Steine,
die Kreise ziehen 1. Ins Wasser fällt
ein Stein, ganz heimlich, still und leise, und
ist er noch so klein, er zieht doch weite Kreise.
Wo Gottes große Liebe in einen Menschen fällt,
da wirkt sie fort, in Tat und Wort, hinaus in
unsre Welt.
Beim
Beichtgottesdienst gestern standen Steine im
Mittelpunkt. Steine der Schuld und der Last.
Steine, die man loswerden und ablegen konnte, um
die Vergebung zu spüren. Heute morgen nun eine
andere Stein-Erfahrung: Der Stein, der ins Wasser
geworfen wird, und auf der Oberfläche eines Sees
seine Kreise zieht. Auch aus kleinsten Anfängen
kann Großes entstehen. Der kleinste Stein
erzeugt Wellen, die sich bis ans Ufer fortsetzen.
Glaube,
der Kreise zieht
Diese Erfahrung
aus der Natur wird in diesem Lied auf den Glauben
übertragen: Auch Glaube hat kleine Anfänge, aus
denen Großes werden kann. Und Glaube entsteht
nicht von allein. Glaube braucht Anstöße:
Anstöße im Elternhaus in frühester Kindheit,
Anstöße in Schule, Gemeinde. Anstöße durch
Menschen, die einen prägen. Anstöße durch
Vorbilder.
Heute, wo eine
neue Lebensphase beginnt, denken Sie als Eltern
oder Großeltern vielleicht daran zurück: an
erste altbekannte Gebete am Kinderbett, an
gemeinsames Blättern und Lesen in einer
Kinderbibel. Vielleicht haben Sie Ihre Kinder in
den Kindergottesdienst geschickt. Je nachdem, hat
auch der Kindergarten seine Anstöße gegeben.
Vielleicht erinnern Sie sich auch wehmütig
daran, wie einfach das damals noch war, wie
leicht und wie begierig kleine Kinder gute Worte,
Bilder und Geschichte annehmen und aufsaugen. Sie
erinnern sich vielleicht auch, wie das dann im
Laufe der Zeit schwieriger geworden ist. Und Sie
merken, wie schwer es auf einmal ist, dass
Jugendliche in diesem Alter noch Lehre annehmen,
und wenn sie noch so gut gemeint ist.
Von der
Unruhe, die die Kreise stört
Aber
wahrscheinlich wissen Sie es auch von sich
selber, wie die Anstöße der Kinderzeit dann im
Laufe der Jahre versanden und versickern können.
Es bleibt die Hoffnung, dass die kleinen
Anstöße doch noch einmal ihre Kreise ziehen:
Bei Ihnen als den Älteren und auch bei den
Konfirmanden. Es ist wie mit dem Stein, der ins
Wasser fällt: Kreise ziehen kann er nur auf
einer ruhigen Oberfläche. Schon wenn sie vom
Wind ein wenig gekräuselt wird, oder wenn Wellen
da sind, sind die Kreise fast nicht mehr zu
sehen. Sie sind zwar da, aber die Wellen und die
Unruhe der Oberfläche sind stärker. So bekommen
im Laufe der Zeit auch die kleinen Anstöße des
Glaubens ihre Konkurrenz. Von ihrer Art her sind
sie heimlich, still und leise. Und gerade in der
unruhigen Pubertätszeit gibt es so viele andere
Wellen und Stürme, die das Stille und Leise
überdecken.
Kleine Anstöße
nur konnten wir Euch geben, liebe Konfirmandinnen
und Konfirmanden. Und vielleicht ist dann auch
geschehen, wie es in dem Lied heißt: Dass Ihr
dadurch auf Gottes Liebe aufmerksam geworden
seid. Dass Ihr gerade in dem Alter, wo Ihr
manchmal meint, keiner mag und versteht Euch,
hört, dass Ihr von Gott geliebte Menschen seid.
Glaube
für die nächste Generation
Es ist mit dem
Glauben wie bei einer Art Staffellauf: Eine
Generation versucht, der nächsten weiterzugeben,
wie es sich zu leben lohnt. Jetzt, wo Ihr mit der
Konfirmation als mündige Christen ernst genommen
werdet, seid Ihr dran, wie es in dem Lied heißt,
nun in Wort und Tat Liebe in die Welt hinein zu
tragen. Bevor wir einen Gedanken weitergehen,
singen wir die erste Strophe des Liedes
miteinander.
Funken,
die Feuer entfachen
2. Ein Funke,
kaum zu sehn, entfacht doch helle Flammen; und
die im Dunkeln stehn, die ruft der Schein
zusammen. Wo Gottes große Liebe in einem
Menschen brennt, da wird die Welt vom Licht
erhellt, da bleibt nichts, was uns trennt.
Glauben an die
nächste Generation weitergeben: In der ersten
Strophe dargestellt im Bild eines Steines, der
ins Wasser geworfen wird und seine Kreise zieht.
Ein weiteres Bild kommt im zweiten Vers hinzu:
Glauben weitergeben, das ist wie ein kleiner
Funke, der mit Geduld auch ein Feuer
zustandebringt.
Ich denke zurück
an die Feier der Osternacht vor einer Woche: Eine
einzige Kerze, eine einzige Flamme wird als
Osterbotschaft in die Kirche hineingetragen. Von
ihr aus kommt dann das Licht zu allen, die da
sind, so dass ein kleines Licht am Ende eine
ganze Kirche hell machen kann. Bevor aber die
Kerze in die Kirche getragen wird, erinnern wir
uns in der Osternacht daran, wie es immer wieder
dunkel um uns und um andere Menschen ist, wie
aber bei Menschen durch den Glauben Licht, Wärme
und Orientierung ins Leben kommen kann.
Christen
müssen Licht machen
Dazu sind wir als
Christen da, dazu seid auch Ihr als Konfirmierte
da, Licht ins Dunkel zu bringen: da wo Menschen
im Dunkeln stehen oder sich im Dunkeln fühlen,
oder auch da, wo in einer Gesellschaft Licht ins
Dunkel gebracht werden muss, wo Finger in die
Wunden von Ungerechtigkeit oder Egoismus gelegt
werden müssen.
In der vergangenen
Woche sind die Ergebnisse einer Umfrage bekannt
geworden. Da haben wir u.a. erfahren, dass über
ganz Deutschland verteilt nur noch 20% der
Bevölkerung der Kirche positiv gegenüberstehen.
Gut, dieser Durchschnitt wird v.a. durch die
neuen Bundesländer gedrückt; in Bayern sind es
immer noch 50% mit positiver Meinung. Aber
beunruhigen müssen solche Zahlen trotzdem: Sie
können nur besser oder wenigstens nicht noch
schlechter werden, wenn man spüren und sehen
kann, dass die Kirche, besser die einzelnen
Christen, wir einzelne Christen, Licht und Wärme
in eine Gesellschaft bringen. Wenn wir das nicht
tun, dann machen wir uns vielleicht wirklich
selber überflüssig.
Die
Kirche, das sind wir
Nur: Die Kirche
gibt es nicht. Die Kirche, das sind wir alle, das
seid auch Ihr Konfirmanden. Und die Kirche wird
nur glaubwürdig, wenn wir glaubwürdig sind. Das
würde die Welt sehen, das würde die
Gesellschaft wahrnehmen, wenn wir immer wieder
kleine Funken anstoßen könnten, die Licht in
die Dunkelheit bringen. Auf diese Weise würden
wir dann auch Gottes Liebe weitergeben. Dazu
braucht uns Gott, und dazu braucht er auch euch
als junge Menschen. Wir singen die zweite Strophe
des Liedes miteinander.
Liebe, die
Kreise zieht
3. Nimm Gottes
Liebe an! Du brauchst dich nicht allein zu mühn,
denn seine Liebe kann in deinem Leben Kreise
ziehn. Und füllt sie erst dein Leben und setzt
sie dich in Brand, gehst du hinaus, teilst Liebe
aus, denn Gott füllt dir die Hand.
Dass unsere Zeit
und Welt heute kälter und unpersönlicher wäre
als früher, so sagen die Älteren. Dass man
nicht mehr so viel Zeit und nicht mehr so offene
Ohren füreinander hat wie früher. Sicher ist da
etwas dran. Aber die Gefahr ist auch groß, dass
die sog. gute alte Zeit, die ja nicht immer und
überall gut war, beschworen wird. Damals wie
heute hat unsere Welt Liebe gebraucht. Aber
vielleicht ist sie heute umso mehr nötig. Wir
leben in einer Welt, wo man mit Geld fast alles
kaufen kann. Und so ist auch die tätige Liebe,
die Kreise zieht, oft durch Geld ersetzt worden.
Und nun, wo durch die wirtschaftliche Situation
das Geld vorn und hinten nicht mehr reicht, sehen
wir die Folgen: Krankenschwestern kommen nicht
mehr rum. Den Menschen in den Pflegediensten oder
in den Altenheimen fehlt mehr und mehr die Zeit,
dem einzelnen wirklich gerecht zu werden.
Die Zeit ist da,
und sie wird wohl auch nicht besser werden, dass
wir als Angehörige, als Freunde, als Nachbarn
wieder mehr selber ran müssen. Wir müssen diese
tätige Liebe, die Kreise zieht, und die wir
gewiss gegen gutes Geld den Profis
überlassen haben, wieder entdecken. Eine
Pflegekraft in einem Altenheim kann nicht einen
einzelnen Menschen eine Stunde lange im Rollstuhl
durch den Hofgarten schieben. Zur gleichen Zeit
schreien vielleicht fünf andere nach ihr. Wir,
du und ich, wir könnten es vielleicht.
Vielleicht hätten wir auch die Zeit für die
einsame Nachbarin, die immer wieder ein offenes
Ohr braucht. Die Zeit vielleicht für einen
Verwandten oder Bekannten im Krankenhaus, dessen
Essen nach einer halben Stunde wieder unberührt
weggeräumt wird, weil er es alleine nicht
geschafft hat.
Wer
geliebt wird, kann lieben
Wie entsteht
solche Liebe, die Kreise zieht? Im Lied heißt
es, sie entsteht nicht von allein, sie entsteht,
indem man selbst Liebe erfährt, und sie dann
weitergibt. Wer nicht selber geliebt wird, kann
auch nicht lieben. Und wer selber Liebe erfährt,
den steckt sie vielleicht auch an. Gott bietet
uns seine Liebe an. Wenn wir uns von ihr
anstecken lassen, dann füllt er selber uns die
Hand zum Weitergeben.
Dazu braucht uns
die Gesellschaft und dazu braucht sie auch Euch
als Konfirmierte, dass ihr euch zur Liebe
anstecken lasst, zu einer tätigen Liebe, die
Kreise zieht. Der Glaube, zu dem Ihr heute ja
sagt, ist weniger die vielen großen Worte,
sondern mehr die wenigen kleinen Taten. Wir
singen die dritte Strophe des Liedes miteinander.
|