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predigt[e].de

Die Predigt vom 27. Mai 2007 (Pfingsten):
»Was geht schon aus eigener Kraft?«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
50 Tage nach Ostern begeht die Kirche das Pfingstfest, das Fest der Ausgießung des Heiligen Geistes. Sein Thema ist die Begleitung durch Gottes Geist. Evangelium (1. Lesung) war die Ankündigung der Sendung des Geistes und Epistel (2. Lesung) die Erzählung vom Pfingstgeschehen. Anlässlich des Paul-Gerhardt-Jahres und besonders des Namenstages Paul Gerhardts hat Pfarrer Thein über dessen Pfingstlied gepredigt:
Predigttext
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Der Predigttext
Text siehe Predigt unten.
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Die Predigt
Der Heilige Geist und der Weingeist

In der Wochenendausgabe der Tageszeitung stand eine kurze Erklärung, was Pfingsten bedeutet. So etwas kommt selten vor. Es hat aber auch seinen Grund: Die meisten wissen nicht mehr, was es mit diesem Fest auf sich hat. Würde man eine dieser bekannten Zeitungs-Umfragen in der Fußgängerzone durchführen, dann wüssten vermutlich 9 von 10 Personen nicht, was an Pfingsten gefeiert wird.
Weihnachten: Da fällt auch unkirchlichen Menschen etwas ein. Ostern: Da denken viele schon nur noch an den Osterhasen und an die Ostereier. Aber Pfingsten? ... Und überhaupt: Heiliger Geist. Was ist das für ein Geist? Dieses Wort hat in unserer deutschen Sprache ja eine vielfältige Bedeutung. Ein Gespenst ist der Heilige Geist nicht. Und so wie die Geister von Verstorbenen, zu denen man angeblich Kontakt aufnehmen kann, ist er auch nicht. Auch nicht wie der Geist in Wein oder Schnaps, auch wenn beide, der Geist Gottes und der Weingeist, Menschen durchaus fröhlich machen können. Wenn wir vom menschlichen Geist, vom Erfindergeist, vom Verstand reden, kommen wir der Bedeutung schon ein wenig näher. Und wenn man sagt, in einem Haus, in einer Firma, in einer Gemeinde herrsche ein guter Geist, also ein gutes Miteinander, ein gutes Klima, dann sind wir schon recht nahe an Gottes Geist und seinem Wirken.

Das Pfingstlied von Paul Gerhardt

Heiliger Geist ist da, wo Gott in Menschen und zwischen Menschen wirkt: Frieden, Gemeinschaft, Erkenntnis, Mut, Vergebungsbereitschaft, aufeinander hören, einander beistehen. So wie der elektrische Strom ist der Heilige Geist nicht zu sehen, wohl aber an seiner Wirkung zu erkennen.
Was ist der Heilige Geist? Was bewirkt er? Das den Gemeindegliedern weiterzusagen, war schon immer eine wichtige Aufgabe. Auch der Liederdichter Paul Gerhardt, vor 400 Jahren geboren, hat sich dieser Aufgabe gestellt. Mit Begriffen seiner damaligen Zeit hat er versucht, in seinem Pfingstlied alles Wichtige zum Heiligen Geist in Worte zu fassen. Zum Jubiläumsjahr also eine weitere Liedauslegung. „Zieh ein zu deinen Toren“ Nr. 133 im Gesangbuch. Wie könnte man den heutigen Namenstag Paul Gerhardts, gestorben heute vor 331 Jahren, besser begehen, als mit einem seiner Lieder.

In einer Predigt kann man nicht alle 13 Strophen auslegen. Ich beschränke mich auf die ersten sieben, in denen das Wirken des Geistes beschrieben wird. In den Strophen 8 bis 13 folgen dann konkrete Bitten um Gottes Beistand. Wir werden sie an der Stelle des Predigtliedes singen.

Der Heilige Geist ist Gott selbst

1. Zieh ein zu deinen Toren, (die Älteren kennen noch die alte Fassung: Zeuch ein zu deinen Toren) / sei meines Herzens Gast, / der du, da ich geboren, / mich neu geboren hast, / o hochgeliebter Geist / des Vaters und des Sohnes, / mit beiden gleichen Thrones, / mit beiden gleich gepreist.

Das ist eigentlich schon die Hauptfrage: Man kann die Frage „Was ist der Hl. Geist?“ nicht so sehr theoretisch behandeln, sondern man muss davon erzählen, wie man ihn persönlich erfahren kann. So persönlich beginnt Paul Gerhardt: „Komm, Hl. Geist, komm auch zu mir. So wie Jesus in die Tore Jerusalems eingezogen ist, so zieh bei mir ein. Meine Herzenstür ist offen.“ So redet Paul Gerhardt erst einmal von sich. Aber heimlich hofft er sicher, dass wir, die Sänger seines Liedes, uns auch diese Bitte zu eigen machen: Komm doch, Hl. Geist, und sei unser Gast. Vom Hl. Geist erfährt man nur etwas, wenn man ihn an sich heran lässt, wenn man ihn einlässt, wenn man für ihn offen ist.
Und dann gleich in dieser ersten Strophe, mit ganz kurzen Worten die beiden wichtigsten theologischen Aussagen über den Hl. Geist: Durch den Hl. Geist werden wir neu geboren. Und: Der Hl. Geist ist Gott selbst. Das bezieht sich schon auf den nächsten Sonntag, das Trinitatisfest, das Fest von Gottes Dreieinigkeit.
Nächsten Sonntag wird das Evangelium die Erzählung von Nikodemus sein, dem Jesus sagt, er müsse neu geboren werden, wenn er Gott wirklich finden will. Und weil er das missversteht, fragt er, wie das gehen soll, dass man als Erwachsener noch einmal in den Leib seiner Mutter kriechen soll, um ein zweites Mal geboren zu werden. Neu geboren werden, aus dem Hl. Geist geboren werden, d.h. innerlich neu werden, ein anderer Mensch werden.
Und das zweite: Der Hl. Geist ist eigentlich Gott selbst. Er ist „gleichen Thrones“: So wie Gott bildlich gesprochen auf seinem Herrscherthron sitzt, und Jesus seit der Himmelfahrt zu seiner Rechten, so auch der Hl. Geist. Damit bringt Paul Gerhardt eine kurze Zusammenfassung dessen, was wir vorhin im nicänischen Glaubensbekenntnis gesprochen haben:
„Wir glauben an den Heiligen Geist, / der Herr ist und lebendig macht, / der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, / der mit dem Vater und dem Sohn / angebetet und verherrlicht wird.“
Der Hl. Geist ist Gott selbst. Wenn der Hl. Geist, wirkt, dann wirkt Gott. Warum unterscheiden wir dann beide überhaupt? Weil die Bibel einen Unterschied macht, z.B. im heutigen Evangelium: Körperlich verlässt Jesus seine Jünger, um zu seinem Vater zu gehen. Doch der schickt ihnen den Hl. Geist, in dem Jesus weiterhin spürbar anwesend ist.
Wir singen die erste Strophe des Liedes.

Wer es alleine schafft, braucht den Heiligen Geist nicht

2. Zieh ein, lass mich empfinden / und schmecken deine Kraft, / die Kraft, die uns von Sünden / Hilf und Errettung schafft. / Entsünd'ge meinen Sinn, / dass ich mit reinem Geiste / dir Ehr und Dienste leiste, / die ich dir schuldig bin.

Noch einmal die Bitte: „Komm zu mir, Hl. Geist. Nimm Wohnung bei mir.“ Nicht so sehr um das Denken, sondern um Erfahrung geht es beim Hl. Geist. Erfahrung, oder mit den Worten Paul Gerhardts: empfinden, schmecken, Kraft spüren.
Ich selber kann mir nicht helfen. Ich kann mir nicht selber Kraft verschaffen. Ich kann mich nicht selbst erretten, kann mir nicht meine Schuld selbst wegnehmen. Gott muss es tun. Aber ich muss es zulassen. Ich muss ihn wirken lassen.

Das ist das, was alle nächsten Liedstrophen zusammenhält: Der Hl. Geist wirkt da, wo mir etwas geschenkt wird, was ich nicht aus mir selber kann. Wer in der Überzeugung lebt: „Das schaff ich alles allein. Da brauch ich niemand.“, der kann vom Hl. Geist nichts erfahren. Den Hl. Geist erfahren, kann nur, wer weiß und zugeben kann, wo seine Grenzen sind, seine schwachen Seiten, seine Lücken, seine Unvollkommenheit und Unfähigkeit. Den Hl. Geist erfahren, kann nur, wer bereit ist, sich beschenken zu lassen.
Wir singen die zweite Strophe des Liedes.

Dem Tod keine Chance

3. Ich war ein wilder Reben, / du hast mich gut gemacht; / der Tod durchdrang mein Leben, / du hast ihn umgebracht / und in der Tauf erstickt / als wie in einer Flute / mit dessen Tod und Blute, / der uns im Tod erquickt.

Ein Bild aus der Natur: Von sich, ohne Glauben und ohne den Beistand des Hl. Geistes, wächst ein Mensch wie ein wilder Trieb. Wie ein Wassertrieb an einem Obstbaum frech und ungezügelt in den Himmel. „Was kost’ die Welt?“ Er muss beschnitten, ja veredelt werden, damit er die richtige Richtung bekommt und dann auch Frucht bringen kann.
Und noch einmal in anderen Worten: Von Haus aus und ohne den Glauben ist der Tod unser Herr. Als Geschöpfe, vom Menschen geboren, sind wir unweigerlich dem Tod verfallen. Aber neu geboren aus der Taufe kann uns der Tod nichts mehr anhaben. Der Hl. Geist ist stärker als der Tod, weil Jesus durch seinen Tod den Tod überwunden hat.
Wir singen die dritte Strophe des Liedes.

Unmittelbare Verbindung zu Gott

4. Du bist das heilig Öle, / dadurch gesalbet ist / mein Leib und meine Seele / dem Herren Jesus Christ / zum wahren Eigentum, / zum Priester und Propheten, / zum König, den in Nöten / Gott schützt vom Heiligtum.

Wie Salböl wirkt der Hl. Geist. Im Alten Testament wurden Priester, Propheten und Könige mit Öl gesalbt. Sie waren herausgehoben vor allen anderen. Sie waren Gott näher als alle anderen. Sie standen als Mittler zwischen Gott und den Menschen.
Seit Jesus gibt es dieses oben und unten, diese abgestufte Nähe zu Gott nicht mehr. Alle sind Gott gleich nahe. Jeder von uns gehört durch die Taufe unmittelbar zu Gott. Jeder ist sein Eigentum. Jeder ist Priester, Prophet und König. Jeder hat Gottes Hl. Geist. Jeder kann mit seinen persönlichen Nöten direkt zu Gott kommen. Auf jeden von uns hat Gott ein Auge.
Wir singen die vierte Strophe des Liedes.

Sich einfach auch einmal gehen lassen

5. Du bist ein Geist, der lehret, / wie man recht beten soll; / dein Beten wird erhöret, / dein Singen klinget wohl, / es steigt zum Himmel an, / es lässt nicht ab und dringet, / bis der die Hilfe bringet, / der allen helfen kann.

Wieder dieses Thema, das alle Strophen zusammenhält: Der Hl. Geist schenkt und macht möglich, was ich aus eigener Kraft nicht kann
Wie soll ich recht beten? Was soll ich sagen? Wie finde ich die rechten Worte? Wenn ich mich nicht verkrampfe, sondern einfach beschenken lasse, dann wird der Hl. Geist zur rechten Zeit die rechten Worte schenken.
Wenn ich beim Singen nicht dauernd denke: Kann ich das? Wie klingt denn das? Was werden die anderen von mir denken? Wenn ich meine Scheu, meine Angst und meine Verkrampfung ablege, dann wird mich der Hl. Geist meinen Ton und meine Art zu singen finden lassen.
Wir singen die fünfte Strophe des Liedes.

Sich Freude schenken lassen

6. Du bist ein Geist der Freuden, / von Trauern hältst du nichts, / erleuchtest uns im Leiden / mit deines Trostes Licht. / Ach ja, wie manches Mal / hast du mit süßen Worten / mir aufgetan die Pforten / zum güldnen Freudensaal.

Und wieder unser Thema: Der Hl. Geist schenkt, was ich nicht aus mir selbst kann. Wer kann sich selber fröhlich machen? Wer kann sich selber trösten? Wer kann sich selber ein Licht aufgehen lassen? Wer kann sich selber die Pforten zum Himmel aufschließen und die Nähe Gottes finden lassen?
Viel Trauer hat Paul Gerhardt erleben müssen, viel Leiden hat er erlebt. Und doch konnte er freudige Lieder dichten, weil er sich getröstet und getragen wusste. Oft war ihm der Himmel wie verschlossen und der Zugang zu Gott versperrt. Und dann durfte er doch wieder neue Freude erleben.
Wir singen die sechste Strophe des Liedes.

Wenn zwei wieder zusammenfinden ...

7. Du bist ein Geist der Liebe, / ein Freund der Freundlichkeit, / willst nicht, dass uns betrübe / Zorn, Zank, Hass, Neid und Streit. / Der Feindschaft bist du feind, / willst, dass durch Liebesflammen / sich wieder tun zusammen, / die voller Zwietracht seind.

Und noch einmal das Thema: Der Hl. Geist schenkt, was ich nicht aus mir selber kann. Wer schafft es, immer freundlich zu bleiben? Wer schafft es, Zorn, Hass und Neid aus seinem Herzen zu verbannen? Wer schafft es, immer in Frieden mit anderen zu leben, Streit zu schlichten und zwei Nachbarn wieder zusammen zu bringen, die über den Gartenzaun hinweg voller Zwietracht sind?
Immer, wenn uns das ein wenig gelingt, immer, wenn es einen solchen Lichtblick und kleine Erfolge gibt, ist Gottes Hl. Geist am Werk. Er will wirken. Wir dürfen ihm bloß nicht dauern im Wege stehen.
Wir singen die siebte Strophe des Liedes.

Weil der Hl. Geist das alles kann, was Menschen nicht schaffen, folgen jetzt noch sechs Strophen mit wichtigen entscheidenden Bitten. Sie legen sich beim Aufmerksamen Hören und Singen selbst aus. Wir singen sie und bitten damit Gott um seinen Beistand.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de