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Die Predigt |
Einfach von Gott
reden
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!
Diese Worte kennen Sie als Gruß im Gottesdienst. Mit diesen
Worten schließt der Apostel Paulus seinen 2. Brief an die Korinther.
Er ist für den heutigen Sonntag ausgesucht, weil in kurzen, einfachen
Worten von Gott, Vater, Sohn und Heiligem Geist die Rede ist: von
der Gnade Jesu Christi, von der Liebe Gottes und von der Gemeinschaft
des Heiligen Geistes.
So einfach kann man vom dreieinigen Gott reden. Man kann aber auch
anders, z.B.:
Zuerst wird einträchtig ... gelehrt und festgehalten, dass
ein einziges göttliches Wesen sei, das Gott genannt wird und
wahrhaftig Gott ist, und dass doch drei Personen in diesem einen göttlichen
Wesen sind, alle drei gleich mächtig, gleich ewig: Gott Vater,
Gott Sohn, Gott Heiliger Geist. Alle drei sind ein göttliches
Wesen, ewig, unteilbar, unendlich, von unermesslicher Macht, Weisheit
und Güte, ein Schöpfer und Erhalter aller sichtbaren und
unsichtbaren Dinge. Unter dem Wort „Person“ wird nicht
ein Teil, nicht eine Eigenschaft an einem anderen Sein verstanden,
sondern etwas, was in sich selbst besteht ..., so wie die Kirchenväter
in dieser Sache dieses Wort gebraucht haben.
Kann man von Gott einfach reden?
Sie kennen das nicht? Von der Wortwahl her eigentlich kein Wunder,
und doch gehören diese Worte zu den Grundlagen unseres evangelischen
Glaubens: Der erste Artikel des Augsburgischen Bekenntnisses von 1530.
In unserem Gesangbuch unter der Nr. 906, gleich nach dem Kleinen Katechismus.
Mit diesem Bekenntnis haben die Evangelischen in der Reformationszeit
deutlich machen wollen, dass sie keine Ketzer sind, dass sie keine
neue Kirche wollen, sondern auf dem gemeinsamen biblischen Boden stehen.
Sie haben aber auch die wunden Punkte angesprochen, wo der geltende
Glaube ihrer Meinung nach der Bibel widersprach. Was Gott anging,
gab es in der Reformationszeit keine Diskussion. Es stimmt auch theologisch,
was der Volksmund zur Ökumene sagt: „Wir haben nur einen
Gott.“
Aber warum wird hier von Gott, Vater, Sohn und Heiligem Geist so kompliziert
geredet? So kompliziert, dass Sie als Gemeindeglieder mit solchen
Worten wie eben normalerweise in Frieden gelassen werden?
Man hat versucht, dort eine Ordnung zu machen, wo unsere Bibel keine
Ordnung kennt: Wie ist das mit Gott, Jesus und dem Heiligen Geist?
Wie bringt man das logisch zusammen, wenn Jesus auf der einen Seite
sagt: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“ „Ich und
der Vater sind eins.“ Aber auf der anderen Seite betet er zu
Gott, seinem Vater, als einem Gegenüber. Er ergibt sich ganz
in seinen Willen: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe.“
Und er ist ganz Mensch bis hinunter auf die tiefste Stufe.
Oder: Wie ist das nun seit der Himmelfahrt, seit er – bildlich
gesprochen – zur Rechten Gottes sitzt: Sind da oben nun zwei
Götter?
Und dann noch der Heilige Geist: Er vertritt ihn, so sagt Jesus, wenn
er nicht mehr da ist. Er vertritt ihn voll und ganz. Er ist der anwesende
Jesus. Brauchen wir – wieder bildlich gesprochen - nun im Himmel
noch einen dritten Stuhl?
Gott und unser Verstand
Wie soll man ihn denken, den dreieinigen Gott? Wie soll man das mit
seinem Verstand zusammenbringen? So haben nicht nur die Evangelischen
damals in Augsburg gefragt. Schon 1100 Jahre vorher gab es heftige
Streitigkeiten über diese Fragen. Da hat man einander sogar die
Kirchengemeinschaft abgesprochen, nur weil die einen sagten: Der Heilige
Geist kommt von Gott dem Vater, und die anderen sagten: Nein, er kommt
von Vater und Sohn.
Dreieinigkeit: Glauben wir an drei Götter, wie der Islam uns
vorwirft? Wir sprechen im Glaubensbekenntnis: „Ich glaube an
Gott, den Vater ... und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn
... Ich glaube an den Heiligen Geist.“
Nein, wir haben einen Gott. Aber wie? Ist es, wie beim damaligen Theologenstreit
die einen sagten: Gott im eigentlichen Sinne ist Gott Vater. Jesus
und der Heilige Geist sind nicht Gott auf derselben Stufe: Jesus ist
ein von angenommener Mensch. Der Heilige Geist ist die göttliche
Kraft, die von ihm ausgeht.
Oder ist es, wie die anderen sagten: Der eine Gott begegnet uns in
drei Erscheinungsformen, als Schöpfer, Erlöser und Tröster.
Keine dieser drei Formen ist der ganze Gott, sondern alle drei zusammen
ergeben ihn in der Summe.
Oder ist das Ganze in zeitlicher Reihenfolge zu verstehen: Erst hat
sich der eine Gott den Menschen als der Schöpfer gezeigt, dann
als der Erlöser in Christus und nun als Heiliger Geist.
Gott und die Mathematik
Wenn wir jetzt in einem Gesprächskreis zusammensäßen,
und die Aufgabe hätten, unser Verständnis von Gott auf einen
Nennen zu bringen: Würden wir vielleicht auch bei einem so komplizierten
Satz landen, in dem sich am Ende alle wiederfinden könnten? Oder
würden wir eher das Ganze hinschmeißen und den Kopf schütteln
über die Theologen der damaligen Zeit, die verstehen wollten,
was man nicht verstehen kann?
Sie haben es ja ganz ernst gemeint damals. Sie haben um den Grund
des Glaubens gerungen. Aber man kann halt göttliche Mathematik
und menschliche Mathematik nicht allgemeinverständlich auf einen
Nenner bringen. Menschliche Mathematik sagt: 1+1+1=3. Und göttliche
Mathematik: 1+1+1=1. Das stimmt nicht in der Schule, aber es stimmt
doch.
Wir müssen von Gott reden, sagte einmal ein Theologe, aber wir
können es eigentlich gar nicht. Unser Denkvermögen reicht
nicht hin. Unsere Worte auch nicht. Wir können ihn nicht auf
einen Nenner bringen. Wir können ihn mit Worten nicht fassen.
Wir können ihn mit Gedanken nicht packen.
Kein Wunder, dass Paulus – Sie haben es vorhin in der Epistellesung
gehört. – bloß noch staunend stammeln kann:
33 O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und
der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich
seine Wege! 34 Denn »wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer
ist sein Ratgeber gewesen?« 35 Oder »wer hat ihm etwas
zuvor gegeben, dass Gott es ihm vergelten müßte?«
36 Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei
Ehre in Ewigkeit! Amen.
Einfach von Gott reden
Philipp Melanchthon, der Theologe, der für Martin Luther damals
die komplizierten Sätze geschrieben hat, der konnte auch einfach
reden und hat dann sinngemäß gesagt: „Gott erkennen
bedeutet, seine Wohltaten erkennen.“ Also: Zermartere dir nicht
den Kopf, wie Gott in sich und an sich ist, sondern erfahre, was er
dir Gutes tut, oder wie er dich durch Zumutungen und Herausforderungen
zu ganz neuen Wegen reizt.
Und damit lande ich wieder bei dem einfachen Segenswunsch des Apostels
Paulus vom Anfang:
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!
Verzeihen Sie mir, dass ich Sie mitgeschleppt habe auf diese anstrengende
Gedankenreise. Aber auch Gemeindeglieder, die sog. Laien, müssen
hin und wieder einmal in theologische Kochtöpfe gucken, auch
wenn man leider nur da und dort einen Deckel aufheben und ein wenig
schnuppern kann.
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen!
Wer ist der dreieinige Gott nach diesem Segenswunsch des Paulus? Gott
ist der „Ich bin“, der „Ich bin bei euch.“
Er sei bei euch mit seiner Gnade, mit seiner Liebe und mit seiner
Gemeinschaft.
Die Gnade wird Jesus zugeordnet, weil Gott uns in ihm und seinem Kreuz
eine Brücke gebaut hat. Wir hätten sonst nicht zu ihm kommen
können.
Die Liebe wird Gott zugeordnet, weil er in seinem Himmel nicht allein
bleiben wollte, sondern die Nähe zu uns Menschen gesucht hat
und immer neu sucht.
Die Gemeinschaft wird dem Heiligen Geist zugeordnet, weil er als Gottes
Kraft, Gottes Energie und Phantasie die Menschen zusammenbringt.
Und doch ist es der eine Gott, der Gnade, Liebe und Gemeinschaft schenkt.
Die Frage, wer zuständig ist, und wie die Aufgabenverteilung
sozusagen innergöttlich geregelt ist, kann mir als Menschen egal
sein. Dass ich ankomme, dass ich angehört werde, ist entscheidend,
und dass ich nicht, wie bei mancher Firma, von Pontius zu Pilatus
verbunden werde, bis ich endlich eine Antwort bekomme.
Dass ich ein Gegenüber habe, ist wichtig, dass ich weiß,
an wen ich mich wenden kann, dass ich nicht entscheiden muss, wo ich
Gott, wo ich Jesus, wo ich den Heiligen Geist anrufen muss.
Und so sagt die Orthodoxe Kirche, die Kirche des Ostens, mit einigem
Recht: Die Frage nach der Dreieinigkeit ist keine Frage des theologischen
Nachdenkens, sondern eine Frage des Gottesdienstes, des Gebets und
des Singens. Redet nicht so viel über Gott, sondern redet zu
ihm und redet mit ihm.
13 Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes
und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen |
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