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predigt[e].de

Die Predigt vom 17. April 2004 (Konfirmandenbeichte):
»Schlüsselfragen«

Kirchenjahr
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Am Tag vor der Konfirmation wird zu Beichte und Abendmahl für die Konfirmanden und ihre Familien eingeladen.
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
Im Mittelpunkt der Predigt stand nicht ein Bibeltext, sondern der Schlüssel als Symbol:
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Die Predigt

SchlüsselDie Schlüsselgewalt

Ein Schlüssel, von einer Schlüsselübergabe, von der Schlüsselübergabe für unser Gemeindehaus im Sommer vor acht Jahren.
Was bedeutet eine solche Schlüsselübergabe? Was bedeutet ein solcher Schlüssel?
Wer den Schlüssel als letzter in die Hand bekommt, und wer dann aufschließen darf, ist der Hausherr. Er hat, wie man bildlich sagt, die
Schlüsselgewalt: Er entscheidet, wer rein darf. Er entscheidet, wer einen Schlüssel bekommt.

Schlüssel-Worte

In dieser Bedeutung kommt das Wort Schlüssel in unserer Sprache öfter vor: Jemand hat eine Schlüsselposition, eine Schlüsselstellung: in einem Betrieb, in einem Büro, in einem Verein ...
Es gibt die Schlüsselfigur: in einem Roman, in politischen Beziehungen, in einem Skandal ...

Man muss die Schlüsselwörter kennen: die Parole, damit man durchgelassen wird; den Code, damit man einen Safe öffnen kann, die PIN für eine Scheckkarte oder den Zugang über den Computer ...

Die Macht der Schlüssel

Ein wichtiges, ein entscheidendes Ding ist also so ein Schlüssel:
Sie kennen das wahrscheinlich: Da steht man vor einer Tür und merkt, dass man seinen Schlüssel vergessen hat ... Da kann man der Chef sein, der Hausinhaber, der mit der Schlüsselgewalt ... Doch ohne Schlüssel, ohne dieses kleine unscheinbare Ding ist man machtlos.
Oder vielleicht ist Ihnen auch schon das andere passiert: Sie haben einen Schlüssel verloren und haben nun die Angst oder gar den Verdacht, dass jemand anders den eigenen Schlüssel hat ... Der Schlüssel gibt ihm auf
einmal eine Macht, die ihm gar nicht zusteht. Eine Geschichte von der Wichtigkeit des Schlüssels:

Wie der Dieb ins Paradies gelangte

Ein Dieb kam zum Himmelreich und pochte an die Tür. "Macht auf!"
Der Apostel Petrus, der die Schlüssel zum Himmelreich besitzt, hörte das Pochen und ging zur Tür. "Wer ist da?"
"Ich."
"Wer bist du?"
"Ein Dieb. Lasst mich ins Himmelreich."
"Nein, hier ist für Diebe kein Platz."
"Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?"
"Der Apostel Petrus."
"Dich kenn' ich! Du bist der; der Christus verleugnete, noch bevor der Hahn dreimal krähte. Ich weiß alles, Bruder!"

Da kehrte Petrus um und suchte Paulus auf. "Geh, Paulus, sprich du mit
ihm!"
Paulus ging zur Tür. "Wer ist da?"
"Ich, der Dieb. Lass mich ins Himmelreich!"
"Hier ist für Diebe kein Platz."
"Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?"
"Ich bin der Apostel Paulus."
"Ach, Paulus! Ich weiß, du bist jener; der Christen aus Jerusalem nach Damaskus vertrieb. Und du bist jetzt im Paradies!"

Da kehrte Paulus um und erzählte Petrus, was der Dieb gesagt hatte.
"Nun", sprach Petrus, "dann werden wir den Evangelisten Lukas schicken. Er hat Christus keinmal verleugnet; soll er mit dem Dieb reden."
Lukas ging zur Tür. "Wer ist da?"
"Ich, der Dieb. Lass mich ins Himmelreich!"
"Da kannst du lange bitten, Dieb. Für solche Sünder wie dich ist hier kein Platz."
"Und wer bist du, dass du mich nicht einlassen willst?"
"Ich bin der Evangelist Lukas."
"Aha, du bist ein Evangelist. Weshalb betrügt ihr die Menschen? Ihr habt im Evangelium geschrieben: „Klopft an, so wird euch aufgetan; bittet, so wird euch gegeben.“ Jetzt stehe ich schon seit zwei Stunden hier und klopfe an, aber niemand tut mir auf. Wenn du mich nicht auf der Stelle ins Himmelreich einlässest, dann kehre ich auf die Erde zurück und sage den Menschen, dass ihr im Evangelium die Unwahrheit geschrieben habt!"
Da erschrak Lukas und ließ den Dieb ins Himmelreich.
W.Hoffsümmer (Hg.), Kurzgeschichten 4, Nr. 224, Mainz 1991

Petrus und die Schlüssel zum Himmel

Ich denke, Sie haben die Geschichte schon richtig verstanden: Sie sagt nicht, dass wir alle ein Dieb oder kleiner Gauner werden sollen, weil es ja doch nicht darauf ankommt. Es kommt ja doch jeder in den Himmel, ganz egal, was er für ein Mensch ist, wie es im Faschingsschlager heißt ...

Nein, entscheidend ist, dass kein Mensch das Recht hat, einem anderen den Himmel versperren. Keiner kann und darf einem anderen eigenmächtig den Zugang zu Gott nehmen. Keiner hat das Recht. Auch Petrus nicht.
Aber trotzdem gibt es so viele Schmunzelgeschichten, so viele Karikaturen, so viele Witze über Petrus als den Türhüter am Himmelstor. Wie kommt es zu dieser kindlichen, zu dieser bildlichen Vorstellung, Petrus habe den Schlüssel zum Himmel? Es ist eine Bibelstelle aus dem
Matthäusevangelium, wo Jesus zu Petrus sagt:

Mt 16,19: Ich will dir die Schlüssel des Himmelreichs geben: alles, was
du auf Erden binden wirst, soll auch im Himmel gebunden sein, und alles, was du auf Erden lösen wirst, soll auch im Himmel gelöst sein.


Die Schlüsselgewalt der Kirche

Kann nun der Papst, der der Nachfolger des Petrus sein soll, kann ein katholischer Priester, kann ein evangelischer Pfarrer einem Menschen den Himmel versperren? Kann einem Menschen endgültig der Zugang zu Gott genommen werden?

Erst einmal ist wichtig, dass das, was da zu Petrus gesagt wird, zwei Kapitel später von Jesus zu allen Jüngern gesagt wird:
Mt 18,18: Wahrlich, ich sage euch: Was ihr auf Erden binden werdet, soll auch im Himmel gebunden sein, und was ihr auf Erden lösen werdet, soll auch im Himmel gelöst sein.
Die christliche Kirche hat das so verstanden, dass das für alle Gemeindeglieder, für alle Getauften gilt: Hier auf der Erde, hier unter den Menschen werden Entscheidungen getroffen, die auch vor Gott gelten. Gott delegiert sozusagen seine Schlüsselgewalt an uns Menschen.

Aber ich verstehe es so: Wir können nicht eigenmächtig einem anderen den Weg zu Gott versperren. Das tut jeder selber, wenn er sich Gott oder anderen Menschen verschließt. Wenn das jemand tut, dann können wir es nur feststellen und wir können bitten: verschließ dich nicht. Oder, wenn es sich nicht ändert, ihn ernsthaft warnen und fragen: Weißt du, was du tust? Willst du dich isolieren? Willst du egoistisch leben? Willst du ohne deine Mitmenschen auskommen? Willst du ohne Gott auskommen? Willst du
wirklich? Dann kann dir niemand mehr helfen ... Dann schließt du dich selber aus.

Die Beichte als Schlüssel

Die Beichte, die wir heute vor der Konfirmation anbieten, ist für mich eine Art Schlüssel. Die Beichte lädt ein: Verschließ dich doch nicht:
Verschließ dich nicht dir selber gegenüber. Verschließ dich nicht gegenüber deinem Mitmenschen. Verschließ dich nicht gegenüber Gott!
Die Beichte will aufschließen. Sie ist ein Schlüssel zu mir selbst, ein Schlüssel zu Gott, und auch ein Schlüssel zu anderen Menschen.
Diese drei Dinge noch ein wenig ausführlicher:

Der Schlüssel zu mir selbst

Die Beichte als Schlüssel zu mir selber: Sie hilft mir, mich selber ehrlich und ungeschönt anzuschauen. Wer bin ich? Wie bin ich? Warum bin ich so? Will ich so sein? Will ich so bleiben? Man kann sich ja selbst einschließen. Man kann sich verschließen. Man kann sich abkapseln, zurückziehen ... Das kann so weit gehen, dass niemand mehr einen Schlüssel, einen Zugang zu mir findet. Ich werde für andere zu einem Menschen mit sieben Siegeln. Ja, das kann so weit gehen, dass ich selber den Schlüssel zu mir nicht mehr finde. Dass ich mich selbst nicht mehr kenne. Dass ich mich in mir selbst verlaufe. Da ist die Beichte das Angebot, mich zu öffnen. Die Beichte kann helfen, den Schlüssel zu mir selbst zu finden.

Der Schlüssel zu Gott

Die Beichte als Schlüssel zu Gott: Wenn ich vor mir selber ehrlich bin und mich nicht verstecke, dann bin ich damit auch vor Gott ehrlich.
Er kennt mich ja sowieso. Er, der Schöpfer, kennt sein Geschöpf. Er, der Schöpfer kennt den Code des menschlichen Lebens, den die Wissenschaftler zu entschlüsseln versuchen. Er kennt mich. Er hat den Schlüssel zu mir. Von sich aus sperrt er seine Tür mir nicht
zu. Niemand sperrt mir zu, wenn ich es nicht selbst tue: Ich versperre mir die Tür zu Gott, wenn ich mich für fehlerlos halte. Dann brauche ich Gott
nicht. Ich versperre mir die Tür zu Gott, wenn ich alles selber schaffe. Dann brauche ich Gott nicht. Die Beichte hilft mir, das zuzugeben und einen neuen Anfang mit Gott zu machen.

Der Schlüssel zum Mitmenschen

Und zuletzt: Die Beichte als Schlüssel zu meinem Mitmenschen. Erst, wenn ich mit mir selbst und mit Gott im Reinen bin, kann ich mich auch wirklich für andere öffnen. Ich brauche mit nicht zu verschließen. Ich brauche mich nicht abzukapseln. Ich kann mich öffnen, ohne Angst, etwas zu verlieren, ohne Angst zu kurz zu kommen.

So ist die Beichte ein Schlüssel, ein Schlüssel, der Türen öffnet: Die Tür zu mir selber, die Tür zu Gott und die Tür zu meinem Mitmenschen. So sagt es Jesus:
Offb 3,20: Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wenn jemand
meine Stimme hören wird und die Tür auftun, zu dem werde ich
hineingehen und das Abendmahl mit ihm halten und er mit mir.

Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de