Startseite | Impressum | Kontakt
predigt[e].de

Die Predigt vom 6. Januar 2009 (Epiphanias):
»Für die auf der Suche«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Dreikönigstag, auch Epiphanias (Erscheinungsfest) genannt . Sein Thema ist das Licht, das durch Jesus in die Welt kam. Evangelium (1. Lesung) und Predigttext (s.u.) war die Anbetung der drei Weisen und Epistel (2. Lesung) die Überzeugung des Ephesebriefs, dass das Heil allen Menschen offen steht.
Predigttext
Online-Bibeln der Bibelgesellschaft

Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
1 Als Jesus geboren war in Bethlehem in Judäa zur Zeit des Königs Herodes, siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland nach Jerusalem und sprachen:
2 Wo ist der neugeborene König der Juden? Wir haben seinen Stern gesehen im Morgenland und sind gekommen, ihn anzubeten. 3 Als das der König Herodes hörte, erschrak er und mit ihm ganz Jerusalem, 4 und er ließ zusammenkommen alle Hohenpriester und Schriftgelehrten des Volkes und erforschte von ihnen, wo der Christus geboren werden sollte. 5 Und sie sagten ihm: In Bethlehem in Judäa; denn so steht geschrieben durch den Propheten (Micha 5,1): 6 »Und du, Bethlehem im jüdischen Lande, bist keineswegs die kleinste unter den Städten in Juda; denn aus dir wird kommen der Fürst, der mein Volk Israel weiden soll.« 7 Da rief Herodes die Weisen heimlich zu sich und erkundete genau von ihnen, wann der Stern erschienen wäre, 8 und schickte sie nach Bethlehem und sprach: Zieht hin und forscht fleißig nach dem Kindlein; und wenn ihr's findet, so sagt mir's wieder, dass auch ich komme und es anbete. 9 Als sie nun den König gehört hatten, zogen sie hin. Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er über dem Ort stand, wo das Kindlein war. 10 Als sie den Stern sahen, wurden sie hoch erfreut 11 und gingen in das Haus und fanden das Kindlein mit Maria, seiner Mutter, und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe. 12 Und Gott befahl ihnen im Traum, nicht wieder zu Herodes zurückzukehren; und sie zogen auf einem andern Weg wieder in ihr Land. (Matthäus 2,1-12)
Predigt
Aktuelle Predigten

Gesamtübersicht der Predigten

Stichwortverzeichnis
zu den Predigten

Die Predigt

Weihnachten - 2. Folge

Wir feiern heute eigentlich noch einmal Weihnachten – vom Termin her und vom Thema her: Wir feiern Weihnachten mit den christlichen Kirchen im Osten, bei denen sich die Termine im Kirchenjahr immer noch nach dem alten julianischen Kalender richten, der 10 Tage hinter dem gregorianischen Kalender herhinkt. Und wir haben mit der Anbetung der Könige im Evangelium heute auch noch einmal eine Weihnachtsgeschichte gehört, die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus. Die verschiedenen Geschichten erzählen Weihnachten je aus einem anderen Blickwinkel:
Die bekannte Weihnachtsgeschichte nach Lukas „Es begab sich aber zu der Zeit ..." erzählt Weihnachten v.a. aus dem Blickwinkel der Hirten: Den Benachteiligten, den am Rande Stehenden, denen, mit denen sonst niemand etwas zu tun haben wollte, lässt Gott ausrichten: Ich bin euch nahe.
Die Weihnachtsgeschichte nach Matthäus erzählt Weihnachten zuerst aus dem Blickwinkel des Josef: Auch die, die mit ihrem Glauben eher still am Rande stehen und nicht viele Worte machen, braucht Gott in seiner Geschichte mit den Menschen. Und sie erzählt aus dem Blickwinkel der drei Könige: Die auf der Suche sind nach dem Heil, nach dem Sinn und Ziel ihres Lebens, finden, was sie suchen.

Astronomie und Astrologie

Die drei Könige – Caspar, Melchior und Balthasar – sie haben uns besucht zu Beginn unseres Gottesdienstes. Eine schöne Geschichte, nur steht davon leider fast nichts in der Bibel:
„Siehe, da kamen Weise aus dem Morgenland“ heißt es in Matthäus 2. „Weise“ übersetzt Luther, also weise, verständige, tiefblickende Menschen. „magioi“ steht da im Griechischen, also unser deutsches Wort „Magier“. Doch Magier, Zauberer im heutigen Sinne waren sie nicht. Astronomen waren sie und Astrologen. Beides war damals noch miteinander vereint: Die wissenschaftliche Betrachtung der Gestirne und die Überzeugung, dass ihr Lauf etwas mit dem Lauf des Lebens auf der Erde zu tun hat, gehörten zusammen.
Aus dem „Morgenland“, so übersetzt Luther, kamen sie, also von dort, wo die Sonne aufgeht, aus dem Osten, aus Babylonien, wo man das alte Wissen seit Jahrtausenden schon pflegte.

Kennen Sie Myrrhe?

Dass es drei gewesen seien, steht nicht da. Vermutliches war es der Satz: „und fielen nieder und beteten es an und taten ihre Schätze auf und schenkten ihm Gold, Weihrauch und Myrrhe." Vermutlich haben die drei Geschenke zur Dreizahl der Könige geführt.
Und dass aus den Weisen in der Überlieferung Könige wurden, hat wohl auch mit diesen Geschenken zu tun. Sie waren wegen ihres hohen Wertes geradezu königliche Geschenke: Weihrauch und Myrrhe waren selten wie Gold. Es waren wohlriechende Harze, die man auf weiten Wegen aus dem fernen Arabien, dem Jemen oder aus Nordafrika einführen musste.
Und dann hat etwa im 9. Jh. die fromme Phantasie den dreien auch noch Namen gegeben: Caspar, Melchior und Balthasar kommt vermutlich von den drei Buchstaben C+M+B, die die Sternsinger anschreiben. Sie sind die Abkürzung für den lateinischen Satz „christus mansionem benedicat", „Christus segne dieses Haus".

Die Hauptstadt und das Kaff

Ein Stern, genauer eine Himmelserscheinung, führt die Weisen nach Westen. Eine so außergewöhnliche, dass sie einen weiten Weg von über 1.000 Kilometern antreten. Vom Stern „des neugeborenen Königs der Juden" erzählen sie dem erschrockenen König Herodes. Viele Generationen von Wissenschaftlern haben sich schon den Kopf zerbrochen, welche Himmelserscheinung das damals gewesen sein könnte. Die wahrscheinlichste Erklärung ist immer noch, dass es sich um das nahe Beieinanderstehen der Planeten Jupiter und Saturn handelte. Jupiter galt den Alten als Königsgestirn und der Saturn als Gestirn der Juden.
Dass die drei es zuerst in Jerusalem versuchen, ist verständlich, denn Königskinder werden normalerweise an Königshöfen geboren.
Herodes erschrickt, denn er war ein Machtpolitiker durch und durch, der einen anderen König nur als Bedrohung ansehen kann. Ob alle christlichen Horrorgeschichten über den Kindermörder Herodes der Wahrheit entsprechen, weiß man nicht, aber auch die nichtchristlichen Geschichtsschreiber schildern ihn als einen durchtriebenen Machtmenschen.
Er ruft seine Berater zusammen und die verweisen ihn auf ein Wort des Propheten Micha mit dem Hinweis auf Bethlehem. Von seiner Reaktion und von seinen Emotionen hören wir nichts. Aber Herodes muss gekocht haben bei dieser Botschaft: Bethlehem, ein paar Kilometer südlich von Jerusalem, galt als Stadt Davids. Und David galt als der beliebteste König in der Geschichte Israels. Einer wie David müsste wieder aufstehen, so hoffte man, um endlich Gerechtigkeit zu schaffen.
Die Fortsetzung zeigt noch einmal die Durchtriebenheit und Skrupellosigkeit des Herodes, als er die Weisen scheinheilig als Helfershelfer einstellen will. Sie sollen ihm den Aufenthaltsort des Kindes verraten, denn er wolle es auch anbeten.
Ob die drei Weisen den Braten gerochen haben, weiß ich nicht. Auf jeden Fall haben sie dann nach der Engelsbotschaft den Heimweg nicht über Jerusalem genommen. Doch ich vermute fast, die drei haben es selbst gemerkt. Wer so feinfühlig ist, dass er spürt, dass er in dem armseligen Stall am Ziel seiner Wünsche ist, der weiß mehr, der schaut hinter die Kulissen.

Für Menschen auf der Suche

Was könnten wir lernen aus dieser Weihnachtsgeschichte, die vor allem aus der Perspektive der drei Weisen erzählt wird?
Ich meine, sie ist vor allem eine Geschichte für die unter uns und für die Zeitgenossen, die immer neu auf der Suche sind. Das wird ja bei der oberflächlichen Betrachtung der Geschichte leicht übersehen: Der Zugang zu Christus steht nicht nur den Christen, nicht nur den Glaubenden offen. Drei Heiden, noch dazu drei Astrologen sind auf der Suche. Und Gott lässt sich von ihnen finden. Auf der Suche sein scheint also wichtiger zu sein als der Ausgangspunkt, von dem man kommt, und der Glaube, den man mitbringt.

Und weiter: Wer auf der Suche ist, muss bereit sein, seine vorgefertigten Meinungen über den Haufen zu werfen und sich enttäuschen zu lassen.
Die drei Weisen werfen nicht die Flinte ins Korn, als sie in Jerusalem nicht ankommen. Sie haben sich gewiss etwas ganz anders erwartet, aber sie sind offen für Überraschungen.
Und so muss auch mancher heute sein vorgefertigtes Bild von Gott erst einmal aufgeben und sich enttäuschen lassen, um dadurch Gott erst zu finden.
Die drei Weisen lassen sich auch nicht vom Äußeren blenden: Vom prächtigen Herodes lassen sie sich nicht ins Bockshorn jagen. Und vom armseligen Kind lassen sie sich nicht verunsichern.

Mit Gottes Möglichkeiten rechnen


Für mich ist das auch eine Auslegung der neuen Jahreslosung: „Was bei den Menschen unmöglich ist, das ist bei Gott möglich.“ Wer mit Gottes Möglichkeiten rechnen will in seinem Leben, darf nicht nur auf die großartigen und spektakulären Wunder schauen. Sonst geht vielleicht das Jahr vorbei und jemand sagt enttäuscht: „Ich habe von Gottes Möglichkeiten in diesem Jahr überhaupt nichts erfahren.“
Wenn wir aber lernen, wie die drei Weisen Gott im Kleinen und Unscheinbaren zu entdecken, dann werden wir ganz gewiss Überraschungen erleben.

nach oben

Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de