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predigt[e].de

Die Predigt vom 21. Juni 2009 (2. Sonntag nach Trinitatis):
»Entschuldige, ich habe keine Zeit«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 2. Sonntag nach Trinitatis. Sein Thema ist Gottes Einladung (zum Abendmahl). Evangelium (1. Lesung) und Predigttext (s.u.) war das Gleichnis Jesu von der sog. großen Einladung und Epistel (2. Lesung) der Hinweis des Epheserbriefes, dass durch die Taufe Volksgrenzen nicht mehr zählen.
Predigttext
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Der Predigttext
Es war ein Mensch, der machte ein großes Abendmahl und lud viele dazu ein. 17 Und er sandte seinen Knecht aus zur Stunde des Abendmahls, den Geladenen zu sagen: Kommt, denn es ist alles bereit! 18 Und sie fingen an alle nacheinander, sich zu entschuldigen. Der erste sprach zu ihm: Ich habe einen Acker gekauft und muß hinausgehen und ihn besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 19 Und der zweite sprach: Ich habe fünf Gespanne Ochsen gekauft und ich gehe jetzt hin, sie zu besehen; ich bitte dich, entschuldige mich. 20 Und der dritte sprach: Ich habe eine Frau genommen; darum kann ich nicht kommen. 21 Und der Knecht kam zurück und sagte das seinem Herrn. Da wurde der Hausherr zornig und sprach zu seinem Knecht: Geh schnell hinaus auf die Straßen und Gassen der Stadt und führe die Armen, Verkrüppelten, Blinden und Lahmen herein. 22 Und der Knecht sprach: Herr, es ist geschehen, was du befohlen hast; es ist aber noch Raum da. 23 Und der Herr sprach zu dem Knecht: Geh hinaus auf die Landstraßen und an die Zäune und nötige sie hereinzukommen, daß mein Haus voll werde. 24 Denn ich sage euch, daß keiner der Männer, die eingeladen waren, mein Abendmahl schmecken wird. (Lukas 14,16-24)
Predigt
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Die Predigt
Einladung zu einer Party

Liebe Konfirmanden!
Stellt Euch vor, Ihr ladet Freunde und Bekannte zu Eurer Geburtstagstagsparty ein. Jetzt ist der Tag da. Ein paar Stunden vor der Party ruft Ihr noch einmal herum, ob alles in Ordnung geht. Beim ersten ist die Mutter am Telefon: „Ach ja, das hat er wohl ganz vergessen. Er ist gerade mit seinem Vater in der Stadt. Der kauft ihm ein neues Fahrrad."
„Schön für ihn“, denkt Ihr vielleicht, „ein neues Fahrrad. Ist ja wirklich wichtig. Kann ich schon verstehen. Aber er hat's doch lang genug gewusst. Wenn ihm etwas an mir liegen würde, hätten sie sich das doch sicher auch anders einteilen können."

Ihr ruft beim nächsten an. Da geht erst lange niemand ran. Dann ist der Freund selber am Telefon. „Ach ja, dein Geburtstag. Du weißt doch, ich hab eine neue Freundin. Die ist gerade bei mir. Wir sind allein, weil meine Eltern einen halben Tag weggefahren sind. Da hab ich dich ganz vergessen. Kannst du doch verstehen, oder?"
Und nach dem Auflegen denkst du: „Ja, klar, kann ich verstehen. Hätte ich vielleicht genauso gemacht. Aber wenn ihm wirklich etwas an mir liegen würde, wäre das wohl auch anders gegangen."

Und nun stellt Euch vor, bei dem dritten und vierten und fünften, wo Ihr nachfragt, ginge es ähnlich: Da war gerade etwas anderes echt wichtig, aber nicht Ihr.
Und wenn Ihr Euch dann ärgert, wenn Ihr enttäuscht seid und traurig, dass Ihr den anderen anscheinend gar nicht so wichtig seid, dann seid Ihr schon mitten in dieser Beispielgeschichte drin, die Jesus da erzählt:

Jesus erzählt von Gottes Einladung

Ein Hausherr lädt zu einem großen Abendmahl, zu einem Festmahl ein. Der Hausherr, das ist in Jesus Geschichte niemand anderes als Gott selber. Und die er einlädt, das sind Du und ich. Er legt auf unsere Freundschaft wert. Wir sind ihm wichtig. Und das große Festmahl, das ist in der Bibel das Bild für eine enge und gute Gemeinschaft. Ja auch für die endgültige Gemeinschaft mit Gott, die auch nach dem Tod noch hält. Zum Essen hat man damals aber nicht jedermann eingeladen. Man hat sich seine Gäste besonders sorgfältig ausgesucht.

Und jetzt merkt Gott, der einen Menschen einlädt, der ihm wichtig ist, auf einmal: Ich bin ihm, ich bin ihr eigentlich gar nicht besonders wichtig. Da ist nicht viel Interesse. Andere Interessen stehen im Vordergrund. Es gibt Wichtigeres als mich.
Jesus sagt, der eine lässt sich entschuldigen, weil er einen Acker, der andere, weil er Ochsen gekauft hat. Und der dritte, weil er geheiratet hat. Alles wichtige Dinge für die damalige Zeit, ganz gewiss. Aber sie lassen doch erkennen, ob einem der Einladende als Mensch wichtig ist oder nicht.
Sollte da Gott nicht auch enttäuscht sein, fragt Jesus. Sollte er da nicht auch traurig oder verärgert sein, wenn er selber es so ernst meint, aber die anderen reagieren gar nicht?

Und wenn nun alle absagen?

Was würdet Ihr machen, wenn lauter Absagen kommen, und Ihr habt doch eine Menge vorbereitet? Würdet ihr Euch in die Schmollecke zurückziehen und sagen: „Wenn sie nicht kommen wollen, sollen sie bleiben, wo der Pfeffer wächst. Jetzt feiere ich allein." Oder würdet Ihr ganz spontan noch jemand anders anrufen und einladen? Wenn schon die engsten Freunde nicht kommen, dann kann man es ja noch bei ein paar anderen Bekannten probieren.

Und dann nimmt diese Geschichte von Jesus eine Fortsetzung, die die Hörer damals sicher geärgert hat. Gott reagiert auf die ausgeschlagene Einladung anders: Er lässt die einladen, die die anderen, die sogenannten Anständigen, nie und immer eingeladen hätten. Er zieht nicht, wie es damals üblich war, Grenzen zwischen den Menschen, mit denen man an einem Tisch sitzt, oder von denen man sich gefälligst fern hält. Das Gesindel von der Straße, alle möglichen Menschen von zweifelhaftem Ruf lässt er einladen als Ersatz für die Anständigen oder die, die sich selbst für anständig halten.

Das ist so ähnlich, wie wenn Ihr, wenn Eure Geburtstagsgäste alle absagen, auf den Marktplatz gehen würdet und aufsammeln und einladen, was da so herumsitzt und herumsteht: drei Bettler, zwei Asylanten, einen Straßenmusiker, und am Ende vielleicht noch zwei Zeugen Jehovas.

Jesus – die Einladung Gottes in Person

Und genauso hat dieser Jesus gelebt: Er ist mit dem Knecht gemeint, den der Hausherr hinausschickt, um die Eingeladenen hereinzubitten. Er ist es, der von den Anständigen oder von denen, die sich für anständig hielten, abgewiesen wurde. Er ist es, der sich mit allem fragwürdigen Gesindel seiner damaligen Zeit abgegeben und Gottes Einladung überbracht hat. Jesus war sozusagen die lebendige Einladung Gottes. Der einladende Gott in Person.

Dass Menschen die Einladung Gottes ausschlagen, weil er ihnen nicht besonders wichtig ist, das ist in der Geschichte der Kirche immer wieder auf den sonntäglichen Kirchgang bezogen worden. So heißt es in dem Lied, das wir vorhin gesungen haben, dass schon vor 250 Jahren geklagt worden ist:
„Du rufest auch noch heutzutage, dass jedermann erscheinen soll; man höret immer deine Klage, dass nicht dein Haus will werden voll. ..."
Das ist wohl ein wenig zu einseitig. Am Kirchgang allein kann man nicht ablesen, ob Gott für einen Menschen wichtig ist. Es gibt manche ernste und ehrliche Frömmigkeit auch im sogenannten „stillen Kämmerlein". Und manche können auch wirklich nicht kommen, aus zeitlichen oder gesundheitlichen Gründen.

Unsere Entschuldigungen

Und doch scheint bei den meisten der Kirchgang ein Kapitel für sich zu sein, sonst hätte ich nicht immer wieder das gleiche Erlebnis:
Der erste Satz bei einem Besuch, bei einem Seniorenbesuch oder auch bei einem Besuch im Krankenhaus, der erste Satz gleich nach der Begrüßung ist oft genug eine Entschuldigung:
„Herr Pfarrer, das muss ich Ihnen aber gleich sagen, Sie sehen mich nicht oft in der Kirche. Das müssen Sie verstehen ..." Und dann folgen verschiedene Entschuldigungen. Obwohl ich mit keinem Wort das Thema angeschnitten habe, obwohl ich nicht wie frühere Pfarrersgenerationen vielleicht gesagt habe: „Sie sehe ich aber auch nicht in der Kirche.", hat jemand das Gefühl, er müsse sich verteidigen. Der Pfarrer, der zu Besuch kommt, scheint für bestimmte Generationen noch so etwas wie eine wandelnde Einladung Gottes zu sein.

Dass Menschen mit Entschuldigungen kommen, dass sie eine kirchliche Einladung abschlagen – bei der Einladung zum Konfirmandenunterricht passiert uns das überraschenderweise nicht: Praktisch alle jungen Menschen eines Jahrgangs mit ganz wenigen Ausnahmen lassen sich einladen. Praktisch alle kommen, wenn es soweit ist. Und so ist es auch bei Euch.
Aus welchem Grund Ihr jeweils gekommen seid, ist eine andere Frage. Aber erst einmal muss uns als Gemeinde wichtig sein: Ihr seid da. Erst einmal muss uns als Gemeinde wichtig sein: Ihr habt diese Einladung nicht ausgeschlagen.
Doch wichtig ist wie in diesem Gleichnis, um wen es eigentlich geht. Der Pfarrer lädt zwar ein. Die Kirchengemeinde lädt ein. So ähnlich wie der einladende Knecht in der Beispielgeschichte, die Jesus erzählt. Doch der Pfarrer lädt nicht zu sich ein. Er lädt zu Gott ein. Ja, eigentlich ist Gott der, der die Menschen einlädt.

Gottes ausgestreckte Hand

Was ist das für ein Gott? Dass er in dieser Geschichte so ärgerlich, zornig und enttäuscht beschrieben wird, bedeutet, dass ihm die Menschen, die er einlädt, nicht gleichgültig sind. Und so hat dieses heutige Evangelium auch eine eindeutige Botschaft: Ihr seid Gott nicht gleichgültig. Seine Einladung an Euch ist ihm ernst. Ihr seid ihm etwas wert. Er wirbt um euch. Und er gibt dabei nicht so schnell auf.
Erwachsene mögen manchmal im Umgang mit Jugendlichen schnell aufgeben. Schnell geht einem die Geduld aus, wenn einem Jugendliche auf die Nerven gehen.
Gott hat mehr Geduld, Gott sei Dank. Er hat Geduld mit den Jungen und mit den Alten, Geduld vor allem auch mit der mittleren Generation, die diese Geduld vielleicht noch mehr nötig hat. Seine zur Einladung ausgestreckte Hand bleibt lange ausgestreckt, ob nicht doch noch die Zeit und die Gelegenheit kommen kann, wo jemand einschlägt und sich einladen lässt. Erst einmal zaghaft und zurückhaltend und dann auch ernster.

Gott hat Geduld. Aber dass er auch ewig Geduld haben müsste, dass er sich ewig hinhalten ließe, vor dieser Täuschung und Berechnung warnt Jesus auch. Sehr menschlich beschreibt Jesus Gott: Er kann enttäuscht sein und ärgerlich, ja sogar eingeschnappt. Aber ich verstehe das nicht als Drohung. Es zeigt ganz einfach, wie wichtig wir ihm sind.

Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de