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Die Konfirmationspredigt vom 30. April 2000: »Unterwegs ins Leben«


Kirchenjahr

  Die Evangelische Kirche beging den Sonntag Quasimodogeniti („Wie die neugeborenen Kinder“). Der Name kommt daher, daß Taufe als geistliche Neugeburt betrachtet wird. Der Sonntag heißt auch „Weißer Sonntag“, weil in der frühen Kirche die in der Osternacht Getauften mit ihren weißen Kleidern im Gottesdienst waren. An diesem Sonntag wird in der Auferstehungskirche traditionell die Konfirmation begangen.

Predigttext

Sie können Texte auch online in der Lutherbibel nachlesen.
(Weitere Bibellinks finden Sie unter
Glaube und Leben.)

  Die Predigt stand unter dem Jahresmotto „Christus 2000. Unsere Zeit in Gottes Händen“ und ging von einem Lied von Horst Bracks aus, das dazu entstanden ist:

Predigt

  Millennium – War da nicht mal was?

Millennium - dieses Wort war noch vor einem halben Jahr in aller Munde und in allen Zeitungen. Aber wenn ich es recht sehe, hat es sich inzwischen in Luft aufgelöst, nachdem sich die Computerängste nicht bewahrheitet haben. Sind die Zukunftsängste des vergangenen Jahres also nur technische Ängste gewesen? Ich weiß nicht recht. Das was dieses ominöse Jahr 2000 Menschen innerlich bedeutet hat und auch jetzt noch bedeutet, das kommt ja nicht so sehr in die Zeitung.

Gegen solche Ängste wollte im vergangenen Jahr unsere Landeskirche ganz bewußt ein ermutigendes Wort sagen. Unsere christliche Zukunft liegt nicht im Dunkel, liegt nicht in der Hand eines namenlosen Schicksals. Sie liegt in der Hand Gottes. "Christus 2000 - Unsere Zeit in Gottes Händen". Das Bild, das Sie da vorne auf der Fahne sehen, ist zu diesem Motto entstanden.

„Bin unterwegs in meiner Zeit“ ©Horst Bracks 1999

Diese gute Boschaft, daß unsere Zeit in Gottes Händen liegt, braucht auch Lieder, die diese Botschaft transportieren. Diese Idee hatte der Bayreuther Kreisdekan Wilfried Beyhl, als er einen Liedwettbewerb ins Leben rief. Einen der Preisträger, Horst Bracks, haben wir heute unter uns. Eines seiner Lieder will er Euch Konfirmanden und uns als ganzer Gemeinde als gute Botschaft mit auf den Weg geben. "Bin unterwegs in meiner Zeit". Wer ein Gesangbuch vor sich liegen hat, findet den Text als Einlegeblatt ganz vorne. Wer ein Liedblatt hat, findet es darauf abgedruckt. Es soll in die Predigt hinein Strophe für Strophe erklingen.

Gott ist ein Gott meines Lebenslaufs

"Unsere Zeit in Gottes Händen". Das erste, was ich aus diesem Lied gelernt habe, ist: Gott ist ein Gott meines Lebenslaufs. Unterwegs sind wir als Menschen: Unterwegs auf unserem Lebensweg. Und wer unterwegs ist, hat immer auch unbekannte Zukunft vor sich. Unsere Bibel lebt von solchen Unterwegs-Geschichten: Abraham - unterwegs in seine neue Heimat. Jakob - auf der Flucht vor seinem Bruder. Mose - unterwegs mit dem Volk in das verheißene Land. Jona - auf der Flucht vor Gott und seiner Aufgabe. Jesus - unterwegs mit seinen Jüngern. Kein festes Haus ist unser Leben. Es gleicht eher einem Zelt. Zum Aufbruch bereit sein mußten alle Generationen immer wieder neu. Wie viele Orte, wie viele Berufe mögen Euch Konfirmanden bevorstehen?

Wer unterwegs ist, hat Fragen: Wer hält mich? Worauf kann ich mich verlassen? Was trägt? Daß Gott eine Antwort geben könnte auf solche Fragen. Daß Gott selbst die Antwort sein könnte, das wollten wir anstoßen in Euch. Doch er spricht leise unter den vielen lauten Stimmen dieser heutigen Zeit. Nur ein Raunen ist zu vernehmen. Es zu vernehmen, braucht die Stille.

1. Bin unterwegs in meiner Zeit und ahne staunend, was mich hält. Ist Gott in mir und um mich her? Ein Raunen rührt mein Lebenszelt: „Dein erster Atemzug, dein Ende, der Jahre Lauf und Zeitenwende, in meinen Händen halt ich deine, eure, alle Zeit der Welt, in meinen Händen halt ich deine, eure, alle Zeit der Welt.“

Gott ist ein Gott für gute und schlechte Zeiten

"Unsere Zeit in Gottes Händen". Das zweite, was ich aus diesem Lied gelernt habe, ist: Gott ist ein Gott für gute und für schlechte Zeiten. Hell und Dunkel gehört zum Leben. Die finsteren Täler, von denen der Psalm 23 vom guten Hirten spricht, bleiben nicht aus. Doch mit beidem, mit Hell und Dunkel stehen wir in seiner Hand. Er ist nicht nur ein Schönwettergott oder ein Sonntagsgott, es sei denn, wir würden ihn dazu degradieren. Daß es auch bei Euch das Dunkel gibt: Trauer, Schatten, Angst, das haben ein paar von Euch Konfirmanden uns auch hören lassen. Von anderen konnten wir es nur ahnen, denn es ist gerade in Eurem Alter nicht leicht, herauszurücken mit solchen Dingen. Hört also die gute Botschaft, daß Gott Wärme bringen will in die Kälte des Lebens und Licht in das Dunkel.

2. Bist wie ein Licht, mein Gott, wie Licht, das sich in meinem Leben bricht. Selten ein Glanz, oft nur ein Schein; auf Schattengrenzen leb ich mein zerbrechlich, lichtbedürftig Leben. Dem Sonnenaufgang gilt mein Sehnen. Manch Finsternis ist Zeit von dir, ist Raum für Trauer, Angst in mir. So neu und frisch wie Morgenrot erweck und wärm mich, Licht von Gott.

Gott schenkt Orientierung

"Unsere Zeit in Gottes Händen". Das dritte, was ich aus diesem Lied gelernt habe, ist: Gott will Orientierung schenken auf dem Lebensweg. Wer unterwegs ist, braucht Wegweisung. Wer unterwegs ist, braucht Orientierung. Er muß wissen, wo es lang geht. Unter hundert Wegen, die täglich angeboten werden, den richtigen wählen. Noch mehr als die Generationen vor Euch habt Ihr Konfirmanden auf Schritt und Tritt zu wählen: Die Vielfalt der Medien, die Vielfalt der Schulen und Schulzweige, die Vielfalt der Berufe. Lebensentscheidungen werden getroffen. Was ist das Richtige für mich? So langsam bei einigen auch schon: Wer ist der Richtige?

Wer hätte nicht Sehnsucht nach Orientierung? Die drei Weisen aus dem Morgenland hatten ihren Stern. Sie hatten ihre Träume. Auch heute noch ist Gott als Leitstern zu entdecken und zu erahnen, wenn man nach ihm Ausschau hält. Gebt euch nicht mit billigeren Antworten zufrieden.

3. Bist wie ein Stern, mein Gott, ein Stern, manchmal, unendlich weit und fern. Dein Funkeln zieht die Seele an. Sei mir ein Leitstern auf der Bahn des Lebens, das mir oft verschwimmt, oder die Kraft zum Gehen nimmt. Will ich aus diesen Nächten fliehn, seh ich dich deinen Himmel ziehn. Christ ist geborn an deinem Ort. Beglänz und leit mich, Stern von Gott.

Gott ist kein langweiliger Gott

"Unsere Zeit in Gottes Händen". Das vierte, was ich aus diesem Lied gelernt habe, ist: Gott ist kein langweiliger Gott. Die sich in den vergangenen Generationen auf ihrem Lebensweg auf diesen Gott eingelassen haben, haben mit ihm immer Überraschungen erlebt. Wie der Wind sei er, heißt es im Johannesevangelium, der einmal hierhin und dann dorthin geht. Nicht in den Griff zu kriegen. Nicht zu bändigen. Einmal als leises Säuseln, das einen eher streichelt, wie es der Prophet Elia erlebt hat. Und dann als Sturm, der einen mitreißt wie die Jünger damals an Pfingsten.

Bequem ist Gott nicht. Oftmals bürstet er Menschen gegen den Strich. Sein Wind kann einem auch ganz schön ins Gesicht wehen, wenn man eigenmächtige Wege geht. Aber sollen wir mit Langweiligerem oder Billigerem zufrieden sein?

4. Bist wie ein Wind, mein Gott, wie Wind, der tost und braust und Wellen türmt. Wehst mir mit Macht in mein Gesicht. Neig mich in dich. Mein Gleichgewicht ist Spiel der Kraft von dir und mir. Ach, rühr mich an und flüstre mir, umspiel mich, öffne mir das Ohr mit zartem Hauch, damit ich hör ein Wort von dir, voll Hoffnung, Trost, das meine Zeit, befreit, erlöst.

Gott macht Mut zur Zukunft

"Unsere Zeit in Gottes Händen". Das fünfte, was ich aus diesem Lied gelernt habe, ist: Gott macht Mut zur Zukunft. Er macht Mut zum Unterwegssein. Diesen Mut wollen wir Euch Konfirmandinnen und Konfirmanden heute mit Gebet und Segen zusprechen. Viele Eurer Konfirmationssprüche reden ja gerade von diesem Mut, den die Zukunft nötig hat: „Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.“ „Gott spricht: Ich will mir dir sein!“ „Siehe, ich bin mit dir und will dich behüten, wo du hinziehst; und will dich wieder herbringen in dies Land.“ „Denn er hat seinen Engeln befohlen, daß sie dich behüten auf allen deinen Wegen.“ „Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an der Welt Ende.“

Geht also mutig in Eure Zukunft. Geht zusammen mit anderen. Verlernt das Staunen nicht. Entdeckt den Gott, der ein Gott des Lebensweges ist. Entdeckt ihn in Euch und um Euch her. Laßt Euch nicht nur volldröhnen, sondern spitzt die Ohren, damit Ihr auch das Entscheidende, das leise Raunen, die leisen Töne nicht überhört.

5. „Sei unterwegs in deiner Zeit und spüre staunend, wer dich hält. Ich bin in dir und um dich her. Mein Raunen rührt dein Lebenszelt. Dein erster Atemzug, dein Ende, der Jahre Lauf und Zeitenwende, in meinen Händen halt ich deine, eure, alle Zeit der Welt, in meinen Händen halt ich deine, eure, alle Zeit der Welt.“

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de