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Die Predigt vom 26. Juni 2005 (5. Sonntag nach Trinitatis):
»Wie entsteht Glauben?«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 5. Sonntag nach Trinitatis. Sein Thema ist der Ruf Gottes an die Menschen. Evangelium (1. Lesung) war der Fischzug des Petrus und Epistel (2. Lesung) des Paulus „Wort vom Kreuz“. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war die Berufung der ersten Jünger nach Johannes 1:
Predigttext
Sie können den Text auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
35 Johannes der Täufer stand am Jordan und zwei seiner Jünger; 36 und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! 37 Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. 38 Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen, und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo ist deine Herberge? 39 Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen's und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde. 40 Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon Petrus. 41 Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. 42 Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.
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Die Predigt
Glaube, der Halt verleiht

Ich möchte Glauben haben, / der über Zweifel siegt, / der Antwort weiß auf Fragen / und Halt im Leben gibt. (Gesangbuch Nr. 622,1)

Eines der neuen Lieder in unserem Gesangbuch. Wer möchte manchmal nicht gerne ein wenig leichter glauben können? Wer möchte nicht manchmal gerne einen festeren Glauben haben? Einen, der die Zweifel überwinden lässt. Der Antworten weiß. Der Halt verleiht. Einen Glauben haben, das heißt, festen Boden unter den Füßen haben.

Wir begegnen im Predigttext Menschen, die Schritt für Schritt in den Glauben hinein geführt werden.

35 Johannes der Täufer stand am Jordan und zwei seiner Jünger; 36 und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm! 37 Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach. 38 Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen, und sprach zu ihnen: Was sucht ihr? Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo ist deine Herberge? 39 Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen's und blieben diesen Tag bei ihm. Es war aber um die zehnte Stunde. 40 Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon Petrus. 41 Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. 42 Und er führte ihn zu Jesus. Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.

„Was sucht ihr?“ und „Kommt und seht!“ Das sind die ersten beiden Sätze, die Jesus nach der Darstellung des Johannesevangeliums in der Öffentlichkeit sagt. Sie haben mit dieser Suche nach festem Glauben, mit dieser Suche nach festem Boden unter den Füßen zu tun:
„Was sucht ihr?“ Nur wer sucht, kann finden. Wer meint, ihm fehle nichts, er habe sein Leben fest im Griff, der braucht nicht weiter zuhören. Wer nicht will, der hat schon.
Und: „Kommt und seht!“ Nur durch Ausprobieren lässt sich entdecken, was Glaube ist und wie er wachsen kann.
Gehen wir einfach ein Stück mit den Menschen, von denen hier die Rede ist:

Glaube: Eingeladen werden

Johannes der Täufer stand am Jordan, und zwei seiner Jünger; und als er Jesus vorübergehen sah, sprach er: Siehe, das ist Gottes Lamm!

Zum ersten: Glaube ist Einladung. Glaube ist Eingeladenwerden.
Glaube beginnt durch einen Anstoß von außen, irgendwann und irgendwie, bei einem jeden verschieden: durch eine fromme Großmutter, durch einen überzeugenden Pfarrer, durch ein einschneidendes Erlebnis.
Und dabei kommt es wohl, wie hier, nicht auf die Menge der Worte an. Nur einen Satz sagt der Täufer: "Siehe, das ist Gottes Lamm!" Keine lange Predigt. Eigentlich nur ein Fingerzeig. Ein Fingerzeig, der neugierig macht.
Rein menschlich gesehen ist Johannes eigentlich zu bewundern: Die Jünger waren „seine“ Jünger. (seine in Anführungszeichen). Und da kommt mit Jesus „Konkurrenz“ für ihn, ein neuer interessanter Lehrer; und er lässt die Jünger einfach ziehen, er ermuntert sie sogar.
Wenn es um das Heil von Menschen geht, körperlich oder seelisch, dann darf es kein mein und dein geben: Menschen sind nicht Besitz. Die Zugehörigkeit zu einer Gemeinschaft soll zur Freiheit führen und nicht einen Menschen gefangen nehmen. Daran kann man Sekten und falsche Propheten unter anderem erkennen: Sie binden Menschen nicht an Gott, sondern an sich als Menschen und lassen sie nicht mehr los. Sie nehmen ihnen ihre Freiheit.

Glaube: Aufbruch

Und die zwei Jünger hörten ihn reden und folgten Jesus nach.

Zum zweiten: Glaube ist Aufbruch.
Sich aufmachen, aufbrechen gehört zum Leben. Wer nicht aufbricht, erfährt nichts Neues. Wer nicht aufbricht, macht keine Fortschritte.
Im Blick auf den Glauben: Keiner wird nach einem Anstoß, den er bekommt, zum Glauben gedrängt. Nach einer persönlichen Einladung. Nach einem schicksalhaften Fingerzeig. Aus eigener Entscheidung muss er einen Schritt tun. Ohne diesen mutigen Schritt, ohne dieses Wagnis geht es nicht.
Verwunderlich, dass die beiden Jünger hier in der Geschichte, die eigentlich wissen, wo sie hingehören, so einfach diesem Mann Jesus nachlaufen! Als Jünger des Johannes waren sie wohl Menschen auf der Suche. Auf der Suche nach Sinn für ihr Leben und auch für ihr Volk. Auf der Suche nach dem Messias, auf der Suche nach dem persönlichen und dem politischen Heil. Johannes wollte nicht selber der Messias sein, sondern nur der Wegweiser. Deshalb braucht er sie nicht halten, sie nicht an sich binden.
„Siehe, das ist Gottes Lamm.“ Geheimsprache, Fremdwort für uns. Für die beiden Jünger als Kenner der Heiligen Schrift genug, um zu wissen, dass sie einen Besonderen vor sich haben.

Glaube: Auf der Suche sein

Jesus aber wandte sich um und sah sie nachfolgen und sprach zu ihnen: Was sucht ihr?

Zum dritten: Glaube ist auf der Suche sein.
Glaube heißt, in seinem Leben noch nicht fertig sein, noch nicht am Ziel sein. „Was sucht ihr?“
Wer vorankommen will, wer reifen will, darf dieser Frage nicht ausweichen: Was suche ich? Suche ich überhaupt etwas? Was suche ich, wenn ich glaube? Was suche ich, wenn ich in einen Gottesdienst gehe?
Und auch: Welchen Gott suche ich? Wie muss Gott aussehen, wenn er für mich Gott sein soll? Wir wissen ja, dass die Erwartungen, die die Juden damals an den Messias hatten, von Jesus enttäuscht wurden. Er war kein politischer Heilsbringer und wollte es offenbar nicht sein. Er hat nicht die Römer aus dem Land gejagt. Er war das Lamm, das geschlachtet wurde, und nicht der Metzger, der das Messer geschwungen hat.
Was suche ich? Will ich nur bestätigt werden in dem, was ich schon weiß oder zu wissen meine? Oder bin ich offen und bereit, mich infrage stellen zu lassen und neues zu entdecken über mich und Gott?

Glaube: Erfahrungen machen

Sie aber sprachen zu ihm: Rabbi - das heißt übersetzt: Meister -, wo ist deine Herberge? Er sprach zu ihnen: Kommt und seht! Sie kamen und sahen's und blieben diesen Tag bei ihm.

Zum vierten: Glaube ist Erfahrungen machen.
Glaube ist, sich erst einmal auf Gott einlassen. Glaube ist ausprobieren.
Jesus lädt die beiden ein vor dem Hintergrund der orientalischen Gastfreundschaft. Vom Glauben erfährt man weniger etwas durch ein kurzes Gespräch, weniger durch das bloße Hören, sondern indem man sich auf den Weg macht, indem man eine geraume Zeit miteinander oder nebeneinander lebt.
Ein alter, weiser Mönch wurde einmal gefragt, wie er einen anderen Menschen zum christlichen Glauben führen würde. Und er soll gesagt haben: „Ich würde ihn ein Jahr lang bei mir wohnen lassen.“

Glaube: Bewegung

Einer von den zweien, die Johannes gehört hatten und Jesus nachgefolgt waren, war Andreas, der Bruder des Simon Petrus. Der findet zuerst seinen Bruder Simon und spricht zu ihm: Wir haben den Messias gefunden, das heißt übersetzt: der Gesalbte. Und er führte ihn zu Jesus.

Zum fünften: Glaube ist Bewegung.
Glaube drängt zum Weitersagen. Was ich erfahren habe, sollen auch andere erfahren, die auf der Suche sind. Glaube ist nicht selbstgenügsam. Er behält nicht eifersüchtig für sich. Er macht sich auf den Weg.
Nur dadurch gibt es ja auch bei uns Glauben. Nur dadurch sitzen wir heute morgen hier. Nur durch eine ununterbrochene Kette von Hören und Weitersagen ist der Glaube aus Palästina und dann aus dem Mittelmeerraum auch zu uns nach Europa gekommen, ist er bis in unsere Generation gekommen.
Und so hängt es auch entscheidend an einem jeden von uns, wie der Glaube der nächsten Generation weitergegeben wird.

Glaube: Erkannt werden

Als Jesus ihn sah, sprach er: Du bist Simon, der Sohn des Johannes; du sollst Kephas heißen, das heißt übersetzt: Fels.

Zu guter Letzt: Glaube ist nicht nur, wie bisher gehört, sich einladen lassen, aufbrechen, auf der Suche sein, Erfahrungen machen und weitertragen. Glaube ist auch Erkanntwerden.

Da erfährt auf einmal einer oder eine wie hier Petrus: Gott kennt mich. Er kennt meine Lebensgeschichte. Er kennt meine Fragen. Er kennt meine Zweifel, meine Hoffnungen und Sehnsüchte. Er kennt mich, obwohl ich bisher überhaupt nichts mit ihm zu tun gehabt habe. Er kennt mich besser, als ich mich kenne. Er ist gnädiger zu mir, als ich selbst und andere es zu mir sind. Er nimmt mich an, wo ich selbst und andere mich nicht annehmen können.
Und das nicht so, dass ich erst diese anderen Schritte hätte hinter mich bringen müssen, als Voraussetzung geradezu. Nicht so, dass Gott erst dann einen Schritt auf mich zuginge, wenn ich einen Schritt auf ihn zu gemacht habe. Nein, für manche beginnt Glaube mit diesem Erkanntwerden und Angenommensein. Und dann folgt erst das Weitere: Aufbrechen, Erfahrungen machen und Weitersagen.

Jesus kennt mich, erfährt Petrus. Das heißt: Er kennt auch meine Stärken. Er weiß, was ich kann, und mutet mir etwas zu. Er ruft mich in die Verantwortung. Er kann mich brauchen. Ein Fels soll ich sein für ihn und seine Gemeinde: Er will auf mich bauen.
So ist Glaube zuletzt auch: beauftragt werden, gesandt werden.
Ist das nicht wichtig auch für dich und für mich, zu wissen: Ich werde gebraucht! Ich tauge zu etwas! Ich werde gebraucht auch in der Gemeinde. Ich tauge zu etwas vor Gott. Ich denke, damit lässt sich leben. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de