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Die Konfirmationspredigt vom 7. April 2002: »Schreib es dir hinter die Ohren«


Kirchenjahr

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  Die Evangelische Kirche beging den 1. Sonntag nach Ostern Quasimodogeniti („Wie die Neugeborenen“), auch „Weißer Sonntag“ genannt. In der Auferstehungskirche ist es der traditionelle Konfirmationstag. Evangelium für die Konfirmation ist Jesu Wort vom breiten und schmalen Weg. Epistel ist Aufruf, am Bekenntnis festzuhalten. Predigttext war die alttestamentliche Lesung aus den Sprüchen Kapitel 3:

Predigttext

Sie können Texte auch online nachlesen. Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.

  1 Mein Sohn, vergiß meine Weisung nicht, und dein Herz behalte meine Gebote, 2 denn sie werden dir langes Leben bringen und gute Jahre und Frieden; 3 Gnade und Treue sollen dich nicht verlassen. Hänge meine Gebote an deinen Hals und schreibe sie auf die Tafel deines Herzens, 4 so wirst du Freundlichkeit und Klugheit erlangen, die Gott und den Menschen gefallen. 5 Verlaß dich auf den HERRN von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand, 6 sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. 7 Dünke dich nicht weise zu sein, sondern fürchte den HERRN und weiche vom Bösen. 8 Das wird deinem Leibe heilsam sein und deine Gebeine erquicken.

Predigt

  Schreib dir das hinter die Ohren

"Schreib dir das ja hinter die Ohren!" So sagt man manchmal, wenn jemand sich etwas unbedingt merken soll. "Schreib dir das hinter die Ohren." Das sagen meistens die Älteren den Jüngeren: Die Eltern zu den Kindern. Die Großeltern zu den Enkeln. Sie meinen es gut. Aber oft kommt es nicht an.

"Schreib dir das hinter die Ohren." Wer weiß, wie oft Ihr als Jugendliche hört? Wer weiß, wie oft Ihr dagegen innerlich protestiert, und aus Trotz vielleicht genau das Gegenteil tut. Und Ihnen als Erwachsenen ging es wohl auch nicht anders, als Sie selber jung gewesen sind.

Woran liegt das? Wir Erwachsene sind in der Versuchung, unsere gutgemeinten Ratschläge von oben herab den jungen Menschen weiterzusagen. Von oben herab, also als die, die älter sind; als die, die reifer und erfahrener sind. Aber gutgemeinte Ratschläge werden halt nun mal von einem Jugendlichen nicht automatisch deswegen akzeptiert, weil sie von einem Älteren kommen. Und: Wir Erwachsene sind in der Versuchung, gutgemeinte Ratschläge zu geben, Gebote und Verbote, ohne sie zu diskutieren und zu begründen. Junge Menschen wollen wissen, wollen begreifen können, weswegen sie das eine tun und das andere lassen sollen. "Schreib dir das hinter die Ohren." reicht nicht, wenn nicht klar ist, weswegen. Wenn nicht klar ist, worin der Sinn liegt. Wenn nicht klar ist, wozu es gut sein soll.

Lebensweisheit aus den Sprüchen

"Schreib dir das hinter die Ohren!" So ähnlich klingt es auch aus den Worten des Konfirmations-Predigttextes für dieses Jahr. Worte aus dem Buch der Sprüche Salomos, einer großen Sammlung von Lebensweisheiten. Sie können den Abschnitt auf Ihrem Gottesdienstprogramm in der Lutherübersetzung lesen. Hören Sie ihn in einer moderneren Übersetzung:

1 Mein Kind, vergiss nicht, was ich dir beigebracht habe; behalte meine Anweisungen im Gedächtnis! 2 Dadurch sicherst du dir ein langes, erfülltes Leben. 3 An Liebe und Treue zu anderen soll es bei dir niemals fehlen. Schmücke dich damit wie mit einer Halskette! Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens. 4 So findest du Beifall und Anerkennung bei Gott und den Menschen. 5 Verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern setze dein Vertrauen ungeteilt auf den HERRN! 6 Denk an ihn bei allem, was du tust; er wird dir den richtigen Weg zeigen. 7 Halte dich nicht selbst für klug und erfahren, sondern nimm den HERRN ernst und bleib allem Unrecht fern! 8 Das ist eine Medizin, die dich rundum gesund erhält und deinen Körper erfrischt.

Auf die Tafel des Herzens schreiben

"Schreib dir das hinter die Ohren." So sagen wir bildhaft, wenn etwas nicht einfach zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus soll. Dauerhafter, fester soll es aufgehoben werden, weil es wichtig ist. "Schreib dir das hinter die Ohren!" Mit einem ähnlichen, mit einem vergleichbaren Bild wird es auch hier bei den Ratschlägen aus den Sprüchen Salomos ausgedrückt: Schmücke dich damit wie mit einer Halskette! Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens.

"Hänge meine Gebote an deinen Hals." "Schmücke dich mit ihnen wie mit einer Halskette." Also: Habe sie immer bei dir. Habe sie griffbereit. Vergiss sie nicht. Aber nicht nur äußerlich, sondern auch innerlich: "Schreibe sie auf die Tafel deines Herzens." Also: Präge dir das Wichtige innerlich ein, wo es nicht gleich wieder vergessen oder weggewischt werden kann. Be-herzige, was wichtig ist.

Es geht um das Leben

Welche Gebote, welche Weisungen sind hier gemeint? Der Vater, der hier im Buch der Sprüche zu seinem Kind redet, redet zwar auch als der Erfahrenere und Ältere. Aber er kommt nicht mit seinen eigenen Lebensweisheiten. Gottes Gebote – mit denen hat er gute Erfahrungen gemacht. Die will er auch der nächsten Generation weitergeben. Und in einem zweiten unterscheidet er sich von manchem menschlichen Vater: Er drängt sich nicht auf. Er wirbt um Zustimmung. Er begründet, was er sagt. Nicht weil ich der Ältere bin, sollst du auf mich hören, sondern weil es sich lohnt. Weil es etwas bringt, würde man heute vielleicht sagen. Mit den Worten aus den Sprüchen:

1 Mein Kind, vergiss nicht, was ich dir beigebracht habe; behalte meine Anweisungen im Gedächtnis! 2 Dadurch sicherst du dir ein langes, erfülltes Leben. 4 So findest du Beifall und Anerkennung bei Gott und den Menschen. 8 Das ist eine Medizin, die dich rundum gesund erhält und deinen Körper erfrischt.

Ums Leben geht es also. Darum, dass das Leben gelingt. Darum, dass etwas aus dem Leben wird. Dass die eigenen Tage, die eigene Zeit und die eigene Kraft nicht verschleudert und vergeudet werden. Das Leben ist es ja schließlich wert, dass man etwas daraus macht, ein jeder nach seinen Gaben und Fähigkeiten. Ein langes Leben, ein erfülltes Leben wird dem versprochen, der Gottes Gebote beherzigt.

Die Zehn Gebote einmal anders

Leben mit Gott und seinen Weisungen soll sich lohnen. Deswegen die Zehn Gebote einmal anders unter dem Gesichtspunkt: Was bringt's?

Das erste: Es lohnt sich, danach zu suchen und zu fragen, was den wichtigsten Rang im Leben einnehmen soll. Wer will schon seine Kraft und seine Seele an das Zweitwichtigste vergeuden?

Das zweite: Es lohnt sich, das zu respektieren, was anderen heilig ist: ihren Namen, ihre Ehre, ihre Würde, ihren Glauben. Dann werden sie es auch bei uns tun.

Das dritte: Es lohnt sich, Leib und Seele einen Ruhetag zu gönnen. Wer sich am Montag vom Sonntag ausruhen muss, wer sich nach dem Urlaub vom Urlaub erholen muss, hat sich garantiert nichts Gutes getan.

Das vierte: Es lohnt sich, auf ein gutes Verhältnis zwischen den Generationen bedacht zu sein. Jeder wird einmal selbst Kinder haben. Jeder wird einmal alt werden.

Das fünfte: Es lohnt sich, das Lebensrecht des Mitmenschen zu respektieren, weil man dann auch selbst mit dem seinen respektiert werden wird.

Das sechste: Es lohnt sich, dem anderen treu zu sein, dann kann man sich selbst auf diese Treue auch verlassen.

Das siebte: Es lohnt sich, Besitz und Eigentum anderer zu akzeptieren, dann braucht man auch keine Angst um das eigene zu haben.

Das achte: Es lohnt sich, ehrlich zu sein, dann kann man sich auch auf die Ehrlichkeit anderer verlassen.

Das neunte und zehnte: Es lohnt sich, zufrieden zu sein mit dem Eigenen, sonst wird man mit heraushängender Zunge und chronisch leerem Geldbeutel immer dem neuesten Schrei hinterherhetzen.

Den richtigen Weg finden

Ums Leben geht es. Es soll nicht verplempert werden. Um die Zeit geht es. Sie soll nicht vergeudet werden. Um das Ziel geht es. Der rechte Weg soll nicht verfehlt werden. Oder mit den Worten aus den Sprüchen:

5 Verlass dich nicht auf deinen Verstand, sondern setze dein Vertrauen ungeteilt auf den HERRN! 6 Denk an ihn bei allem, was du tust; er wird dir den richtigen Weg zeigen. 7 Halte dich nicht selbst für klug und erfahren, sondern nimm den HERRN ernst und bleib allem Unrecht fern!

Um die rechte Richtung für das eigene Leben geht es in diesen Worten: Wie soll es weitergehen in der Schule? Welchen Beruf soll ich ergreifen? Auf welchen Menschen ist Verlass, dass es sich lohnt, sich mit Haut und Haaren an ihn zu binden? Wo kann ich mich engagieren und einsetzen für das Ganze, dass ich meine Kraft und Zeit nicht nur egoistisch für mich selbst behalte? Was kann ich tun, dass mein Leben nicht umsonst war, und kein Hahn mehr nach mir kräht, wenn ich nicht mehr da bin? Wo geht's lang? Was ist der richtige Weg?

Das Ja der Konfirmation

Setze dein Vertrauen ungeteilt auf den HERRN! 6 Denk an ihn bei allem, was du tust; er wird dir den richtigen Weg zeigen.

Dazu werdet Ihr heute eingeladen: Euer Vertrauen auf Gott zu setzen, was Eure Zukunft angeht. Dazu sollt Ihr ja sagen. Ihr sollt ja sagen auf diese Frage, die auch Generationen vor Euch schon gestellt worden ist: "Wollt Ihr unter Jesus Christus, Eurem Herrn, leben; im Glauben an ihn wachsen und als evangelische Christen in seiner Gemeinde bleiben?" Ihr werdet ja sagen. Das ist eine alte Erfahrung. Viele von Euch werden aber noch gar nicht recht begriffen haben, wozu sie da ja sagen. Für manche wird es ein reines Lippenbekenntnis bleiben in diesem Protestalter. Auch das ist eine alte Erfahrung.

Aber wir vertrauen darauf, dass das letzte Wort über Euren Glauben noch nicht gesprochen ist. Wir vertrauen darauf, dass Ihr noch hineinwachsen könnt wie in einen Anzug, der euch im Moment noch zu groß ist.

Wie ein solcher zu groß geratener Anzug, wie ein weiter Mantel umgebe Euch der Segen, den wir Euch dann zusprechen: "Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist gebe Dir seine Gnade: Schutz und Schirm vor allem Bösen, Stärke und Hilfe zu allem Guten, dass du be­wahrt werdest im rechten Glauben zum ewigen Leben." Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de