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Die Predigt vom 5. April 2007 (Gründonnerstag):
»Passafest und Abendmahl«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die christliche Kirche beging den Gründonnerstag. Sein Thema ist das (letzte) Abendmahl. Evangelium (1. Lesung) war der Bericht von der Fußwaschung nach Johannes und Epistel (2. Lesung) die älteste Abendmahlsüberlieferung nach Paulus. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war die Überlieferung vom jüdischen Passafest nach 2. Mose 12:
Predigttext
Sie können Texte auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
1 Der HERR aber sprach zu Mose und Aaron in Ägyptenland: 3 Sagt der ganzen Gemeinde Israel: Am zehnten Tage dieses Monats nehme jeder Hausvater ein Lamm, je ein Lamm für ein Haus. 4 Wenn aber in einem Hause für ein Lamm zu wenige sind, so nehme er's mit seinem Nachbarn, der seinem Hause am nächsten wohnt, bis es so viele sind, dass sie das Lamm aufessen können. 5 Ihr sollt ... 6 es verwahren bis zum vierzehnten Tag des Monats. Da soll es die ganze Gemeinde Israel schlachten gegen Abend. 7 Und sie sollen von seinem Blut nehmen und beide Pfosten an der Tür und die obere Schwelle damit bestreichen an den Häusern, in denen sie's essen. 11 So sollt ihr's aber essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an euren Füßen haben und den Stab in der Hand und sollt es essen als die, die hinwegeilen; es ist des HERRN Passa. 12 Denn ich will in derselben Nacht durch Ägyptenland gehen und alle Erstgeburt schlagen in Ägyptenland unter Mensch und Vieh und will Strafgericht halten über alle Götter der Ägypter, ich, der HERR. 13 Dann aber soll das Blut euer Zeichen sein an den Häusern, in denen ihr seid: Wo ich das Blut sehe, will ich an euch vorübergehen, und die Plage soll euch nicht widerfahren, die das Verderben bringt, wenn ich Ägyptenland schlage. 14 Ihr sollt diesen Tag als Gedenktag haben und sollt ihn feiern als ein Fest für den HERRN, ihr und alle eure Nachkommen, als ewige Ordnung.
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Die Predigt
Abendmahl und Passmahl

12 Und am ersten Tage der Ungesäuerten Brote, als man das Passalamm opferte, sprachen seine Jünger zu ihm: Wo willst du, dass wir hingehen und das Passalamm bereiten, damit du es essen kannst? 13 Und er sandte zwei seiner Jünger und sprach zu ihnen: Geht hin in die Stadt, und es wird euch ein Mensch begegnen, der trägt einen Krug mit Wasser; folgt ihm, 14 und wo er hineingeht, da sprecht zu dem Hausherrn: Der Meister lässt dir sagen: Wo ist der Raum, in dem ich das Passalamm essen kann mit meinen Jüngern? 15 Und er wird euch einen großen Saal zeigen, der mit Polstern versehen und vorbereitet ist; dort richtet für uns zu. 16 Und die Jünger gingen hin und kamen in die Stadt und fanden's, wie er ihnen gesagt hatte, und bereiteten das Passalamm.
Offenbar ist unser Abendmahl auch aus der jüdischen Passafeier hervorgegangen: Als Jesus am Abend vor der Gefangennahme und der Kreuzigung zum letzten Mal mit seinen Jüngern zusammen war, haben sie wie in allen anderen Häusern Jerusalems das Passalamm miteinander gegessen. Wie viele andere aus dem ganzen Land waren sie als Festpilger in die Stadt gekommen. Nur in Jerusalem, dem Ort des Tempels, konnte damals noch Passa gefeiert werden. Pilger wurden entweder zum Essen in eine Familie eingeladen, oder man hat ihnen Räume in der Stadt zur Verfügung gestellt.
Das Passamahl fand am ersten Tag des sog. „Festes der ungesäuerten Brote“ statt. In dieser Woche hat man Fladenbrot gegessen, das ohne Sauerteig und Hefe gebacken war. Es erinnert daran, dass durch den überstürzten Aufbruch aus der Sklaverei in Ägypten der Sauerteig nicht mehr gehen konnte.
Nachdem der Jerusalemer Tempel zerstört war und es keine Opfer mehr gab, wurde Passa weiterhin zu Hause in den Familien begangen. Zur Erinnerung an das Festopfer, das man früher am Tempel dargebracht hatte, lagen nun symbolisch nur noch ein Lammknochen und ein Ei auf dem Teller in der Mitte des Tisches.

(Mit der Sederschale vor der Gemeinde:)
„Sederschale“ wird ein solcher Teller hier genannt. Seder bedeutet Ordnung, Ordnung für das häusliche Passafest. Sieben symbolische Speisen finden sich darauf: In der Mitte drei Mazzen, ungesäuertes Fladenbrot. Und außen herum: Der genannte Lammknochen mit ein wenig Fleisch und das Ei in Erinnerung an das frühere Tempelopfer. Bittere Kräuter in Erinnerung an die bittere Zeit der Sklaverei in Ägypten. (Die deutschen Juden nahmen da auch Meerrettich.) Ein braunes Fruchtmus aus Äpfeln, Nüssen und Zimt in Erinnerung an den Lehm, aus dem in Ägypten die Ziegeln gebrannt wurden. Ein Schüsselchen Salzwasser für die Tränen der damaligen Zeit. Und grünes Kraut in Erinnerung an die fruchtbare Erde. (Die deutschen Juden nahmen meistens Petersilie.)

(Wieder zur Kanzel zurück.)
Sie sehen aufgrund der symbolischen Speisen, dass es beim Passafest um die Befreiung des Volkes Israel aus der Gefangenschaft in Ägypten geht. Die Erzählung davon aus dem 2. Buch Mose ist der Predigttext des heutigen Abends:
(Text siehe oben.)

Dieses über die Jahrhunderte gefeierte Passamahl gehört zu den Wurzeln unseres Abendmahls und ist doch auch deutlich von ihm unterschieden. Vier Dinge will ich hervorheben: Wie das Passamahl ist unser Abendmahl auch ein Mahl der Befreiung, ein Mahl der Freude, ein Mahl der Gemeinschaft und ein Mahl des Aufbruchs.

Mahl der Befreiung

Zum ersten: Das Passamahl ist ein Mahl der Befreiung und Verschonung. Gott befreit sein Volk, wie es im Alten Testament heißt, „mit großer Kraft und ausgestrecktem Arm“. Blutig ging es zu. Viele mussten sterben für diese Freiheit, die man beim Passa feierte. Der Gerechtigkeit halber sei gesagt, dass auch die jüdischen Ausleger des Alten Testaments um die toten Ägypter trauern.
Jesus aber gibt am letzten Abend mit seinem Jüngern dem Ganzen eine durch und durch andere Bedeutung: Die neue Befreiung und Verschonung, die er schenkt, geschieht ohne Macht und Gewalt. Er selber gibt sich freiwillig als eine Art Opfer hin. Nun braucht es in Zukunft keine Opfer an Menschen und Tieren mehr.
Matthäus 26: Und er nahm den Kelch und dankte, gab ihnen den und sprach: Trinket alle daraus; das ist mein Blut des Bundes, das vergossen wird für viele zur Vergebung der Sünden.

Mahl der Freude

Zum zweiten: Das Passamahl ist ein Mahl der Freude. Vier Becher Wein werden beim Passafest geleert. Der Hausvater spricht über dem ersten Becher, bevor alle daraus trinken:
Gepriesen seist Du, Ewiger, unser Gott, Herr der Welt, der die Frucht des Weinstockes erschaffen. Gepriesen seist Du, der uns aus allen Völkern erwählt, und uns durch Seine Gebote geheiligt hat. Du gabst uns, Ewiger, unser Gott, in Liebe bestimmte Zeiten zur Freude, Feste und Feiertage zur Wonne, wie diesen ... die Zeit unserer Befreiung, ein Ruf zur Heiligung zum Andenken an unseren Auszug aus Ägypten. Gepriesen seist Du, der uns am Leben und bei Wohlbefinden erhielt und diese Zeit erreichen ließ.

So sollte von Hause aus eigentlich auch das Abendmahl ein freudiges und dankbares Fest sein: Dankbarkeit für die Befreiung, die Gott schenkt. Dankbarkeit, dass Gott uns am Leben erhält.
Ich weiß, diese Freude passt nur schwer zu unserer traditionellen Art, Gottesdienst und Abendmahl zu feiern. Ihre Generation und auch noch meine Generation ist so aufgewachsen und erzogen, dass das Abendmahl ein ernstes und würdiges Fest ist. Ein wenig anders sieht es schon beim Feierabendmahl aus, das wir morgen am Gründonnerstag im Gemeindehaus begehen.

Mahl der Gemeinschaft

Zum dritten: Das Passamahl ist ein Mahl der Gemeinschaft. Niemand soll an diesem Abend alleine sein. In der alten Geschichte sollten sich die Nachbarn zusammentun. Bei den späteren Passafeiern feierte man in Jerusalem mit offenen, einladenden Türen. So sagt der Hausvater nach dem Trinken des ersten Bechers, wenn er die Mazzen hochhebt:
Dies ist das Brot des Elends, das unsere Väter im Lande Ägypten gegessen haben. Jeder, der hungrig, komme und esse! Jeder, der in Not, komme und feiere mit uns das Pessachfest! Dieses Jahr – noch hier: im künftigen – im Land Israel! Dieses Jahr – noch Sklaven, im künftigen – freie Männer.
Zu dieser Feier der Gemeinschaft gehörte auch der Becher Wein für den Propheten Elia, der unangerührt auf dem Tisch stand. Sein Wiederkommen erwartete man in der Heilszeit. Und weil niemand wissen konnte, wann er kommen und als Gast einkehren könnte, hielt man immer einen Becher für ihn bereit.

So ist von Hause aus auch das Abendmahl ein Mahl der Gemeinschaft. Deswegen bin ich gegen die Sitte, die in manchen Gemeinden Einzug gehalten hat, dass jeder seinen eigenen kleinen Becher bekommt. Gut, ich weiß, das hat mit der Sorge um die Hygiene zu tun. Aber wir gehen so sauber und ordentlich mit dem Abendmahlskelch um, dass es keine Grund zur Klage geben dürfte.
Und auch beim Abendmahlsbrot würde man die Gemeinschaft noch deutlicher sehen, wenn alle an einem Tisch säßen und ein richtiges Brot teilen würden. Das tun wir deswegen auch ganz bewusst beim Feierabendmahl morgen.

Mahl des Aufbruchs

Und viertens: Das Passamahl ist ein Mahl des Aufbruchs, das Mahl derer, die auf dem Weg sind:
11 So sollt ihr's aber essen: Um eure Lenden sollt ihr gegürtet sein und eure Schuhe an euren Füßen haben und den Stab in der Hand und sollt es essen als die, die hinwegeilen.
Mitten in der Nacht sind die Israeliten damals in Ägypten aufgebrochen. Reisefertig und aufbruchsbereit haben sie gefeiert: das lange Gewand hochgegürtet, die Schuhe an den Füßen, den Wanderstab in der Hand.

Und so ist von Hause aus auch das Abendmahl ein Mahl des Aufbruchs, ein Mahl der Stärkung auf dem Lebensweg. „Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid. Ich will euch erquicken.“ Die Mühseligen und Beladenen, ob nun körperlich oder seelisch, dürfen mit der großen Erwartung zum Abendmahl kommen, dass sie Stärkung auf ihrem weiteren Lebensweg erfahren.

Als Mahl des Aufbruchs weist das Abendmahl zu guter Letzt aber auch darauf hin, dass wir Menschen einmal endgültig zum letzten Weg aufbrechen müssen. So sagte Jesus abschließend zu den Jüngern:
Matthäus 26,29: Ich sage euch: Ich werde von nun an nicht mehr von diesem Gewächs des Weinstocks trinken bis an den Tag, an dem ich von neuem davon trinken werde mit euch in meines Vaters Reich.
Wer im Glauben an Gott lebt und stirbt, wer im Glauben an ihn hier auf der Erde Abendmahl feiert, der darf sich auf ein großes gemeinsames Fest im Reich Gottes freuen. Ein Fest, von dem unsere Abendmahlsfeiern nur ein kleiner und unbedeutender Vorgeschmack sind. Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de