer. Das kann wahrscheinlich nur, wer sich lange genug innerlich mit dieser Frage auseinandergesetzt hat. Und wenn ich etwas im Herzen glaube, dann heißt das ja noch lange nicht, dass ich es auch so einfach vor anderen in Worte fassen kann.

Und dann kommt noch dazu, dass auch meine persönliche Art, meinen Glauben in Worte zu fassen, von meiner Umgebung geprägt ist. Der typische Durchschnittsoberfranke redet mehr von seinem Glauben an Gott und redet weniger von Jesus. Wenn ich aber mit Menschen z.B. vom CVJM oder aus der landeskirchlichen Gemeinschaft oder aus den Freikirchen zu tun habe, dann wird dort der Name Jesu erfahrungsgemäß viel öfter in den Mund genommen.
Und trotzdem muss das kein wirklicher Unterschied sein: Wenn wir unserem Glauben Worte geben, dann reden wir so, wie wir es gelernt haben. Bestimmte Gruppen und Kreise haben auch bestimmte Sprechweisen, ja manchmal sogar ihre eigene Fremdsprache, die einem von außen Kommenden fremd erscheint.
Und wenn jemand – wie in manchen Kreisen üblich – in einem Gebet möglichst oft den Jesusnamen verwendet, muss es noch lange kein frömmeres und innigeres Gebet sein als bei jemand, der nicht viele Worte macht.

Glaube ist Geschenk

Hüten wir uns überhaupt, aufgrund der Art, wie wir von Gott und Jesus reden, auf die Tiefe des Glaubens zu schließen. Dass jemand nicht nur angelernte Antworten wiedergibt, sondern Gott oder Christus als seinen persönlichen Herrn bekennt, das ist Geschenk, das ist unverfügbar, sagt Jesus:
7 Und Jesus antwortete und sprach zu ihm: Selig bist du, Simon, Jonas Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.
Da ist der pfingstliche Kern dieses heutigen Evangeliums. Die persönliche Gottesbeziehung ist von Gott geschenkt, ist vom Heiligen Geist vermittelt. Fleisch und Blut, also die menschliche Vernunft, kann sich das nicht selbst sagen.
So haben es die Älteren von Ihnen vermutlich alle noch gelernt. Und man kann es fast nicht schöner sagen, als es Luther im Kleinen Katechismus tut:
„Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn, glauben oder zu ihm kommen kann; sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten.“

Zu seinem Glauben stehen

Wer ist Jesus für mich? Dieser Frage muss sich jeder Christ irgendwann einmal ganz persönlich stellen. Das gehört zu einem reifen Glauben, zu einem durchs Leben gereiften Glauben hinzu. Da zählen dann alle angelernten Antworten nicht mehr, sondern man muss seine ganze persönliche finden.
Keine Angst: Das muss nicht hinausposaunt werden. Das darf auch im Stillen bleiben.
Eines jedoch ist immer wieder verwunderlich: Vielen Zeitgenossen ist das Reden über ihre Glaubensüberzeugung peinlich. Aber genau die gleichen Menschen können sich mit einer kindlichen Begeisterung öffentlich und freimütig z.B. zu ihrem Fußballverein bekennen. Mit Schal, Trikot, Bettwäsche, Unterhose und allem Drum und Dran. Wenn man ihnen ein Gesangbuch hinhält, entschuldigen sie sich, dass sie nicht singen können oder heute gerade ihre Brille vergessen haben, doch ihre Vereinshymne singen sie mit großer Inbrunst und ohne Scheu vor falschen Tönen.
Damit ich nicht missverstanden werde: Ich wünsche mir nicht, dass jubelnde Christusanhänger jetzt wie Fans durch die Bahnhöfe und Innenstädte pilgern, violette Halstücher schwenken und große Kreuze vor sich her tragen. Aber ein bisschen weniger Scheu, vom eigenen Glauben zu reden, ohne dass es gleich peinlich ist, das wäre doch schön.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de