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predigt[e].de

Die Predigt vom 25. März 2001: »Hunger nach Leben«


Kirchenjahr

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  Die Evangelische Kirche begeht den 4. Sonntag der Passionszeit mit Namen Lätare ("Freut euch"). Im Evangelium vergleicht sich Jesus mit einem Weizenkorn, die Epistel fragt, was Trost ist. Im Predigttext aus dem Johannesevangelium Kapitel 6 bezeichnet sich Jesus als das Brot des Lebens:

Predigttext

Sie können Texte auch online in der Lutherbibel nachlesen.
(Weitere Bibellinks finden Sie unter
Glaube und Leben.)

  47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon ißt, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit. Und dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt.

Predigt

  Brot und Spiele

"Ich bin das Brot des Lebens", so sagt Jesus hier im 6. Kapitel des Johannesevangeliums einen Tag nach der Speisung der 5000. Die Menge war satt geworden und wollte ihn deswegen zum König machen. Doch Jesus fühlt sich gründlich mißverstanden als einer, der nur äußere Bedürfnisse erfüllt. Es geht ihm um mehr: "Mich braucht ihr, sonst könnt ihr nicht leben. Mich braucht ihr, sonst verhungert ihr." Die Radikalität dieses Satzes kann man nur verstehen, wenn man weiß, wie lebens-, ja überlebenswichtig damals das Brot war. Eine Geschichte dazu:

Für ein Brot arbeiten

Ein englischer Journalist hat vor einiger Zeit einen interessanten Test unternommen: Er kaufte sich ein Dreipfundbrot und stellte sich damit an belebte Straßenecken verschiedener Städte dieser Welt. Die Leute, die vorbeigingen, forderte er auf, für dieses Brot eine Stunde lang für ihn zu arbeiten. Folgendes hat er erlebt: In Hamburg hat man ihn mit seinem Brot ausgelacht. In New York hat ihn die Polizei festgenommen. Im afrikanischen Staat Nigeria fanden sich einige, die für das Brot gleich drei Stunden arbeiten wollten. Und in der indischen Hauptstadt New Delhi standen in kürzester Zeit mehrere hundert Menschen um ihn herum, die alle bereit waren, einen ganzen Tag für dieses Brot zu arbeiten.

Das Vorhängeschloß am Brotkasten

Das ist wohl vor allem eine Geschichte für junge Menschen. Wir Jungen sind nun mal in einer Zeit aufgewachsen, in der es alles gab. Wir haben nie gelernt, den Wert des Brotes zu schätzen, weil es uns an Brot nie gemangelt hat. Ältere Menschen können das nicht verstehen. Sie erinnern sich an die Zeit, in der Brot geradezu ein Luxusartikel war; an die Zeit, wo man sich sein Brot Scheibe für Scheibe einteilen mußte, wo manche Mutter sogar den Brotkasten mit einem Schloß versehen hat, damit es bis zum Wochenende reichte. Wir haben es nötig, daß wir von Menschen in anderen Ländern wieder auf den Wert des Brotes aufmerksam gemacht werden. Brot ist Lebensmittel, und das im wörtlichen Sinn: es ist Mittel zum Leben, für viele Mittel zum Überleben.

Das Brot für den heutigen Tag

Die Menschen in Israel zur Zeit Jesu wußten das. Sie kannten den Wert des Brotes sehr wohl. Brot, das war neben dem Wein das Lebensmittel schlechthin. Ohne Brot und Wein (einem einfachen Most allerdings) konnte man sich kein Essen denken. Sich das nötige Brot für den Tag zu verschaffen, darum drehte sich die meiste Zeit des Tages. "Unser tägliches Brot gib uns heute", so hat es Jesus seinen Jüngern im Vaterunser beigebracht. Die Menschen damals verstanden, was das heißt, nämlich: "Das Brot für den heutigen Tag gib uns heute." An das Brot vom nächsten Tag haben sie noch nicht gedacht.

Vom Lebenshunger

"Ich bin das Brot des Lebens" heißt also: Ich, Jesus, bin lebenswichtig für euch wie das tägliche Brot. Ihr braucht mich, um am Leben zu bleiben." Jesus meint das wohl so: Brot, so wichtig es ist, macht nur äußerlich satt. Brot stillt nur den äußeren Hunger. Aber euer innerer Hunger, euer Lebenshunger nach Zufriedenheit, nach Glück und nach dem Sinn des Lebens, der bleibt. Diesen Lebenshunger könnt ihr nur stillen, wenn ihr euch auf mich einlaßt. Eine Warnung an die, die sich nach dem Brotwunder mit der äußeren Sattheit zufrieden gegeben und ihn zum König gemacht hätten.

Das Manna in der Wüste

"Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben." Was ist damit gemeint? Als die Väter, also die alten Israeliten mit Gottes Hilfe aus Ägypten geflohen waren, mußten sie einen weiten Weg durch die Wüste Sinai gehen. Es wird erzählt, daß sie am Verhungern waren in dieser lebensfeindlichen Umgebung und sich nach den Fleischtöpfen Ägyptens zurücksehnten. Das Essen war ihnen auf einmal wieder wichtiger als die neugeschenkte Freiheit. Da schrien sie zu Gott und er schickte ihnen das sogenannte Manna: Sie fanden eine für sie unbekannte Pflanze, die auch heute noch in der Gegend wächst. Sie scheidet einen süßen Saft aus, der an der Luft hart wird und von Menschen und Tieren gegessen werden kann. Dadurch wurden die Menschen damals in der Wüste durch Gott gerettet.

Satt und doch nicht satt

Was damals unter der Führung des Mose geschehen war, das erhofften sich viele Juden auch von Jesus. So war die Hoffnung bei vielen damals: Der Messias müßte sich ausweisen können, er müßte sich legitimieren können durch ein Wunder wie damals, am besten noch gewaltiger. Der Messias müßte sich als neuer Mose erweisen: "Wenn du der Messias bist, dann schaff uns wie damals das lebensnotwendige Brot, damit wir uns nicht Tag für Tag danach abrackern müssen". Diese Vorstellung und Hoffnung der Menschen steht unausgesprochen dahinter. Und Jesus darauf: Was hilft euch ein Wunder wie damals? Mußte das Manna damals nicht am gleichen Tag gegessen werden? Sonst wäre es verdorben. Sind trotz dieser Bewahrung in der Wüste unter Mose die Menschen am Ende nicht doch wieder gestorben? Was hilft es, wenn ihr genug zu essen habt, aber tief in euch drin ist weiterhin dieser ungestillte Hunger nach wirklichem Leben und Zufriedenheit? Ein unverderbliches, ganz anderes Lebensmittel müßtet ihr euch verschaffen, das auch diesen Hunger stillt.

Ewiges Leben jetzt schon

"Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit." Bei den Worten Jesu im Johannesevangelium muß man immer ganz genau hinsehen, was wörtlich und was in einem übertragenen Sinn verstanden werden muß. Eben haben wir gehört: Wenn Jesus von sich als dem Brot spricht, dann meint er es in einem übertragenen Sinn. Er ist wie Brot ein Lebensmittel, das man täglich braucht. Ebenso darf die Rede vom ewigen Leben hier nicht in einem vordergründigen Sinn verstanden werden. Allzu schnell denken wir beim ewigen Leben an ein Leben in ferner Zukunft, irgendwann einmal nach dem Tod. Das ist bei Johannes mit ewigem Leben nicht gemeint. Mit ewig wird hier nicht die Zeit beschrieben, sondern die Qualität des Lebens unabhängig von der Zeit. Mehr als irgendein anderer in unserer Bibel weist der Evangelist Johannes darauf hin, daß man im Glauben an Jesus und im festen Vertrauen auf ihn schon hier, jetzt und heute schon ein sinnvolles und glückliches Leben führt - ein ewiges Leben mit den Worten des Johannes. Ein Leben, das sich nicht auf später vertrösten läßt.

Gegen die Vertröstung

Ich denke, das kann man nicht oft genug betonen. Denn ein Glaube, den man so beschreiben müßte: "Hier und heute ändert sich in deinem Leben nicht viel, aber später, bei Gott, da wirds dir einmal gut gehen." - auf einen solchen Glauben kann man getrost verzichten. Damit kann man niemand einladen. Die Menschen müssen spüren, daß es beim Glauben an dieses Lebensmittel Jesus um das Leben hier und jetzt geht, um das tägliche Leben und seinen Sinn in Schule, Beruf, Haushalt und was es sonst noch ist.

Sich Jesus einverleiben

"Ich bin das Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot ißt, der wird leben in Ewigkeit." Wie kann man nun Jesus essen? Wie kann man sich dieses Lebensmittel Jesus, das den Lebenshunger in einem tiefen Sinne stillt, einverleiben? Da dürfen wir das Wort Jesu denke ich sowohl im übertragenen als auch im wörtlichen Sinn verstehen: Man kann sich Jesus in einem übertragenen Sinne einverleiben, man kann sein Leben und seine Kraft in sich aufnehmen, indem man an ihn glaubt, ihm vertraut, in der Bibel liest und zu ihm betet. Aber man kann sich Jesus auch in einem wörtlichen Sinn einverleiben im Abendmahl. So heißt es hier: "Dieses Brot ist mein Fleisch, das ich geben werde für das Leben der Welt." Aus diesem Satz kann man das Wort heraushören, das beim Abendmahl über dem Brot gesprochen wird: "Das ist mein Leib, der für euch gegeben wird." "Das ist mein Leib", heißt im Munde Jesu auf einen einfachen Nenner gebracht: "Das bin ich, Jesus, wie ich leibe und lebe." Im Brot des Abendmahls ist Jesus da, ganz bestimmt, auch wenn unser Verstand tausendmal nicht begreifen kann, warum die Oblate des Abendmahls etwas anderes sein soll als die Oblate unter den Kokosplätzchen. "Ich bin da, darauf kannst du dich verlassen." So sagt Jesus in jedem Abendmahl wieder neu. "Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer das glaubt, der hat das ewige Leben."

"Dank sei dir Vater, für das ewge Leben und für den Glauben, den du uns gegeben, daß wir in Jesus Christus dich erkennen und Vater nennen.

Jedes Geschöpf lebt von der Frucht der Erde; doch, daß des Menschen Herz gesättigt werde, hast du vom Himmel Speise uns gegeben zum ewgen Leben."

Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de