Startseite | Impressum | Kontakt
predigt[e].de

Die Predigt vom 31. August 2008 (15. Sonntag nach Trinitatis):
»Dreckskerl Mensch«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 15. Sonntag nach Trinitatis. Sein Thema ist: Nicht sorgen!. Evangelium (1. Lesung) waren Jesu Worte gegen das Sorgen in der Bergpredigt und Epistel (2. Lesung) der Aufruf, alle Sorgen auf Gott zu werfen. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war aus dem 1. Buch Mose Kapitel 2:
Predigttext
Online-Bibeln der Bibelgesellschaft

Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
Es war zu der Zeit, da Gott der HERR Erde und Himmel machte. 5 Und alle die Sträucher auf dem Felde waren noch nicht auf Erden, und all das Kraut auf dem Felde war noch nicht gewachsen; denn Gott der HERR hatte noch nicht regnen lassen auf Erden, und kein Mensch war da, der das Land bebaute; 6 aber ein Nebel stieg auf von der Erde und feuchtete alles Land. 7 Da machte Gott der HERR den Menschen aus Erde vom Acker und blies ihm den Odem des Lebens in seine Nase. Und so ward der Mensch ein lebendiges Wesen. 8 Und Gott der HERR pflanzte einen Garten in Eden gegen Osten hin und setzte den Menschen hinein, den er gemacht hatte. 9 Und Gott der HERR ließ aufwachsen aus der Erde allerlei Bäume, verlockend anzusehen und gut zu essen, und den Baum des Lebens mitten im Garten und den Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen. 15 Und Gott der HERR nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn bebaute und bewahrte. 16 Und Gott der HERR gebot dem Menschen und sprach: Du darfst essen von allen Bäumen im Garten, 17 aber von dem Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen sollst du nicht essen; denn an dem Tage, da du von ihm issest, musst du des Todes sterben.
Predigt
Aktuelle Predigten

Gesamtübersicht der Predigten

Stichwortverzeichnis
zu den Predigten

Die Predigt
Eine Geschichte von dir und mir

Der Mensch, aus Erde geformt. Der Odem des Lebens. Der Garten Eden. Alles schon einmal gehört. Irgendwie bekannt, aber doch nicht so genau. Ich habe diese alten Worte vom Entstehen des Menschen noch einmal neu gelesen im Licht des Wochenspruchs: „Alle eure Sorge werft auf Gott; denn er sorgt für euch.“ Wie liebevoll Gott hier für den Menschen sorgt, ihm aber auch eindeutig seine Grenzen setzt, ist mir deutlich geworden.
Adam – das ist ja hier kein Eigenname. Wir hören hier nicht von einem ganz bestimmten Menschen, der vor soundso viel tausend Jahren gelebt hätte. Hebräisch „Adam“ heißt „Mensch“, ganz allgemein „Mensch“, nicht nur „Mann“. Die Adamsgeschichte ist also die Geschichte von dir und mir. Gott und Adam: Das sind Gott und ich, Gott und du.

Der Mensch liegt Gott am Herzen

Das erste, was ich hier vom Verhältnis zwischen Gott und Mensch, zwischen Gott und mir lesen kann: Der Mensch liegt Gott am Herzen. Er ist Gottes erster Gedanke, er ist sein erstes Schöpfungswerk.
Sonst würde nicht so deutlich und hartnäckig betont, dass noch nichts sonst da war auf Erden: keine Sträucher, kein Kraut, kein fruchtbarer Regen. Gott, der Schöpfer ist sozusagen noch allein mit einer unwirtlichen Erde. Aber Gott will nicht allein bleiben. Er will ein Gegenüber, mit dem er reden kann und das mit ihm reden kann. Und die Fortsetzung der Geschichte mit der Rippe wird zeigen, dass auch der Mensch nicht allein bleiben, sondern selber auch ein menschliches Gegenüber haben soll.
Ich bin ein von Gott gewollter Mensch. Er will mich als sein Gegenüber. Einer, mit dem er reden will und der mit ihm reden kann. Auf Kommunikation ist Gott aus: Sagen, was einem auf dem Herzen liegt. Hören, was er mir zur sagen hat. Singen und beten.
In einer Kommunikationsgesellschaft leben wir: Über Handy sind wir ständig erreichbar und erwarten, dass andere es auch sind. Hoffentlich vergessen wir über der Technik diese ständige Erreichbarkeit Gottes nicht. Hoffentlich überhören wir es nicht, wenn Gott bei uns anklopft.

Der Mensch als Dreckskerl

Das zweite, was ich von Gott und dem Menschen, von Gott und mir lesen kann: Der Mensch ist im Gegensatz zu Gott ein irdisches, ein der Erde verbundenes Wesen, ein Wesen mit einem Anfang und einem Ende.
Aus Erde vom Acker gemacht, das wird im Hebräischen viel deutlicher: adâm, der Mensch, ist aus Erde, aus Ackerboden, hebr. adamâh. Manche haben schon versucht, diese hebräische Wortverwandtschaft auch im Deutschen nachzuahmen: Ein „Erdling“ sei der Mensch. Oder eher etwas spaßig: ein „Dreckskerl“.

Wie kam es zu dieser alttestamentlichen Vorstellung, dass der Mensch aus Erde sei und dass sein Atem ihn lebendig macht? Man ging vor ungefähr 3000 Jahren, z.Zt. des Königs David, als das hier aufgeschrieben wurde, beim Nachdenken über den Menschen ganz einfach vom Augenschein aus: Man wusste, am Ende wird ein Mensch wieder zu Erde. „Erde zur Erde, Asche zur Asche, Staub zum Staube.“ Also muss er letztlich auch aus dem Grundstoff Erde gemacht sein. Und: Beim Sterben tut der Mensch seinen letzten Schnaufer. Er haucht sein Leben aus. Also muss das Leben beginnen, indem Gott dem Menschen diesen Atem schenkt.

Der Mensch aus Erde, aus Lehm. Gott sein Töpfer, der ihn liebevoll formt und ihm Leben verleiht. Nichts von DNA und menschlichem Genom. Ganz und gar menschlich, mit einfachsten Worten wird hier von Gott und seinem Tun geredet, ja. Aber wie sollte man anders reden? Wie soll man als begrenzter Mensch von den unbegrenzten Möglichkeiten Gottes reden? War es also damals genauso, wie es da steht?
Ist die naturwissenschaftliche Frage „Wie war es denn genau?“ überhaupt wichtig? Mir genügt diese tiefe einfache Wahrheit: Mein Leben und dein Leben haben einen Anfang und ein Ende. Wir sind Materie, Ton in den Händen unseres Gottes, lebendig nur durch seine Gnade. Wir dürfen dankbar sein - für jeden einzelnen Atemzug.

Gott sorgt für den Menschen

Das dritte, was ich herauslesen kann von der Sorge Gottes für uns Menschen: Alles hat Gott getan, dem Menschen eine Heimat, eine heile Umwelt zu geben.
Der Paradiesgarten ist ja nur das eine. Es heißt, Gott sei noch nicht zufrieden gewesen, als der den Menschen inmitten des schönen Gartens sah. „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei. Ich will ihm eine Hilfe schaffen, die ihm entspricht.“ Und dann macht Gott die Tiere und lässt dem Menschen die Namen für sie aussuchen. Doch noch immer ist er nicht zufrieden. Als das erwartete Gegenüber für den Menschen haben sich die Tiere nicht erwiesen. Jeder, der einen Partner verloren hat und ein Haustier sein eigen nennt, weiß: Das Tier mag ein wichtiger Gefährte sein, doch den Partner ersetzen kann es nicht. So gibt Gott dem Adam die Eva - er gibt dem Menschen den Partner. Jetzt erst ist die Schöpfung vollständig. Jetzt erst ist der Mensch vollständig.

Gott setzt dem Menschen Grenzen

Und das vierte, was ich herauslesen kann von Gottes Sorge für uns Menschen: Die Welt um uns herum mit allem, was sie an Schönheiten und Reizen bietet, ist in unserer Hand: im Guten wie im Bösen. „Verlockend anzusehen“ sei der Garten mit allen seinen Bäumen, heißt es hier, in den Gott den Menschen setzt. Mit allem darf sich der Mensch bedienen. Nach allem darf er seine Hand und seinen Geist ausstrecken. Die ganze Welt soll ihm gehören. Aber da sind auch Grenzen: Er soll sie „bebauen und bewahren“. Und: Für alles darf und soll sich der Mensch in seinem Forscherdrang interessieren, doch den sogenannten Baum des Lebens und den Baum der Erkenntnis des Guten und des Bösen soll er nicht anrühren. Vor der letzten Grenze soll er sich hüten. Als Geschöpf soll er nicht in die Arbeit des Schöpfers hineinpfuschen.

Gott hat einen Plan mit dir und mir

Liebe Familie Ruckriegel, ich meine, diese vier Aspekte könnte man gut übertragen auf Sie und Ihre Sina, allgemein auf Eltern und Kinder:

Das erste: Der Mensch liegt Gott am Herzen. Er ist sein erster Gedanke.
Ein Kind ist von Menschen gewollt. Ein Kind ist von seinen Eltern gewollt. Aber vor allem: Ein Kind ist von Gott gewollt. Gott kannte Ihre Sina schon, bevor Sie als Eltern an sie gedacht haben. Er hat etwas vor mit ihr auf dieser Welt. Sie gehört in seinen Plan. Er hat einen Sinn in ihr Leben gegeben und ihr die nötigen Gaben und Begabungen in die Wiege gelegt.

Das zweite: Der Mensch ist aus Erde. Er ist vergänglich. Er hat ein Leben mit einem Anfang und einem Ende.
Ein Kind: vergänglich, verletzlich. Auch das mussten Sie schon erfahren, wie verletzlich und gefährdet ein Leben von Anfang an sein kann. Und wie groß die Dankbarkeit und die Erleichterung, wenn alles seine Ordnung hat.

Das dritte: Dem Menschen gilt Gottes Fürsorge. Er setzt ihn in eine heile Welt hinein, in der er bekommt, was er braucht.
Heile Welt? Paradies? Wahrscheinlich kann man das nur mit Fragezeichen schreiben, wenn man sich auf der Welt umschaut. Aber war es früher wirklich anders? Wir sind nicht mehr im Paradies. Wir sind jenseits von Eden.
Die Familie als heile Welt? Auch da müssen wir wahrscheinlich ein Fragezeichen hinzufügen. Ich denke, es wäre eine heillose Überforderung, wenn wir als Eltern diesen Anspruch an uns hätten, immer nur heile Welt zu bieten. Wir tun unser Bestes, aber wir machen als Eltern Fehler. Alle. Deswegen versprechen wir auch bei der Taufe: „Ja, mit Gottes Hilfe.“ Gott wird mit unseren Fehlern und trotz unserer Fehler etwas Gutes daraus werden lassen.

Kinder brauchen Grenzen

Und das vierte: Gott sorgt für den Menschen. Er kann fast alles von ihm haben, aber er setzt ihm auch seine deutlichen Grenzen.
Ist das, was hier von Adam, dem Menschen, gesagt wird, nicht eine gute Beschreibung für unsere Erziehung? Nicht alles, aber fast alles dürfen unsere Kinder von uns bekommen. Und sie brauchen Grenzen. Sie wollen sie auch. Sonst werden sie zu Tyrannen, so wie auch der Mensch für die Schöpfung immer wieder zum Tyrannen geworden ist. Sie brauchen Grenzen, sonst werden sie orientierungslos, so wie auch mancher moderne Mensch orientierungslos wird, der Gott und seine Grenzen als Gängelung missversteht und abschüttelt.
Versuchen Sie, das Ihrem Kind durch ihr Vorbild nahezubringen, dass es sich mit Gott besser und anders leben lässt als ohne ihn.

nach oben

Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de