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Kirchenjahr |
Die evangelische Kirche beging den Gründonnerstag (von greinen = weinen), an dem sie der Einsetzung des Abendmahls durch Jesus am Abend vor seinem Tod gedenkt. Predigttext waren die sogenannten Einsetzungsworte, wie sie Paulus schon lernte, als er selbst Christ geworden war. Brief an die Gemeinde in Korinth im 11. Kapitel: |
Predigttext |
23 Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, 24 dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. 25 Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. 26 Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. |
Predigt |
Eine
Geschichte »Draußen
glitzern die Sterne in der eiskalten Nacht. In der
Holzhütte sitzen die Fischer. Tage und Nächte haben sie
im Nordmeer gearbeitet. Sie sind todmüde. Aber sie
können nicht schlafen. Vor ihnen liegt der schwerkranke
Kamerad, in Felldecken gewickelt. Er stöhnt und spricht
im Fieber. Frieden mit Gott Da liegt einer im Sterben, und sein letzter Wunsch ist, mit Gott ins Reine zu kommen. Koste es, was es wolle, und wenn die äußeren Umstände noch so ungewöhnlich sind. Er will Frieden haben. Und im Abendmahl wird Frieden gemacht, Frieden zwischen Gott und Mensch. Wir brauchen solchen Frieden. Wir brauchen es, mit Gott ins Reine zu kommen. Und wir brauchen das nicht nur im Angesicht des Todes. Ich denke, daß viele von uns hier sind mit diesem Willen, Frieden zu machen mit Gott, mit ihm ins Reine zu kommen. Viele Ältere sind noch geprägt von dem alten Brauch, zweimal im Jahr zum Abendmahl zu gehen: einmal in der Passionszeit und das andere Mal am Ende des Kirchenjahres. Sie kommen mit Ehrfurcht, mit Herzklopfen, mit ein wenig Unsicherheit. Schuld bereinigen ist immer eine heikle Sache, schon unter Menschen, warum dann nicht auch bei Gott. Der Frieden wird geschenkt Und doch meine ich: Bei Gott ist es anders. Beim Abendmahl ist es anders. Gefragt ist beim Abendmahl nicht so sehr der Blick auf uns selbst: auf unsere Schuld, unsere Unfähigkeit, uns von Grund auf zu ändern. Entscheidender ist der Blick auf Jesus: Jesus lädt ein. Jesus ist der Gastgeber und Mittelpunkt. Auf die Gäste kommt es erst in zweiter Linie an. Hauptsache, sie haben sich einladen lassen und sind da. Das Abendmahl ist die Feier, bei der Gott da ist und sich uns schenkt. Er ist nicht da, weil wir es uns wünschen. Er ist nicht da, weil wir ihn herbeizitieren könnten. So wie man den Geist aus der Flasche holen kann, wenn man nur das richtige Wort weiß. Gott ist da, weil es uns Jesus so versprochen hat. So steht es im heutigen Predigttext für den Gründonnerstag. Paulus schreibt an seine Gemeindeglieder in Korinth, woher er diese Gewißheit hat: Denn ich habe von dem Herrn empfangen, was ich euch weitergegeben habe: Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Desgleichen nahm er auch den Kelch nach dem Mahl und sprach: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut; das tut, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis. Denn sooft ihr von diesem Brot eßt und aus dem Kelch trinkt, verkündigt ihr den Tod des Herrn, bis er kommt. Der Herr Jesus, in der Nacht, da er verraten ward, nahm er das Brot, 24 dankte und brach's und sprach: Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird; das tut zu meinem Gedächtnis. Jesus leib-haftig "Das ist mein Leib": "Leib", damit meint Jesus nicht einfach nur seinen Körper, sondern sich selbst als ganzen Menschen. "Das ist mein Leib", heißt im Munde Jesu mit verständlicheren Worten: "Das bin ich. Das bin ich leibhaftig. Das bin ich, wie ich leibe und lebe." So sicher wie Brot und Wein da sind, so sicher bin auch ich da. Jesus kann loslassen "Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird." "Für euch": Das ist der Kern dieser Worte. Darin liegt das ganze Geheimnis des Abendmahls. "Für euch" heißt erst einmal: Für die Jünger. "In der Nacht, da er verraten ward" erinnert an die Nacht der Gefangennahme. Indem Jesus sich stellt und sagt: "Ich bin's, den ihr sucht." Indem er die Häscher in ein Gespräch verwickelt, ermöglicht er seinen Freunden die Flucht. Er setzt sich für sie ein. Und wenn es ihn das Leben kosten mag. "Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird": hingegeben, losgelassen. Jesus hält sein Leben nicht krampfhaft fest. Er kann es hergeben, hergeben bis zu letzten Konsequenz, bis zum Tod am Kreuz. Der garstige Graben der Geschichte "Tut das zu meinem Gedächtnis." sagt er am Ende. Also: Sooft Abendmahl gefeiert werden wird, erinnert euch an diese meine Treue zu euch, an diese meine Lebenshingabe. Diese Aufforderung zum Gedächtnis ist nun für uns die Erlaubnis zu sagen: "Für euch gegeben", das bezieht sich nicht nur auf die Jünger damals, sondern auch auf uns heute abend. So wie es 2000 Jahre lang Christen auch auf sich und auf ihre Zeit bezogen haben. Das ist wohl mit das
schwierigste Geheimnis im Tod Jesu, das man niemand
anderem so richtig vermitteln, sondern das man nur
glauben kann: Daß dieser Jesus damals nicht nur für
seine Freunde einstand, sondern daß sein Loslassen, sein
Hingeben weiterwirkt in die Zukunft. Gott bindet sich, verbindet sich "Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut", sagt Jesus. Einen Bund geht Gott in Brot und Wein mit uns ein, eine Verbindung, eine Verpflichtung. Er bindet sich an uns. Und er bindet sich an sein Versprechen. Er bindet sich aber auch an dieses unscheinbare Brot und diesen unscheinbaren Wein. Beides von Menschen gemacht, nicht heiligen Ursprungs, nicht vom Himmel gefallen. Der Gott, den zu sehen im Alten Testament sterben bedeutete, der läßt sich hier sehen. Der Gott, den keine Gedanken und Hände fassen können, der läßt sich hier fassen. Der sich am Kreuz hat festnageln lassen, der läßt sich in einem übertragenen Sinne auch hier festnageln: festnageln auf seine Gegenwart im Abendmahl, auf seine Gegenwart in Brot und Wein. Wirkmächtiges Abendmahl So ist das Abendmahl nicht
einfach nur eine symbolische Feier, eine wehmütige
Erinnerung an vergangene Zeiten oder eine
Geschichtsstunde. Wirkmächtig ist das Abendmahl, so
drücken es manchmal Menschen aus: Es wirkt etwas, es
bewirkt etwas, es hat Macht und Kraft. Das kann man nicht
erklären, sondern man muß sich darauf einlassen. Zurück zu dieser Geschichte vom Anfang. Zurück zu jenem todkranken Fischer im Nordmeer, fernab von jeder Zivilisation: Daß dieses Abendmahl heute auch für jemand unter uns das letzte Mahl sein könnte, das hoffen und wünschen wir für niemand. Und doch wird einmal ein Abendmahl unser letztes sein. Gebe Gott, daß wir dann einmal genauso getrost gehen können. Amen |
Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857 |