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Die Predigt |
Besuch kommt
Was tun Sie, wenn Sie Besuch erwarten? Ganz egal, ob es lieber Besuch
ist, oder solcher, auf den wir gerne verzichten würden? Wir bereiten
uns irgendwie darauf vor. Das sieht sicher bei jedem etwas anders
aus, aber es gehören doch die einfachsten Dinge dazu:
Ich werde dafür sorgen, dass der Kommende überhaupt den
Weg zu mir findet. Wenn es Abend ist, werde ich für ihn ein Licht
anmachen. Ich werde dafür sorgen, dass etwas zu trinken da ist.
Ich werde etwas zu essen richten. Wenn er länger bleibt, ein
Bett zum Schlafen.
Doch nicht nur äußerlich will ich vorbereitet sein, sondern
auch innerlich: Ich werde mir meine Arbeit und meine Vorhaben rechtzeitig
so einteilen, dass ich für den Gast auch Zeit und innere Aufmerksamkeit
übrig habe. Ich werde mich auf ihn einstellen. Und der Gast,
der da kommt, wird es spüren. Ja, vielleicht ist die innere Vorbereitung
viel entscheidender als die äußere, wenn es darum geht,
ob ein Gast sich willkommen fühlt.
Ein Kind kommt
Ähnlich ist es auch, wenn ein Kind kommt. („Ein Kind kommt.“
Das sagt man ja so schön, als käme jemand zu Besuch.) Auch
wenn ein Kind kommt, bereitet man sich und anderes vor: Kleidung,
Wäsche, den Koffer für den schnellen Aufbruch, Absprachen
mit Freunden, Bekannten und Eltern.
Und genauso auch die innere Vorbereitung auf das Ereignis: Nicht nur
die vordergründige Frage, ob's ein Junge oder ein Mädchen
wird. Ja, nicht nur die Frage, ob es gesund ist oder nicht. Der neue
Mensch braucht v.a. Platz in meinem Bewusstsein und in meiner Lebensplanung,
die sich durch ihn deutlich ändern wird. Schon wieder ist ein
kleines Kind ausgesetzt worden, weil es offenbar keinen Platz hatte:
keinen Platz in der Lebensplanung einer jungen Frau, in der finanziellen
und beruflichen Planung, oder weil einfach die Kraft nicht reicht.
Das Kind war kein willkommener Besucher.
Advent: Gott kommt
Warum erzähle ich das heute? Ich erzähle es, weil wir als
Christen im Advent bildlich gesprochen auch das Kommen eines Gastes
erwarten. Und da lohnt es sich, genauso zu fragen, ob wir das tun,
was sonst im Alltag ganz selbstverständlich ist: dass wir uns
nämlich äußerlich und vor allem auch innerlich auf
sein Kommen einrichten.
Advent – Gott kommt. Die Jünger fragen Jesus, wie das sein
wird, wenn er kommt am Ende der Zeiten. Sie fragen nach dem Zeitpunkt.
Sie fragen nach den Vorzeichen. So haben Sie es vorhin in der Lesung
des Evangeliums gehört.
Kommt Gott bedrohlich?
Jesus sagt ihnen zuerst einmal nichts Neues. Er erinnert sie an das,
was sie schon wissen, an die in der damaligen Zeit geläufigen
Vorstellungen, wie das Ende sich ankündigen wird: Veränderungen
am Himmel, Überflutungen, allgemeine Angst, das Wanken des ganzen
Erdgebäudes.
25 Und es werden Zeichen geschehen an Sonne und Mond und Sternen,
und auf Erden wird den Völkern bange sein, und sie werden verzagen
vor dem Brausen und Wogen des Meeres, 26 und die Menschen werden vergehen
vor Furcht und in Erwartung der Dinge, die kommen sollen über
die ganze Erde; denn die Kräfte der Himmel werden ins Wanken
kommen.
Dieses Evangelium will auf den ersten Blick gar nicht recht in die
übliche idyllische Adventsstimmung passen. Aber vielleicht sind
solche ernsten Worte ganz einfach eine nötige Korrektur. Aus
zwei Gründen: Ich könnte mir denken, dass die Adventsstimmung
des Evangeliums der heutigen Stimmung vieler Menschen viel näher
kommt als die Idylle, die üblicherweise verbreitet wird. Denn
Advent fragt: Wie geht’s weiter? Was erwarte ich mir? Wie blicke
ich in die Zukunft?
Vorbereitung auf das Kommen Gottes
Und zum anderen sind die Worte des Evangeliums eine Korrektur, weil
sie uns an den biblischen Charakter der Adventszeit erinnern:
Advent ist gerade noch nicht Weihnachten. Advent ist eigentlich ernste
Zeit, Zeit der Vorbereitung. Wie die Passionszeit als die Zeit der
inneren, ernsten Vorbereitung auf das Osterfest, war die Adventszeit
von alters her eine Buß- und Fastenzeit zur Vorbereitung auf
Weihnachten. Eine Zeit, in der man keine Feste feierte, auch keine
Hochzeiten. Eine Zeit, in der man auf bestimmte Dinge bewusst verzichtete,
um die Fülle des Festes dann noch besser aufleuchten zu lassen.
Im Gottesdienst machte man es deutlich, indem man das Gloria, den
fröhlichen Lobgesang, wegließ.
Und zu diesem nachdenklichen Charakter der Adventszeit gehört
auch seit alters her am zweiten Advent das Nachdenken über das
endgültige Kommen Gottes am Ende der Schöpfung oder am Ende
meiner ganz persönlichen Lebenszeit. 2. Advent, also: zweite
Ankunft, Wiederkunft Christi, entscheidende Begegnung mit ihm.
Gott kommt: Begegnung mit Jesus
Wie gesagt: Auf die Frage der Jünger, wie es weitergehen wird,
verweist Jesus erst einmal auf die damals üblichen Vorstellungen.
Aber da ist doch ein großer Unterschied: Zur Zeit Jesu erging
man sich geradezu in grausamen und ausführlichen Schilderungen
der Endereignisse. Man verbreitete eher Angst und Verzweiflung. Und
mancher versuchte auch, aus dieser Angst der Menschen Kapitel zu schlagen.
Genau das Gegenteil lesen wir bei Jesus. Er redet vom kommenden Ende,
nicht um Verzweiflung und Angst zu schüren, sondern gerade um
Hoffnung und Zuversicht weiterzugeben. Egal, was da kommen wird, es
wird für die, die ihm vertrauen, nur das Beste sein können,
die Befreiung, die Rettung, die Erlösung:
28 Wenn aber dieses anfängt zu geschehen, dann seht auf und
erhebt eure Häupter, weil sich eure Erlösung naht.
Und warum kann es für den Glaubenden nur das Beste sein? Warum
kann er erhobenen Hauptes und hoffnungsvoll darauf zugehen? Weil da
nicht etwas kommt, sondern einer, eine Person. Nicht unbekannte Ereignisse,
sondern ein bekanntes Gesicht:
27 alsdann werden sie sehen den Menschensohn kommen in einer Wolke
mit großer Kraft und Herrlichkeit.
Menschensohn – so hat Jesus von sich selbst gesprochen. In dem,
der auf sie zukommen wird, sollen die Jünger keinen anderen als
den erkennen, der zu Lebzeiten schon um sie war: Jesus. Warum sollte
ihnen also das Ende, die Wiederbegegnung mit ihm, Angst machen?
Gott kommt erlösend
Das gilt unter veränderten Umständen auch für uns:
Der, der am Ende für mich und für dich zum Gericht kommt,
ist kein anderer als der, an den wir zu Lebzeiten geglaubt haben.
Nicht das finstere Gesicht eines unbekannten Richtergottes wird uns
nach den Worten Jesu dann ansehen, sondern das Gesicht dessen, der
bei unserer Taufe auch für alle Zukunft gültig gesagt hat:
„Ich habe dich erlöst. Ich habe dich bei deinem Namen gerufen.
Du bist mein.“
Gott richtet zurecht
Das heißt nicht, dass es damit am Gericht vorbeiginge. Der,
der da kommt, will sehr wohl ge-richtete, vorbereitete Menschen vorfinden,
denen man abspüren kann, dass sie sich auf diesen Gast ein-gerichtet
haben. Und wer sich nicht selbst gerichtet hat, wird dann gewiss auch
gerichtet werden: Gerichtet weniger im Sinne einer Aburteilung, wie
wir es meist einseitig drohend verstehen, sondern im Sinne eines Zurecht-gerichtet-werdens.
Und was könnten wir uns Besseres wünschen als, dass am Ende,
vielleicht auch schmerzhaft, zurecht gebracht wird, was nicht in Ordnung
ist an uns.
33 Himmel und Erde werden vergehen; aber meine Worte vergehen
nicht.
Das Vertrauen, dass es gut hinausgeht, darf jeder Glaubende schöpfen
aus der Zusage, die Gott ihm bei seiner Taufe gegeben hat. Sie galt
gestern, gilt heute und auch in alle Zukunft. Amen |
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