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Die Predigt |
Weihnachten und
Epiphanias
Weihnachten und der Dreikönigstag gehören zusammen: Nicht
nur, weil einige der östlichen Kirchen ihr Weihnachtsfest am
6. Januar feiern. Nicht nur, weil die Drei Könige in unsere Weihnachtskrippen
hinein gehören. Sondern der Dreikönigstag zeigt, was Weihnachten
bedeutet. Und das sind zwei Dinge: Weihnachten ist immer dort und
immer dann, wo Menschen in der Dunkelheit ein Licht aufgeht. Die drei
Weisen sind einer Himmelserscheinung, einem neuen Licht gefolgt. Mit
dem Kind in der Krippe ist nach Überzeugung der ersten Christen
Licht in diese Welt gekommen. Deswegen heißt der Dreikönigstag
auch Epiphanias. Darin steckt das griechische Wort „Erscheinung“,
Lichterscheinung, Aufgehen eines neuen Lichtes. Das ist das erste:
Weihnachten ist immer dort und dann, wo Menschen in der Dunkelheit
ein Licht aufgeht.
Und das zweite: Weihnachten und sein Licht haben eine weltweite, weltumspannende
Bedeutung. Auch davon waren die ersten Christen überzeugt: Was
damals geschah, war nicht nur für das kleine Kaff Bethlehem bestimmt,
sondern gilt der ganzen Welt. Das zeigen die weisen Männer aus
fernen Ländern, die ihre Geschenke mitbringen.
Die alten Menschheitshoffnungen
Die ersten Christen und auch der Evangelist Matthäus, der uns
die Geschichte erzählt hat, waren geborene Juden. Sie waren vertraut
mit den biblischen Schriften, die für uns heute das Alte Testament
sind. Und sie haben Weihnachten von den Hoffnungen und Verheißungen
der alten Schriften und Propheten her verstanden. Eine dieser alten
Hoffnungen lesen wir in Jesaja Kapitel 60:
(Text siehe oben)
Enttäuschte Hoffnungen
Um den ursprünglichen Sinn dieser Prophetenworte zu verstehen,
muss man, wie so oft, ein wenig in die Geschichte des Volkes Israel
zurück gehen:
Nach der Zerstörung Jerusalems und des Tempels ca. 600 Jahre
vor Christi Geburt war ein großer Teil des jüdischen Volkes
für zwei Generationen in Babylonien in der Verbannung. Als die
Babylonier als damalige Weltherrscher durch die Perser abgelöst
wurden, konnten die Verbannten wieder in ihre Heimat zurückkehren.
Diese Hoffnung auf Rückkehr hatte sie zwei Generationen lang
in der Fremde überleben lassen. Aber die ersten Begeisterung
ist schnell einer Ernüchterung gewichen: Nicht alle wollten zurückkehren.
Viele, v.a. aus der zweiten Generation, hatten sich an die neue Heimat
gewöhnt. Der Wiederaufbau in Jerusalem ging nur sehr stockend
voran. Der neue Tempelbau blieb in den Anfängen stecken. Es gab
eine Menge Armut, Not, enttäuschte Hoffnungen und Resignation.
Die Begeisterung des Neuanfangs war schnell verflogen. Nach den ursprünglich
großen Hoffnungen kam eine Art Gottesfinsternis: 2 Denn
siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker.
Gott macht das Dunkel hell
Das ist die Botschaft des Propheten, nachdem er sich den kläglichen
Beginn länger angeschaut hat: Diese Finsternis können die
Menschen nicht aus eigener Kraft überwinden. Menschliche Kraft
schafft den Neuanfang nicht. Gott selber muss handeln. Gott selber
muss kommen und sich durchsetzen. Gott muss dieser Finsternis und
Resignation ein Ende machen, so wie er vorher der Verbannung ein Ende
gemacht hat:
2 Denn siehe, Finsternis bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker;
aber über dir geht auf der HERR und seine Herrlichkeit erscheint
über dir.
Den ersten Schritt tut Gott, sagt der Prophet. Er erscheint selbst
in all seiner Herrlichkeit und macht das Dunkel hell. Den zweiten
Schritt müsst ihr tun: Macht euch auf. Steht auf aus eurer Resignation.
Geht ihm entgegen. Lasst euch vom Licht ergreifen:
1 Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die
Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir!
Noch mehr Hoffnungen
Und weiter in der prophetischen Hoffnung: Auch die, die noch in der
Verbannung sind. Auch die, die noch nicht heimkehren konnten oder
wollten, werden nach Hause kommen:
4 Hebe deine Augen auf und sieh umher: Diese alle sind versammelt
und kommen zu dir. Deine Söhne werden von ferne kommen und deine
Töchter auf dem Arme hergetragen werden.
Und eine noch größere Hoffnung: Am Ende wird das jetzt
noch ärmliche Jerusalem wieder seine alte Größe wie
ehedem gewinnen. Nicht nur die Verbannten werden heimkehren, sondern
alle Völker der Welt werden sich dort versammeln und den Gott
Israels anerkennen. Jerusalem mit seinem Berg Zion wird zum Wallfahrtsort
für die Völkerwelt werden. Und alle bringen ihre Schätze
mit:
3 Und die Heiden werden zu deinem Lichte ziehen und die Könige
zum Glanz, der über dir aufgeht. 6 Denn die Menge der Kamele
wird dich bedecken, die jungen Kamele aus Midian und Efa. Sie werden
aus Saba alle kommen, Gold und Weihrauch bringen und des HERRN Lob
verkündigen.
Die alten Hoffnungen in Jesus erfüllt?
Die ersten Christen und mit ihnen der Evangelist Matthäus haben
in der Geburt Jesu in Bethlehem diese alten Hoffnungen erfüllt
gesehen. Die Zeit ist erfüllt. Dieser Jesus ist das versprochene
Licht. In ihm zeigt sich Gottes ganze Herrlichkeit. Aber sie zeigt
sich ganz anders als die alten Propheten meinten. Gottes Herrlichkeit
zeigt sich in der Niedrigkeit, in der Armseligkeit eines Stalles,
in der Schwäche eines kleinen Kindes.
Und doch ist darin Gottes Herrlichkeit verborgen zu sehen, betont
auch der Evangelist Johannes:
„Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir
sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingeborenen Sohnes
vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ (Joh 1,14)
Viele in der Nähe von Bethlehem haben das nicht begriffen und
haben sich an der Armseligkeit des Stalles gestoßen. Da müssen
Menschen von weit her kommen und die, die in der Nähe wohnen,
mit ihrem Glauben beschämen. Im Besuch der Weisen aus dem Osten
sahen die ersten Christen die alte prophetische Hoffnung erfüllt:
Alle Erdteile und alle Generationen kommen und bringen ihre Schätze
mit. Das Verständnis, dass die Weisen aus dem Osten Könige
gewesen seien, geht vielleicht auf diese Prophetenworte zurück,
oder auch auf ihre königlichen, teuren Geschenke.
Wann ist Weihnachten?
Was bleibt von diesen alten Hoffnungen her für unser heutiges
Verständnis von Weihnachten? Ich meine, beide Aspekte seien auch
für uns heute noch wichtig, auch wenn wir die alten Worte nicht
einfach so in die heutige Zeit übertragen können:
Das erste: Weihnachten ist immer dann und dort, wo Licht in menschliche
Dunkelheit fällt. Wenn Menschen sich wie damals in einer Art
Gottesfinsternis vorfinden und fragen: Gott, wo bist du in meinem
Leben? Wo bist du in dieser Krankheit? Wo bist du in dieser Ausweglosigkeit?
Und dann gibt es auf einmal neue Hoffnung. Es tun sich neue Wege auf.
Krankheit hat ein Ende. Resignation wird überwunden. Wo vorher
nur Dunkelheit war, gibt es neue Lichtblicke. Das ist Weihnachten,
und es kann auch im Frühling, im Sommer oder im Herbst sein.
Und nun pack dein Leben neu an! Steh auf aus deiner Resignation, weil
Gott dir entgegenkommt! Lass dich vom Licht ergreifen!
60 1 Mache dich auf, werde licht; denn dein Licht kommt, und die
Herrlichkeit des HERRN geht auf über dir! 2 Denn siehe, Finsternis
bedeckt das Erdreich und Dunkel die Völker; aber über dir
geht auf der HERR und seine Herrlichkeit erscheint über dir.
Weihnachten gilt der ganzen Welt
Und das zweite: Weihnachten hat für alle Bedeutung. Alle sollen
erfahren, wo sie hingehen können, wenn sie Licht suchen in ihrer
Dunkelheit. Weihnachten hat missionarische Bedeutung. Weihnachten
muss weitererzählt werden.
Nicht umsonst endet das Matthäusevangelium, das uns von den Weisen
aus fernen Ländern erzählt, mit dem sog. Missionsbefehl
Jesu:
„Darum gehet hin und machet zu Jüngern alle Völker:
Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen
Geistes 20 und lehret sie halten alles, was ich euch befohlen habe.
Und siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“
(Mt 28,19-20)
Der Epiphaniastag und die christliche Mission gehören zusammen.
Die Kollekte an Epiphanias ist aus langer Tradition für die Arbeit
in den bayerischen Partnerkirchen in Asien, Afrika und Neuguinea bestimmt.
Missionarisch leben
Wie aber leben wir missionarisch? Außer, dass wir anschließend
in der Kollekte etwas einlegen? Es braucht Christen, die es als ihre
Aufgabe und Sendung begreifen, aktiv in die Welt hinausgehen und in
Wort und Tat für den christlichen Glauben einzutreten.
Es braucht aber auch die anderen, die daheim bleiben. Ich lese bei
Jesaja, dass die Menschen von alleine kommen, dass sie wie magnetisch
angezogen werden von dem Licht, das von Weihnachten ausgeht.
Ich verstehe das so: Missionarisch leben im Sinn dieser Worte bedeutet
nicht, anderen wie die Zeugen Jehovas unseren Glauben ungefragt aufdrängen,
ja geradezu aufnötigen zu wollen. Aber wir müssten so leben,
reden und handeln, dass andere unser Christsein als anziehend empfinden.
Wir müssten so leben, dass andere Lust bekommen und eingeladen
werden, mit diesem Gott zu leben und sich in dieser Kirche zu engagieren.
Wir müssten denen, die sich noch nicht zur Gemeinde halten, deutlich
machen, dass auch sie, wie Jesaja sagt, als Söhne und Töchter
Gottes eingeladen sind.
Dazu helfe uns Gott. Amen |
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