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Die Predigt vom 18. April 2004 (Konfirmation):
»Konfirmation: Sich verankern«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
In der Auferstehungskirche wird am Sonntag nach Ostern, dem sog. „Weißen Sonntag“, die Konfirmation begangen.
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
Die Predigt ging nicht von einem Bibeltext aus, sondern vom Symbol des Ankers: Konfirmation, sich bei Gott verankern.
Predigt
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zu den Predigten

Die Predigt
Immer weniger glauben an Gott

Vor drei Tagen konnten Sie es in der Tageszeitung lesen: Nach einer aktuellen Umfrage glauben inzwischen nur noch 61 Prozent der
Bundesbürger an Gott oder ein höchstes Wesen. 52 Prozent bezeichnen sich als religiöse Menschen, 47 Prozent aber nicht religiös.
Und einen Tag darauf war dann zu lesen: Bei einer anderen Umfrage gaben 44 Prozent der Befragten gaben an, dass sie sich „mehr oder weniger unsicher“ fühlen.

Kein Glaube – kein Halt

47 Prozent nicht religiös und 44 Prozent verunsichert. Fällt Ihnen etwas auf? Es geht zwar um verschiedene Umfragen und auch um verschiedene Befragte, doch ich bin der festen Überzeugung, dass beides miteinander zu tun hat: Wer nicht religiös ist, verlässt sich nach der Wortbedeutung allein auf menschliche Kraft und Vernunft, auf seine eigene und die anderer
Menschen.
Religion, aus dem Lateinischen kommend, bedeutet frei übersetzt "Rückbindung": sich rückbinden, sich rückversichern, sich festhalten, sich verlassen auf etwas, was über meine Kraft und Vernunft hinausgeht.
Etwas, woran ich mich festhalten kann, wenn ich keinen Halt mehr habe; etwas, was mich hält und trägt, wenn der Boden unter den Füßen
schwindet; was mir Antworten gibt, die ich mir nicht selber geben kann.

Die innere und die äußere Sicherheit

Wer das nicht hat, wer diese innere Sicherheit nicht hat, muss sich mit den Worten der Umfrage "mehr oder weniger unsicher" fühlen. Jeder von uns braucht Sicherheit. Die äußere Sicherheit aber nimmt sichtbar ab. Offenbar haben die Befragten, die sich unsicher fühlen, auf äußere Dinge verlassen, die nun nicht mehr sicher sind: Arbeitsplätze waren früher einmal sicherer. Partnerschaften waren verlässlicher. Das Geld war in den Augen vieler stabiler. Die Rente, so sagte einmal ein Minister, war sicher. Auf Lebensver-sicher-ungen konnte man einen finanziellen Ruhestand bauen. Und bis vor kurzem waren Krieg und Terrorismus weit weg.

Aber das tiefere Problem ist nicht, dass die äußere Sicherheit, die wirtschaftliche, die finanzielle, die politische, offenbar weniger wird, sondern dass immer mehr Menschen die innere Sicherheit fehlt, mit dieser äußeren Unsicherheit umzugehen.
Darf das wirklich sein: Dass mein Gefühl, sicher und aufgehoben zu sein, auf Gedeih und Verderb an der äußeren Sicherheit hängt? Dass meine innere Sicherheit sozusagen konjunkturabhängig ist? Muss ich nicht, sollte ich nicht auf anderes bauen, mich an anderem festhalten? Und muss ich das nicht schon in jungen Jahren tun, damit ich mich später darauf verlassen kann?

Konfirmation: Sicher verankern

Das ist das Thema der Konfirmation. Konfirmation. Darin steckt firm: stark, fest. Konfirmation, das ist Festigung und Bekräftigung. Sich festmachen in dem Gott, der bei der Taufe ja zu mir gesagt hat.

Mit dem Symbol des Ankers will ich versuchen, das begreiflich und plastisch zu machen: Konfirmation, das ist Verankerung. Verankerung in einem Grund, der hält.
Der deutsche Dichter Matthias Claudius, von dem Lieder stammen wie "Der Mond ist aufgegangen", sagt es so: „Etwas Festes muss der Mensch haben, daran er zu Anker liege, etwas, das nicht von ihm abhängt, sondern davon er abhängt.
So können Sie es in unserem Gesangbuch unter den Zwischentexten bei den Liedern zu Taufe und Konfirmation lesen.

Verankert sein: das heißt, festen Grund haben, aber doch frei sein. Einen festen Grund haben, auch wenn man ihn nicht immer sehen kann.
Nicht weggerissen werden, wenn ein Sturm aufkommt und die Wellen hoch schlagen. Nicht haltlos werden, wenn es stürmisch wird. Auch einmal den Anker lichten, und zu neuen Ufern aufbrechen. Aber nicht den Anker wegwerfen oder einmotten in der Angst, er könnte einen unfrei machen. Wehe, wenn ein Sturm aufkommt und die Wellen höher schlagen!

Das Bild des Ankers in der Bibel

Auf Bildern aus den ersten Jahrhunderten der Christenheit findet man dieses Symbol des Ankers öfter. Auch in der Bibel wird es einmal verwendet. So heißt es im Hebräerbrief, die Hoffnung sei ein sicherer und fester Anker unserer Seele, der bis in Gott hinein reicht. (Hebr 6,18f) Auch andere solche Bilder von der festen Verankerung kennt die Bibel: Glaube bedeutet, wie die Reben am Weinstock zu bleiben. Wie ein Baum fest verwurzelt zu sein. Das Haus seines Lebens auf felsigen Untergrund zu bauen und nicht auf Sand. Gott als Felsen unter den eigenen Füßen zu haben.

Verankerung in der Taufe

Dazu wollten wir euch als Schüler und dann als Konfirmanden einladen: im
Kindergottesdienst, im Religionsunterricht der Schule, im Konfirmandenunterricht. Dass ihr einen festen Anker für euer Leben findet. Dass ihr innere Sicherheit findet, weil man sich auf die äußere Sicherheit allein nicht verlassen kann.
Deswegen war das erste Thema, das wir miteinander besprochen haben, die Taufe: Die Taufe ist der feste Grund, den Gott gelegt hat. Das Ja Gottes in der Taufe ist ein fester, verlässlicher Grund. Und Konfirmation bedeutet, sich neu dieses festen Grundes zu vergewissern und Anker zu werfen. Verbindung zum Grund des Lebens aufzunehmen und zu wissen, wo man sich festhalten kann.

An der langen Leine bleiben dürfen

Ich weiß, es ist in eurem Alter nicht sehr cool, religiös zu sein, kirchlich gebunden zu sein. Die Freiheit der langen Leine ist euch lieber. Das gehört zu der Entwicklungsphase, durch die Ihr im Moment hindurchgeht. Eure Eltern wissen das. Die Kunst der rechten Erziehung in diesem Alter ist, die Leine mehr oder weniger lang zu halten. Freiheit ist wichtig, aber ohne Leine geht es nicht. Aber das wisst Ihr als Jugendliche ja selber: Ihr wollt die lange Leine. Aber ihr wollt natürlich, wenn es ernst wird, wenn ihr Hilfe braucht, wenn es ums Geld geht, auch, dass Euch jemand festhält, und dass Ihr Euch festhalten könnt.
Die lange Leine ist solange keine Problem, wie man zwischen Eltern und Kindern über alles reden kann. Kinder müssen nicht alles erzählen, aber sie müssen das Gefühl haben, dass sie jederzeit mit ihren Sorgen kommen können. Und Eltern müssen nicht alles wissen, brauchen aber die Sicherheit, dass Ihnen die entscheidenden Dinge nicht vorenthalten werden.

So lasst Euch nicht von den Erwachsenen verführen, die lebenslang pubertär bleiben und meinen, auf Verankerung verzichten zu können. Die es für ein Zeichen von Stärke oder modernem Lebensgefühl halten, ohne diese Rückbindung, also ohne Religion, ohne Glauben, ohne Gott zu leben. Es fehlt ihnen dann offenbar doch, wenn es darauf ankommt, die innere Sicherheit. Ihre angebliche Stärke und Coolness entpuppt sich als Schwäche.

Verankert euch mit Eurer Konfirmation in Eurer Taufe. Verankert Euch in Gott als dem festen Grund. Genießt die Freiheit der langen Leine, die Gott Euch gönnt. Ich weiß, dass Ihr wie alle Generationen vorher Euch nach der Konfirmation ein ganzes Stück von der Gemeinde entfernen werdet. Aber bleibt an der langen Leine trotzdem verankert. Vergesst nicht, wo Ihr Hilfe findet. Prüft immer wieder die Festigkeit der Ankerleine zu Gott, damit Ihr sie habt und damit sie hält, wenn Ihr sie braucht. Sagt anschließend ehrlich und von Herzen ja zu Gott als dem Grund, in dem man sich verankern kann. Sagt ja, mit Gottes Hilfe. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de