Und
schuf sie als Mann und Frau ... "Und schuf sie als
Mann und Frau. Verschiedenheit wahrnehmen. Mehr
Gerechtigkeit leben". Das ist Sie
haben es schon gehört das gegenwärtige
Jahresthema der Evangelischen Männerarbeit. Es
verbindet, wie es sich gehört, Bibel und Leben,
Bibel und heutige Welt. Nur dann können wir
verantwortlich als Christen leben, wenn wir
sowohl auf der Bibel fußen, als auch die
Gegebenheiten der heutigen Welt wahrnehmen. Zwei
Verse aus dem ersten Kapitel der Bibel liegen dem
Thema zugrunde:
27 Und Gott
schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde
Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und
Frau. 28 Und Gott segnete sie und sprach zu
ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet
die Erde und machet sie euch untertan und
herrschet über die Fische im Meer und über die
Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und
über alles Getier, das auf Erden kriecht.
Der Mensch
ist nicht männlich
"Den
Menschen" schuf Gott. Da steckt von Beginn
an schon ein Problem unserer deutschen Sprache:
"den Menschen", das ist männlich
formuliert, so als wäre der Mensch als Mann
gemacht. Es steht zwar hier im Hebräischen adam.
Doch das meint den Menschen an sich und
allgemein. Die "Menschheit", so müsste
man eigentlich neutral übersetzen. Und so, wie
man nicht "der Gott", sondern
"Gott" sagt, müsste man eigentlich
statt "der Mensch" nur
"Mensch" sagen. Mensch, Menschheit, das
ist Mann und Frau.
Der Mensch
ist Mann und Frau
Erst in Mann und
Frau ist Mensch vollständiger Mensch. Mensch ist
Gemeinschaftswesen. Mensch hat und braucht ein
Gegenüber, so wie Gott Mensch als Gegenüber
wollte. Und so wie die Liebe das grundlegende
Verhältnis zwischen Gott und Mensch sein soll,
so ist von Anfang an Liebe die Bestimmung
zwischen Mensch und Mensch: Als erstes Geschenk,
so lesen wir, schenkt Gott Mann und Frau die
Sexualität. Eine gute Gabe Gottes, auf der sein
Segen liegt, und über die man nicht hinter
vorgehaltener Hand reden muss. Beiden zugleich,
Mann und Frau, wird von Gott die Menschenwürde
zugesprochen, die in unserem Grundgesetz an
erster Stelle steht. Und beiden, Mann und Frau,
wird die Erde als Aufgabe und Verantwortung
zugeteilt. Nichts davon, dass der Mann in die
Welt hinausgeht und die Frau zu Hause bleibt,
dass der Mann die Welt und die Frau die Familie
prägt.
Das wären viele
Themen für viele Predigten: Das Alleineleben,
das die Bibel als Möglichkeit auch kennt
nur nicht an dieser Stelle. Der Zölibat der
katholischen Kirche. Die zu niedrige Geburtenrate
in Deutschland und ihre kommenden Folgen für den
beruflichen Nachwuchs und die Finanzierung der
Altersversorgung. Die gleichgeschlechtlichen
Partnerschaften. Die Umweltverantwortung des
Menschen. Der Tierschutz.
In der Zeit, die
für eine Predigt zur Verfügung steht, kann ich
mich unter dem vielen nur der einen Sache widmen,
die das Thema der Männerarbeit in diesem Jahr
ist: Das Gegenüber und Miteinander von Mann und
Frau. Wie sie füreinander unverzichtbar sind.
Wie Gott ihnen beiden zugleich die Menschenwürde
zugesprochen hat.
Gender
Mainstreaming
"Gender
Mainstreaming" heißt das Thema mit einem
Fremdwort. Ein Spezialbegriff, den es bei den
Vereinten Nationen schon seit fast 20 Jahren
gibt, und den die Evangelische Männerarbeit nun
zum Thema gemacht hat. "Gender", mit
diesem englischen Wort sind die beiden
Geschlechter in ihrer Verschiedenheit gemeint.
Nicht mit ihren geschlechtlichen Unterschieden.
(Dafür kennt das Englische das Wort Sex.)
Sondern mit der Verschiedenheit ihrer Rollen und
Aufgaben. Rollen, in die man hineingedrängt
wird. Rollen, die man erst finden muss. Rollen,
die früher ganz klar waren. Rollen, die sich in
der Neuzeit sehr gewandelt haben. Mit
"Mainstream", wörtlich
"Hauptstrom", ist gemeint, dass es eine
breite Entwicklung und Strömung werden soll,
dass wir in der Gesellschaft beiden Geschlechtern
gerecht werden: in der Ehe, in der Familie, im
Arbeitsleben, in der Politik usw.
Gleichberechtigung
ist uralt
"Gender
Mainstreaming" - ein moderner Begriff, aber
von der Bibel her eigentlich ein alter Hut: Was
wir heute so langsam begreifen, war vor 2500
Jahren schon zu lesen: Verschieden sind sie wohl,
die beiden, aber von Gott mit derselben Würde
versehen und mit derselben Aufgabe an der Welt
betraut. Eine Vision sozusagen, für die die Zeit
leider noch lange nicht reif war. Sitte und
Gepflogenheit der jeweiligen Gesellschaft sind
immer stärker gewesen als die Bibel.
Zwei Lichtblicke
hat es biblisch noch gegeben: Zum einen durch
Jesus, der diese Schöpfungsworte ganz ernst
genommen hat: Wie er mit Frauen und Kindern
umging, darüber haben seine Zeitgenossen nur den
Kopf geschüttelt, und sogar die Jünger nicht
verstanden. Und dann Paulus mit den Worten, die
wir als Lesung gehört haben: dass in Christus
durch die Taufe alle nur denkbaren Unterschiede
aufgehoben sind.
Männer
dürfen nicht weinen
Und immer noch
müssen jüdische Frauen getrennt von den
Männern Gottesdienst feiern. Für das
Frauenwahlrecht hat es viele Jahrhunderte
gebraucht, geschweige denn dafür, dass Frauen
Pfarrerinnen werden durften. Immer noch hören
kleine Jungs, dass Männer stark sein müssen und
nicht weinen dürfen. Und wer sagt ihnen das? Die
Mütter! Schreit ein Mann, so ist er dynamisch;
schreit eine Frau, nennt man sie hysterisch.
Obwohl die Frauen Weltmeister im Fußball
geworden sind, sind sich doch viele noch nicht so
recht sicher, ob das wirklich die rechte Sportart
für sie ist. Frauenkreise gibt es schon seit
Jahren; Männerkreise sind sehr jung und immer
noch die Ausnahme. Als im Kindergarten einmal ein
junger Mann als Praktikant da war, war er der
Hahn im Korb, und alle Kinder haben sich an ihn
hingehängt. Und wieviel Grundschullehrer kennen
Sie? Es gibt ernstzunehmende Untersuchungen, dass
es für unsere Jungen nicht gut ist, dass sie
fast durchgehend von Frauen erzogen werden:
Väter schieben den Müttern die Erziehung hin.
Dann kommen die Erzieherinnen im Kindergarten,
dann die Lehrerinnen in der Grundschule. Und dann
kommt die Pubertät. Und plötzlich sollen sie
wissen, wer sie sind.
Wie könnte sich
etwas ändern, wenn es sich ändern muss? Wie und
wo könnte es weitergehen? Ich denke, ein
Fingerzeig liegt in den vorhin gehörten Versen
der Schöpfungsgeschichte: "Und Gott schuf
den Menschen zu seinem Bilde." Was heißt
"zu seinem Bilde", wird oft gefragt.
Sieht Gott im Gesicht und am Körper so aus wie
wir? Das ist kindisch. Nein, wir sind Gottes
Ebenbild, indem er uns von seiner Macht und
Herrschaft abgegeben hat. Und wir sind Ebenbild,
indem er uns als Gegenüber und Entsprechung
geschaffen hat, das ihn hört, mit dem er reden
kann, und das mit ihm reden kann.
Mensch
sein heißt miteinander reden
Auf das Du hin ist
der Mensch geschaffen. Kommunikation ist sein
Geschenk und zugleich Aufgabe. Das zeigt sich
auch ein Kapitel später, wenn es heißt:
"Es ist nicht gut, dass Mensch allein sei,
ich will ihm eine Hilfe, ein Gegenüber,
schaffen, das ihm entspricht." Gott will mit
dem Menschen im Gespräch bleiben, und Mann und
Frau sollen im Gespräch bleiben, so hat es der
Schöpfer gedacht. Miteinander im Gespräch sein,
einander gegenüberstehen, aufeinander angewiesen
sein, aufeinander hören. Es heißt, die meisten
Eheprobleme kämen dadurch, dass nicht mehr
genügend miteinander von Angesicht zu Angesicht
geredet wird, dass nicht mehr genügend zugehört
wird.
Wie könnte es
also mehr Gerechtigkeit geben? Wie könnten Mann
und Frau miteinander ihre Rollen finden? Wer
wofür zuständig ist? Wer was besser kann? Wie
und wo jemand seine Befriedigung findet? Ganz
unabhängig davon, was man tut, und wie es sich
angeblich gehört? Ganz unabhängig davon, wie
einen die Zeit oder die Eltern geprägt haben ...
Nur indem Mensch miteinander redet von Mensch zu
Mensch. Aber reden über das Eigentliche. Nicht
nur darüber, was es morgen zu Essen gibt. Oder
wer am Abend den großen Fernseher nehmen darf,
und wer sich ins Nebenzimmer zum Zweitfernseher
zurückziehen muss.
Reden
schützt vor dem Seitensprung
Und so haben
Eheseminare zugespitzt gesagt, eigentlich nur
eine Methode: Man hilft Mann und Frau, wieder
miteinander ins Gespräch zu kommen. Und was ist
in den meisten Fällen der Anlass zum
Seitenspruch? Nicht die Sexualität, sondern dass
man da ohne vorhergehende Absicht bei einer Kur
oder am Arbeitsplatz oder wo auch immer einen
Menschen findet, mit dem man auf einmal so reden
kann, wie man es mit dem eigenen Partner schon
lange nicht mehr getan hat.
Was geschieht also
im Männerkreis vor allem, und was muss dort auch
geschehen: Männer reden miteinander. Sie reden
von Mann zu Mann. Sie reden in aller Offenheit
über Themen, über die man sonst nicht immer und
überall redet. Themen, über die an anderer
Stelle vielleicht eher Witze gemacht werden.
Themen, an die man sich nicht rantraut. Die alten
Tabus: Der Tod, die Sexualität, Schwächen und
Scheitern.
Jungen und
Mädchen stärken
Reden, miteinander
ernsthaft reden. Nicht um den heißen Brei reden.
Nicht nur blöde Witze machen, um die eigene
Unsicherheit zu überspielen. Deswegen bin ich
mit den Konfirmandinnen und Konfirmanden auch in
die Ausstellung im Landratsamt gegangen:
"Boys und Girls" heißt sie. Sie soll
Verständnis füreinander wecken. Sie soll Jungen
stark machen und sie soll Mädchen stark machen.
Vielleicht lernen sie dann auch, mit all den
Waschbrettbäuchen und Superformen aus den
Zeitungen und aus dem Fernsehen richtig und
kritisch umzugehen.
"So wie du
bist, so bist du gut und richtig, weil du Gottes
Ebenbild bist." Wenn diese biblische
Botschaft die jungen Menschen wirklich erreichen
würde; wenn sie stärker wäre als die Botschaft
der Medien: welche Sprengkraft könnte darin
stecken! Aber allein dem Wirtschaftsminister
zuliebe darf es nicht so kommen: Viele
Zeitschriften würden ihre Leser verlieren. Ein
großer Teil der Werbewirtschaft würde keine
Umsätze mehr machen. Bräunungsstudios und
Schönheitschirurgen ginge die Arbeit aus.
Und unversehens
sind wir schon wieder da, wo wir schon immer
waren: Die Sachzwänge sind stärker als das, was
wir von der Bibel als Lebensbuch her eigentlich
wissen müssten. Und so wird es immer
weitergehen. Oder glauben Sie gar etwas anderes?
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