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Die Predigt |
Einladung zu einer
Party
Liebe Konfirmanden!
Stellt Euch vor, Ihr ladet Freunde und Bekannte zu Eurer Geburtstagstagsparty
ein. Jetzt ist der Tag da. Ein paar Stunden vor der Party ruft Ihr
noch einmal herum, ob alles in Ordnung geht. Beim ersten ist die Mutter
am Telefon: „Ach ja, das hat er wohl ganz vergessen. Er ist
gerade mit seinem Vater in der Stadt. Der kauft ihm ein neues Fahrrad."
„Schön für ihn“, denkt Ihr vielleicht, „ein
neues Fahrrad. Ist ja wirklich wichtig. Kann ich schon verstehen.
Aber er hat's doch lang genug gewusst. Wenn ihm etwas an mir liegen
würde, hätten sie sich das doch sicher auch anders einteilen
können."
Ihr ruft beim nächsten an. Da geht erst lange niemand ran. Dann
ist der Freund selber am Telefon. „Ach ja, dein Geburtstag.
Du weißt doch, ich hab eine neue Freundin. Die ist gerade bei
mir. Wir sind allein, weil meine Eltern einen halben Tag weggefahren
sind. Da hab ich dich ganz vergessen. Kannst du doch verstehen, oder?"
Und nach dem Auflegen denkst du: „Ja, klar, kann ich verstehen.
Hätte ich vielleicht genauso gemacht. Aber wenn ihm wirklich
etwas an mir liegen würde, wäre das wohl auch anders gegangen."
Und nun stellt Euch vor, bei dem dritten und vierten und fünften,
wo Ihr nachfragt, ginge es ähnlich: Da war gerade etwas anderes
echt wichtig, aber nicht Ihr.
Und wenn Ihr Euch dann ärgert, wenn Ihr enttäuscht seid
und traurig, dass Ihr den anderen anscheinend gar nicht so wichtig
seid, dann seid Ihr schon mitten in dieser Beispielgeschichte drin,
die Jesus da erzählt:
Jesus erzählt von Gottes Einladung
Ein Hausherr lädt zu einem großen Abendmahl, zu einem Festmahl
ein. Der Hausherr, das ist in Jesus Geschichte niemand anderes als
Gott selber. Und die er einlädt, das sind Du und ich. Er legt
auf unsere Freundschaft wert. Wir sind ihm wichtig. Und das große
Festmahl, das ist in der Bibel das Bild für eine enge und gute
Gemeinschaft. Ja auch für die endgültige Gemeinschaft mit
Gott, die auch nach dem Tod noch hält. Zum Essen hat man damals
aber nicht jedermann eingeladen. Man hat sich seine Gäste besonders
sorgfältig ausgesucht.
Und jetzt merkt Gott, der einen Menschen einlädt, der ihm wichtig
ist, auf einmal: Ich bin ihm, ich bin ihr eigentlich gar nicht besonders
wichtig. Da ist nicht viel Interesse. Andere Interessen stehen im
Vordergrund. Es gibt Wichtigeres als mich.
Jesus sagt, der eine lässt sich entschuldigen, weil er einen
Acker, der andere, weil er Ochsen gekauft hat. Und der dritte, weil
er geheiratet hat. Alles wichtige Dinge für die damalige Zeit,
ganz gewiss. Aber sie lassen doch erkennen, ob einem der Einladende
als Mensch wichtig ist oder nicht.
Sollte da Gott nicht auch enttäuscht sein, fragt Jesus. Sollte
er da nicht auch traurig oder verärgert sein, wenn er selber
es so ernst meint, aber die anderen reagieren gar nicht?
Und wenn nun alle absagen?
Was würdet Ihr machen, wenn lauter Absagen kommen, und Ihr habt
doch eine Menge vorbereitet? Würdet ihr Euch in die Schmollecke
zurückziehen und sagen: „Wenn sie nicht kommen wollen,
sollen sie bleiben, wo der Pfeffer wächst. Jetzt feiere ich allein."
Oder würdet Ihr ganz spontan noch jemand anders anrufen und einladen?
Wenn schon die engsten Freunde nicht kommen, dann kann man es ja noch
bei ein paar anderen Bekannten probieren.
Und dann nimmt diese Geschichte von Jesus eine Fortsetzung, die die
Hörer damals sicher geärgert hat. Gott reagiert auf die
ausgeschlagene Einladung anders: Er lässt die einladen, die die
anderen, die sogenannten Anständigen, nie und immer eingeladen
hätten. Er zieht nicht, wie es damals üblich war, Grenzen
zwischen den Menschen, mit denen man an einem Tisch sitzt, oder von
denen man sich gefälligst fern hält. Das Gesindel von der
Straße, alle möglichen Menschen von zweifelhaftem Ruf lässt
er einladen als Ersatz für die Anständigen oder die, die
sich selbst für anständig halten.
Das ist so ähnlich, wie wenn Ihr, wenn Eure Geburtstagsgäste
alle absagen, auf den Marktplatz gehen würdet und aufsammeln
und einladen, was da so herumsitzt und herumsteht: drei Bettler, zwei
Asylanten, einen Straßenmusiker, und am Ende vielleicht noch
zwei Zeugen Jehovas.
Jesus – die Einladung Gottes in Person
Und genauso hat dieser Jesus gelebt: Er ist mit dem Knecht gemeint,
den der Hausherr hinausschickt, um die Eingeladenen hereinzubitten.
Er ist es, der von den Anständigen oder von denen, die sich für
anständig hielten, abgewiesen wurde. Er ist es, der sich mit
allem fragwürdigen Gesindel seiner damaligen Zeit abgegeben und
Gottes Einladung überbracht hat. Jesus war sozusagen die lebendige
Einladung Gottes. Der einladende Gott in Person.
Dass Menschen die Einladung Gottes ausschlagen, weil er ihnen nicht
besonders wichtig ist, das ist in der Geschichte der Kirche immer
wieder auf den sonntäglichen Kirchgang bezogen worden. So heißt
es in dem Lied, das wir vorhin gesungen haben, dass schon vor 250
Jahren geklagt worden ist:
„Du rufest auch noch heutzutage, dass jedermann erscheinen
soll; man höret immer deine Klage, dass nicht dein Haus will
werden voll. ..."
Das ist wohl ein wenig zu einseitig. Am Kirchgang allein kann man
nicht ablesen, ob Gott für einen Menschen wichtig ist. Es gibt
manche ernste und ehrliche Frömmigkeit auch im sogenannten „stillen
Kämmerlein". Und manche können auch wirklich nicht
kommen, aus zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen.
Unsere Entschuldigungen
Und doch scheint bei den meisten der Kirchgang ein Kapitel für
sich zu sein, sonst hätte ich nicht immer wieder das gleiche
Erlebnis:
Der erste Satz bei einem Besuch, bei einem Seniorenbesuch oder auch
bei einem Besuch im Krankenhaus, der erste Satz gleich nach der Begrüßung
ist oft genug eine Entschuldigung:
„Herr Pfarrer, das muss ich Ihnen aber gleich sagen, Sie sehen
mich nicht oft in der Kirche. Das müssen Sie verstehen ..."
Und dann folgen verschiedene Entschuldigungen. Obwohl ich mit keinem
Wort das Thema angeschnitten habe, obwohl ich nicht wie frühere
Pfarrersgenerationen vielleicht gesagt habe: „Sie sehe ich aber
auch nicht in der Kirche.", hat jemand das Gefühl, er müsse
sich verteidigen. Der Pfarrer, der zu Besuch kommt, scheint für
bestimmte Generationen noch so etwas wie eine wandelnde Einladung
Gottes zu sein.
Dass Menschen mit Entschuldigungen kommen, dass sie eine kirchliche
Einladung abschlagen – bei der Einladung zum Konfirmandenunterricht
passiert uns das überraschenderweise nicht: Praktisch alle jungen
Menschen eines Jahrgangs mit ganz wenigen Ausnahmen lassen sich einladen.
Praktisch alle kommen, wenn es soweit ist. Und so ist es auch bei
Euch.
Aus welchem Grund Ihr jeweils gekommen seid, ist eine andere Frage.
Aber erst einmal muss uns als Gemeinde wichtig sein: Ihr seid da.
Erst einmal muss uns als Gemeinde wichtig sein: Ihr habt diese Einladung
nicht ausgeschlagen.
Doch wichtig ist wie in diesem Gleichnis, um wen es eigentlich geht.
Der Pfarrer lädt zwar ein. Die Kirchengemeinde lädt ein.
So ähnlich wie der einladende Knecht in der Beispielgeschichte,
die Jesus erzählt. Doch der Pfarrer lädt nicht zu sich ein.
Er lädt zu Gott ein. Ja, eigentlich ist Gott der, der die Menschen
einlädt.
Gottes ausgestreckte Hand
Was ist das für ein Gott? Dass er in dieser Geschichte so ärgerlich,
zornig und enttäuscht beschrieben wird, bedeutet, dass ihm die
Menschen, die er einlädt, nicht gleichgültig sind. Und so
hat dieses heutige Evangelium auch eine eindeutige Botschaft: Ihr
seid Gott nicht gleichgültig. Seine Einladung an Euch ist ihm
ernst. Ihr seid ihm etwas wert. Er wirbt um euch. Und er gibt dabei
nicht so schnell auf.
Erwachsene mögen manchmal im Umgang mit Jugendlichen schnell
aufgeben. Schnell geht einem die Geduld aus, wenn einem Jugendliche
auf die Nerven gehen.
Gott hat mehr Geduld, Gott sei Dank. Er hat Geduld mit den Jungen
und mit den Alten, Geduld vor allem auch mit der mittleren Generation,
die diese Geduld vielleicht noch mehr nötig hat. Seine zur Einladung
ausgestreckte Hand bleibt lange ausgestreckt, ob nicht doch noch die
Zeit und die Gelegenheit kommen kann, wo jemand einschlägt und
sich einladen lässt. Erst einmal zaghaft und zurückhaltend
und dann auch ernster.
Gott hat Geduld. Aber dass er auch ewig Geduld haben müsste,
dass er sich ewig hinhalten ließe, vor dieser Täuschung
und Berechnung warnt Jesus auch. Sehr menschlich beschreibt Jesus
Gott: Er kann enttäuscht sein und ärgerlich, ja sogar eingeschnappt.
Aber ich verstehe das nicht als Drohung. Es zeigt ganz einfach, wie
wichtig wir ihm sind. |
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