Die Predigt vom 10. Januar 1999: »Sehnsucht nach Licht«
Kirchenjahr
Evangelisches
Kirchenjahr
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Die evangelische Kirche beging am
Sonntag den 1. Sonntag nach Epiphanias. Angestoßen durch den Predigttext
aus Matthäus 4,12-17 mit dem Stichwort "Licht" gab es in der
Auferstehungskirche diesmal eine Liedpredigt. |
Predigttext
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12 Als nun Jesus hörte, daß
Johannes gefangengesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück.
13 Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt
im Gebiet von Sebulon und Naftali, 14 damit erfüllt würde, was gesagt
ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht (Jesaja 8,23; 9,1): 15 »Das
Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des
Jordans, das heidnische Galiläa, 16 das Volk, das in Finsternis saß,
hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im
Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.« 17 Seit der Zeit fing
Jesus an zu predigen: Tut Buße, denn das Himmelreich ist nahe
herbeigekommen!
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Predigt |
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Licht und Dunkelheit
Licht und Dunkelheit bestimmen ganz intensiv unser menschliches Leben.
Sie bestimmen den Jahreslauf und den Tageslauf. Und auch der Lebenslauf ist
bildlich von Licht und Schatten, von Höhen und Tiefen geprägt. Licht
und Dunkelheit bestimmen unsere Gefühle und Empfindungen.
Wenn es im Frühjahr langsam wieder heller und wärmer wird,
wenn es "nauswärts geht", wie manche sagen, dann blühen
viele auch innerlich langsam wieder auf. In Wintertagen aber, vor allem, wenn
sie trüb sind, sehnt sich mancher nach dem Licht der Sonne. Und auch
seelisch warten manche ungeduldig darauf, daß wieder ein Licht in ihre
persönliche Dunkelheit scheinen, wieder ein Silberstreif am Horizont
erscheinen möge.
Epiphanias = Erscheinung
Die Epiphaniaszeit, in der wir stehen, ist im Kirchenjahr die Zeit des
aufkommenden Lichtes. Seit der Heiligen Nacht werden die Nächte zaghaft
wieder kürzer und die Tage länger. Epiphanias, die andere Bezeichnung
des Dreikönigstages, heißt auf deutsch "Erscheinung": Wie
ein Licht oder ein Stern ist Jesus Christus dieser unserer Welt vor 2000 Jahren
aufgegangen. Und wer sich diesem Licht aussetzt, kann das auch heute noch
erfahren.
So besingen fast alle Epiphanias-Lieder unseres Gesangbuchs Gott oder
Jesus Christus als Licht oder Stern: "Wie schön leuchtet der
Morgenstern", "O Jesu Christe, wahres Licht", "Du
Morgenstern, du Licht vom Licht", "Du höchstes Licht, du ewger
Schein".
Ein weiteres dieser Lieder, das über das silberne Liederheft neu
in unser Gesangbuch gekommen ist, will ich zusammen mit Ihnen bedenken und
singen: "Christus, das Licht der Welt", die Nr. 410 im Gesangbuch. Das
Lied soll uns durch die Epiphaniaszeit begleiten und damit von einem weniger
bekannten zu einem gut bekannten Lied werden. Wer am Dreikönigstag im
Gottesdienst gewesen ist, hat es schon kennengelernt.
Die Melodie des Liedes ist alt. "Paris 1681" können Sie
unter dem Lied lesen. Darauf hat ein englischer Christ 1968 ein neues Lied
gedichtet, dessen deutsche Übersetzung wir vor uns haben. Strophe für
Strophe möchte ich mit Ihnen das Lied singen und den Text bedenken:
1. Christus, das Licht der Welt. Welch ein Grund zur Freude! In
unser Dunkel kam er als ein Bruder. Wer ihm begegnet, der sieht auch den Vater.
Ehre sei Gott, dem Herrn!
Die Verse sind alle gleich aufgebaut: Sie besingen Jesus Christus und
sagen, was er für uns ist: Christus ist das Licht. Er ist das Heil. Er ist
der Herr. Sie rufen zur Freude auf und begründen das auch, indem sie
jeweils sagen, was er für uns tut. Und dann schließt jede Strophe mit
dem Gloria "Ehre sei Gott, dem Herrn".
Christus, das Licht
Zuerst: Christus, das Licht. "In unser Dunkel kam er als ein
Bruder." Das ist noch einmal die Weihnachtsbotschaft mit anderen Worten:
Gott bleibt nicht im Himmel. Er bleibt nicht im Licht. Er kommt in die
Dunkelheit der Welt und der Menschen. Und er bleibt nicht der ferne, der
unnahbare Gott, sondern wird einer von uns, wird Bruder.
Die neugierige Frage: Ist Gott dann noch im Himmel, wenn er in Jesus
Mensch geworden ist? Oder ist der Himmel dann leer? Diese Frage beantwortet das
Johannesevangelium, indem es sagt: Wer diesem Jesus begegnet, der begegnet Gott
selbst, nicht mehr und nicht weniger. Wer ihn sieht, der hat den Vater vor sich.
Und so spricht es dieses Lied nach. "Wer ihm begegnet, der sieht auch den
Vater." Wir singen die erste Strophe des Liedes 410.
Christus, das Heil
2. Christus, das Heil der Welt. Welch ein Grund zur Freude! Weil er
uns lieb hat, lieben wir einander. Er schenkt Gemeinschaft zwischen Gott und
Menschen. Ehre sei Gott, dem Herrn!
Indem Jesus Licht in die dunkle Welt gebracht hat, wie es die erste
Strophe sagt, hat er auch Heil gebracht. Heil ist die Welt u.a., wenn die Verhältnisse
und Beziehungen in Ordnung sind. Und da, wo sie nicht in Ordnung sind, sollen
sie heil werden. Jesus Christus hat das Verhältnis zwischen Gott und
Menschen in Ordnung gebracht. Er hat Gottes Liebe gelebt. Wer diese Liebe
entdeckt, der kann dann auch andere lieben.
Das gibt es ja öfter im Leben, daß zwei, die sich uneins
sind, die sich nicht riechen können, sich bockig und trotzig weigern, den
ersten Schritt zu tun. Und doch gibt es Versöhnung nur, wenn eine oder
einer den ersten Schritt tut. So bockig und trotzig ist Gott nicht, könnte
man menschlich sagen: In diesem Jesus hat er den Menschen gegenüber den
ersten Schritt getan und das Verhältnis wieder neu gemacht. "Er
schenkt Gemeinschaft zwischen Gott und Menschen." Wir singen die zweite
Strophe des Liedes.
Christus, der Herr
3. Christus, der Herr der Welt. Welch ein Grund zur Freude! Von uns
verraten, starb er ganz verlassen. Doch er vergab uns, und wir sind die Seinen.
Ehre sei Gott, dem Herrn!
Als Licht ist in Jesus Christus Gott selbst auf diese Welt gekommen.
(Strophe 1) Er hat damit zerbrochene Verhältnisse und Gemeinschaft wieder
heil gemacht. (Strophe 2) Doch damals wie heute wollten und wollen viele davon
nichts wissen. Gott wird Mensch. Er geht damit ein Risiko ein. Er macht sich
klein und verletzlich. Er gibt sich eine Blöße. Und dann lassen
Menschen ihn auflaufen, lassen ihn geradewegs ins offene Messer laufen. Und
trotzdem, o Wunder, läßt sich Gott nicht unterkriegen. Er bleibt
unser Gott. Und wir dürfen die Seinen bleiben. Wir singen die dritte
Strophe des Liedes.
Ihm gebührt die Ehre
4. Gebt Gott die Ehre. Hier ist Grund zur Freude! Freut euch am
Vater. Freuet euch am Sohne. Freut euch am Geiste: denn wir sind gerettet. Ehre
sei Gott, dem Herrn!
Als Licht ist in Jesus Christus Gott selbst auf diese Welt gekommen.
(Strophe 1) Er hat damit die zerbrochene Gemeinschaft wieder heil gemacht.
(Strophe 2) Und auch durch menschliche Ablehnung hat er sich nicht beirren
lassen. (Strophe 3) Unsere Bockigkeit soll uns also nicht vom Heil ausschließen.
Wir sind gerettet. Das ist Grund zu Freude.
So faßt die vierte Strophe wie eine Art großes Gloria die
ersten drei Strophen noch einmal zusammen. Dem dreieinigen Gott, dem Vater, dem
Sohn und dem Heiligen Geist, gebührt die Ehre. Wir singen die vierte
Strophe des Liedes. |
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