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Die Predigt |
Vom Glauben erzählen
- aber wie?
„Geht hin und macht zu Jüngern alle Völker: Tauft
sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes,
und lehrt sie halten alles, was ich euch befohlen habe.“
Den sogenannten Taufbefehl aus dem Matthäusevangelium haben wir
als Evangelium gehört. Menschen zu Jüngern machen. Menschen
vom eigenen Glauben erzählen. Den Kindern und Enkeln weitererzählen,
warum sich aus unserer Sicht das Leben lohnt. Dazu sind wir alle eingeladen.
Wie könnte das gehen?
Hören Sie beispielhaft die Geschichte von der Taufe des afrikanischen
Kämmerers, also des Finanzministers der nubischen Königin.
(Heute der Bereich Äthiopien bzw. Sudan.) Als sog. „Gottesfürchtiger“,
also als einer, der die wichtigsten jüdischen Gesetze hielt,
ohne wirklich zum Judentum überzutreten, machte er aus Afrika
kommend eine Wallfahrt nach Jerusalem. Und dann heißt es in
der Apostelgeschichte des Lukas im Kapitel 8:
(Text siehe oben.)
Zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort
Nicht irgendwelche Zufälle leiten den Lebensweg eines Menschen,
sondern Gottes Wille. Das will der Evangelist Lukas, von dem die Apostelgeschichte
stammt, deutlich machen. Das führt Gott im richtigen Moment die
beiden richtigen Menschen zusammen: den schwarzen Finanzminister auf
der Suche nach Antworten für sein Leben und Philippus, der sich
von Gott einen Weg zeigen lässt.
Ein Engel des Herrn, so heißt es, sorgt dafür, dass Philippus
sich aufmacht. Und der Heilige Geist, so heißt es, zeigt ihm
dann den Menschen, um den es geht. Der Heilige Geist ist es auch,
der ihn dann am Ende wie einen Geheimagenten nach vollendeter Mission
verschwinden lässt, um ihn dann an anderer Stelle, wo er gebraucht
wird, wieder auftauchen zu lassen.
Gott sorgt für solche Begegnungen immer wieder im Alltag, dessen
bin ich mir sicher. Gott sorgt immer wieder dafür, dass der richtige
Mensch am richtigen Platz ist. „Dich hat mir der Himmel geschickt.“
Haben Sie diesen Satz vielleicht schon einmal verwendet? Oder haben
Sie schon einmal die Erfahrung gemacht, dass Gott sei Dank im rechten
Moment der rechte Mensch angerufen hat oder vor der Tür stand.
Durften Sie vielleicht selber schon einmal so ein Engel sein?
Und so glaube ich auch, dass wir uns die Situationen, wo wir im richtigen
Moment am richtigen Platz sein sollen, nicht selber aussuchen sollen.
Doch wenn Gott es arrangiert, dann sind wir gefordert. Die Geschichte
vom Kämmerer als Auslegung des Taufbefehls:
Da lässt sich einer in den Dienst nehmen
„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum
gehet hin ...“
Philippus geht. Er macht sich auf auf die Straße von Jerusalem
nach Gaza, also von den Höhen Jerusalems hinunter an die Mittelmeerküste.
Dort erreicht man dann die große Handelsstraße nach Süden,
nach Ägypten und noch weiter. Den sog. Gazastreifen kennen Sie
als palästinensisches Gebiet aus den aktuellen Nachrichten. Noch
weiß Philippus nicht, was er dort soll. Aber er geht.
Es ist Spekulation: Aber hätte Gott ihm vorher gesagt, was er
vor hat, wäre Philippus vielleicht gar nicht gegangen. Dass das
Evangelium über die Juden hinaus auch in andere Völker getragen
wird, wie es dann Paulus tat, das konnte man sich damals noch nicht
so recht vorstellen. Zwei Kapitel später wird die Geschichte
erzählt, wo Petrus zum nichtjüdischen, zum heidnischen Hauptmann
Kornelius hingehen soll, um ihm seine Lebensfragen zu beantworten.
Lesen Sie, wie Gott zu kämpfen hatte, bis Petrus begriffen hat,
dass es wirklich Gottes Wille ist, dorthin zu gehen.
Philippus geht. Er geht hinaus auf eine Straße, „die öde
ist“, so heißt es. Dort wartet er geduldig, was Gott von
ihm will, und erfährt, dass er sich in der Nähe dieses Wagens
halten soll.
Auch wir wissen oft nicht so recht, warum wir in einem bestimmten
Moment gerade einem bestimmten Menschen begegnet sind. Und hinterher
stellt sich dann heraus, dass diese Begegnung wichtig war. Oder, was
auch oft passiert: dass diese Begegnung wichtig gewesen wäre.
Weil wir nämlich in diesem Moment nicht gespürt haben, dass
Gott etwas will. Oder weil wir uns gedrückt haben, geniert haben.
„Ach, hättest du doch in diesem Moment besser aufgepasst,
besser hingehört, dir ein wenig mehr Zeit genommen.“ So
denkt man sich manchmal hinterher.
Weiter in der Geschichte als Auslegung des Taufbefehls:
Geduldig ein Stück Weg mitgehen
„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum
gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker ...“
Wie macht man das: Zu Jüngern machen? Ich schaue mir den Philippus
an. Er weiß nun, dass es um diesen Wagen und um diesen Menschen
geht. Jetzt könnte er sich wie ein Zeuge Jehovas am Sonntagvormittag
zu den Mittagessensvorbereitungen herandrängen und seine Sache
anpreisen. Nein, Philippus geht nebenher und wartet ab. Er hat Geduld.
Er drängt sich nicht auf. Er kommt nicht wie einer, der unbedingt
etwas verkaufen will.
Er drängt sich nicht mit seiner Botschaft auf, sondern er hat
Interesse am Menschen. Und als die Gelegenheit sich bietet, fragt
er: „Verstehst du auch, was du da liest?“ Aufmerksam sein,
spüren, was ein anderer braucht, was gerade seine Frage sein
könnte, was ihn gerade umtreibt, aber sich nicht aufdrängen.
Der Gefragte muss die Freiheit haben zu entscheiden: „Komm,
hab ein wenig Zeit für mich.“ Oder: „Sei so gut.
Lass mich jetzt in Ruhe.“
Der Kämmerer bittet den Philippus in seinen Wagen. Er soll sich
neben ihn setzen und ihm, wie es heißt, die Schrift öffnen.
Jetzt ist Philippus dran.
Sich für den anderen öffnen
„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum
gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker ... Lehret sie
halten alles, was ich euch befohlen habe.“
Ausgehend von einer konkreten Frage zum Alten Testament, zum Propheten
Jesaja, erzählt Philippus dem Kämmerer von Jesus. Er erzählt
ihm von seinem Glauben.
Anknüpfung, so nennt man das manchmal. Nicht mit der Tür
ins Haus fallen, sondern anknüpfen. Anknüpfen an dem, was
die Gesprächspartnerin oder der Gesprächspartner freiwillig
als Thema angestoßen hat. Da öffnet sich ein Mensch und
sagt damit: „Erzähl mir mehr.“ Da bringt jemand Vertrauen
entgegen und signalisiert: „Mich interessiert, wie du damit
umgehst. Was würdest du tun? Was glaubst du? Worauf verlässt
du dich? Was gibt dir festen Boden unter den Füßen?“
„... und er zog seine Straße fröhlich“
„Mir ist gegeben alle Macht im Himmel und auf Erden. Darum
gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker und taufet sie
auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“
Philippus hat den Kämmerer, der ja vom jüdischen Glauben
schon wusste, der also theoretisch ein wenig auf Jesus vorbereitet
war, offenbar im Herzen getroffen. Er möchte den festen Grund,
der ihm angeboten wird, annehmen. Er möchte ja sagen zur Taufe,
in der Gott ja zu ihm sagt. Als Eunuch, als Kastrat, als Verschnittener,
wie man sagte, hätte er nach jüdischer Vorstellung nie ein
vollgültiger Jude, ein Beschnittener, werden können. Aber
das Angebot von Gottes bedingungsloser Nähe in Jesus Christus
erreicht ihn. „Siehe, da ist Wasser, was hindert's, dass ich
mich taufen lasse.“ Und dann endet die Geschichte: „Und
er zog seine Straße fröhlich.“
Wenn Gott einen solchen Segen auch auf unsere Gespräche im Alltag
legen könnte: dass Menschen, wenn sie mit uns gesprochen haben,
gestärkt und fröhlich wieder ihrer Wege gehen können.
Diesen Segen können wir nicht machen, aber die hinführenden
Schritte im allgemeinen schon: aufmerksam sein für die sog. zufälligen
Begegnungen; nicht nur flüchtig, nichtssagend und oberflächlich
miteinander reden; hinhören, ob Gott nicht vielleicht etwas von
uns will; sich nicht aufdrängen, aber sich doch für die
konkrete Sorge des anderen interessieren; und dann, wenn es darauf
ankommt, auch den eigenen Glauben nicht verschweigen; von der eigenen
Hoffnung erzählen und von dem Grund, der einen trägt. |
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