Licht
und Finsternis
Licht und Finsternis. Ein Thema, bei dem jeder von uns aus eigener
Anschauung und aus eigenem Erleben mitreden und mitfühlen kann.
Licht und Finsternis. Nichts prägt den täglichen Lauf
unseres Lebens so sehr wie diese beiden. Wir leben von dem dauernden
Wechsel von Tag und Nacht, den der Schöpfer am ersten Tag seiner
Welt wie einen Atem eingegeben hat. Licht und Finsternis - beide
wecken Gefühle und Erinnerungen in uns.
Licht - das weckt positive Gefühle: Da denken wir an Klarheit,
an Schönheit und Wärme. Licht - das ist Leben. Licht -
das ist ein schöner, sonniger Frühlingstag, der einen
aufmuntert und die Stimmung hebt. Finsternis - da denken wir an
Angst und Unsicherheit. Alleinsein in einem dunklen Wald. Finsternis
- das erinnert an Trauer und Tod.
Wenn die trüben und nebligen Herbsttage nicht zu Ende gehen
wollen oder wenn der Winter zu lange dauert, dann sehnen wir uns
nach dem Licht. Wenn ein Kranker nachts wach liegt, und die Nacht
gar kein Ende nehmen will, dann sehnt er sich nach den ersten Strahlen
des neuen Morgens.
Und auch im übertragenen Sinne: Wer möchte nicht gerne
im Licht sein? Wer möchte nicht gerne auf der Sonnenseite des
Lebens stehen?
Doch so wie die ganze Welt von diesem Wechsel von Licht und Finsternis
lebt, so auch der Lebenslauf: Wir sind einmal im Licht und dann
wieder im Dunkel. Beides begegnet uns: das Schöne und das Schlimme,
die Freude und die Trauer. Und es ist gut zu wissen, dass nach menschlichem
Ermessen und nach dem guten Willen Gottes auf das Dunkel auch wieder
Licht folgen wird.
Licht und Finsternis in mir selbst
Und noch einen Schritt weiter: Auch wir selber sind in uns Licht
und Finsternis. In unseren Gedanken, Worten und Werken kennen wir
beides. Wir möchten gerne Licht sein, und wir stellen uns auch
gerne ins rechte Licht. Aber doch ist nicht alles Gold an uns, was
da glänzt. Meistens können wir uns wohl sehen lassen mit
dem, was wir tun. Und dann gibt es wieder Momente und Situationen,
wo wir Gott-sei-Dank nicht in der Öffentlichkeit standen, wo
wir Gott-sei-Dank nicht von allen gesehen wurden. Da bestimmen uns
auf einmal andere Gedanken, Wünsche und manchmal auch Taten,
und wir kennen uns für einen Moment selbst nicht mehr.
Licht durch die Taufe
Wie heißt es hier: Ihr seid Kinder des Lichts. Lebt auch als
solche! Ihr - das waren damals die Christen in Ephesus. Eine kleine
christliche Gemeinde in einer heidnischen Umwelt. Auf ihre Taufe
werden sie angesprochen. Sie hebt sie heraus. Sie stellt sie ins
Licht. Heute ist die Situation anders: die Getauften sind die Mehrheit,
die Ungetauften die Minderheit. Die Getauften heben sich nicht mehr
heraus. Vielleicht sind deswegen diese Worte umso wichtiger. Ihr
alle, die ihr getauft seid: Lebt auf dieser Welt als Kinder des
Lichts. Lebt als Menschen, die sich von Gott leiten lassen. Lebt
als Menschen, die in ihrem Tun das Licht nicht scheuen müssen.
Unterscheidet euch als Getaufte, als Glaubende von anderen!
Noch deutlicher mit den Worten des heutigen Evangeliums: Ihr seid
das Salz der Erde und das Licht der Welt. So überlebenswichtig,
wie das Licht für das Leben und das Salz für das Essen,
seid ihr für diese Welt.
Die Taufe als bewusster Schritt ins Licht
Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in
dem Herrn. Lebt als
Kinder des Lichts.
Die Christen damals, an die diese Worte zuerst gerichtet waren,
haben das intensiver begriffen: Den Wechsel von der Finsternis zum
Licht, den hatten sie im Glauben nämlich an sich selbst erfahren.
Sie hatten sich von einem heidnischen zu einem christlichen Leben
bekehrt. Sie sind aus ihrer christlichen Sicht aus der Finsternis
ins Licht getreten. Was sie vorher
getan hatten, waren - wie es hier heißt - unfruchtbare, fruchtlose
Werke der Finsternis. Dann hatten sie sich als Erwachsene taufen
lassen, hatten ihr ganzes früheres Leben bewusst hinter sich
gelassen und damit einen Schritt gewagt, der ihnen in der damaligen
Welt nur Spott und Unverständnis einbrachte. Ohne Angst, was
die früheren Bekannten vielleicht über sie sagen würden,
haben sie sich damals wirklich von den anderen unterschieden und
sind aufgefallen. Und sie haben dadurch damals die Welt und die
Menschen um sich herum verändert. Sie wussten, was das heißt:
Kinder des Lichts sein.
Scharz, weiß oder eher grau?
Man könnte sagen: Schwarz und weiß waren damals eindeutig
zu unterscheiden. So eindeutig wie ein trockener Alkoholiker auf
sein früheres Leben zurückblicken kann. Oder banaler:
So eindeutig wie bei den vorher-nachher-Bildern, wenn auf der Rückseite
der Zeitung der Erfolg von Diäten oder Schönheitsoperationen
angepriesen wird.
Unser Christsein heute ist ein anderes. Es ist nicht unsere Schuld.
Die Zeiten haben sich gewandelt: Der Druck, unter dem die ersten
Christen standen, gibt es bei uns nicht mehr. Nur wenige haben einen
solch deutlichen Wechsel von der Finsternis ins Licht im eigenen
Leben
erfahren. Nur wenige haben sich bewusst zu Gott und zu einem anderen
Leben bekehrt. Die meisten sind durch Geburt in die Gemeinde gekommen
und Stück für Stück in die Gemeinde hineingewachsen.
Da kann man schwarz und weiß nicht mehr so einfach unterscheiden.
Die Farbe unseres Christseins ist eher grau als weiß. Und
wir unterscheiden uns in den Graustufen. Ich sage das nicht als
Tadel. Es ist auch keine Resignation. Es ist einfach eine Feststellung.
Wie könnten wir damit umgehen?
Zu Kindern des Lichts werden
Zuallererst,
so denke ich, müssen wir ganz einfach ehrlich sein zu uns selbst
und zu Gott. Wir dürfen nicht weiß malen, was grau ist.
Wir müssen ja dazu sagen, wie in unserem Glauben Licht und
Schatten einander abwechseln. Wir müssen wahrhaben, wie klein
unser Vertrauen manchmal ist, und wie groß unsere Gottvergessenheit.
Nicht umsonst beginnen unsere Hauptgottesdienste mit dem Confiteor,
mit der sog. Offenen Schuld, wo wir diese Wahrheit immer neu zum
Ausdruck bringen: Gott, ich bin nicht so, wie du mich haben willst.
Aber ich erwarte in diesem Gottesdienst deinen lebenschaffenden
Hl. Geist, der mich verführt und ermutigt, anders zu werden.
Denn daran glaube ich fest: Das letzte Wort über meinen und
deinen Glauben ist noch nicht gesprochen. Gott will es schaffen,
dass wir mehr
und mehr dem Bild ähnlich werden, das er von uns hat. Unser
Glaube kann und soll wachsen bis zum letzten Atemzug unseres Lebens.
Gott will uns je länger je mehr zu Kindern des Lichts machen.
Und spätestens am Ende des Lebens wird das Grau vom Licht Gottes
abgelöst.
Wir können, was hier im Epheserbrief den Kindern des Lichts
zugetraut wird. Wir können es, wenn auch nicht perfekt und
nicht andauernd:
Wir können durch unser Handeln und Reden Licht in diese Welt
bringen. Mit den Bildern des Textes: So wie einer, der im Dunkeln
mit einer Lampe zeigt, wo es langgeht, sollen wir als Christen in
Wort und Tat in dieser Welt zeigen, wie es weitergehen könnte.
Und so wie einer durch eine Lampe Verbotenes und Lichtscheues aufdecken
kann, so sollen wir als Christen den Finger in die Wunden legen.
Wenn wir nur immer wieder bei uns selber anfangen. Denn das ist
ja klar: Wer im Dunkeln mit einer Lampe durch die Gegend läuft,
der wird auch selber angestrahlt und seine eigene Gestalt tritt
besonders stark hervor.
Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in
dem Herrn. Lebt als
Kinder des Lichts; 9 die Frucht des Lichts ist lauter Güte
und Gerechtigkeit und Wahrheit. 10 Prüft, was dem Herrn wohlgefällig
ist, 11 und habt nicht Gemeinschaft mit den unfruchtbaren Werken
der Finsternis; deckt sie vielmehr auf. 12 Denn was von ihnen heimlich
getan wird, davon auch nur zu reden ist schändlich. 13 Das
alles aber wird offenbar, wenn's vom Licht aufgedeckt wird;14 denn
alles, was offenbar wird, das ist Licht. Darum heißt es: Wach
auf, der du schläfst, und steh auf von den Toten, so wird dich
Christus erleuchten. Amen
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