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Die Predigt |
Ertragt einer den
andern ...
Trauungen haben wir in unserer Auferstehungskirche eigentlich zu wenige
im Vergleich zu unserer Gemeindegliederzahl. Das hat vor allem damit
zu tun, dass uns diese Generation der unverheirateten jungen Menschen
im Altersaufbau eher fehlt. Das hat auch damit zu tun, dass unsere
von ihrer Ausstattung her eher nüchterne und einfache Kirche
manchen für diesen festlichen Tag nicht so sehr zusagt. So habe
ich mich über die gestrige Trauung natürlich gefreut. Zwei
junge Menschen haben einander die Treue versprochen in guten und in
bösen Tagen, bis der Tod sie scheidet. Für sie scheinen
die Worte aus dem Epheserbrief, die uns heute zum Nachdenken aufgegeben
sind, am ehesten zu passen:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig
lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in
Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht,
zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein
Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer
Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater
aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Ihr habt ja gesagt. Nun lebt auch danach. Geht sanft und geduldig
miteinander um. Ertragt einander, da wo ihr euch an euren Unterschieden
reibt. Wahrt die Einigkeit untereinander. Lebt eure Ehe als Christen,
die wissen, dass sie zu einem Leib Christi gehören, einen heiligen
Geist haben, und von einer Hoffnung getragen sind. Bedenkt, dass euch
ein Gott, ein Glaube und eine Taufe verbinden.
Wer und wo ist Gemeinde?
Und doch sind diese Worte nicht zuerst an ein Ehepaar gerichtet, sondern
an eine ganze christliche Gemeinde. Worte an die Christen in der Stadt
Ephesus, deren Ruinen noch heute an der türkischen Mittelmeerküste
zu finden sind. Eine ganz bestimmte Zeit und ein ganz bestimmter Ort
also, und doch Worte, die irgendwie zeitlos sind und genauso auch
für heute morgen gelten.
Wer sollte sie hören? Wen verbindet die Einigkeit im Glauben?
Wer ist Gemeinde?
Gemeinde, das sind, wie schon gesagt, im Kleinsten zwei Eheleute,
die als Christen miteinander leben. Gemeinde, das ist eine christliche
Familie. Gemeinde, das sind die Gruppen und Kreise unserer Kirchengemeinde.
Gemeinde, das sind wir, die wir heute morgen miteinander im Gottesdienst
sitzen. Gemeinde, das ist die ganze Kirchengemeinde. Gemeinde, das
ist auch die Evangelische Allianz mit den landeskirchlichen und freikirchlichen
Gemeinden in Bayreuth. Gemeinde, das ist die Arbeitsgemeinschaft christlicher
Kirchen in Bayreuth, in der wir uns auch mit Katholiken und Reformierten
vereinen.
Alt und Jung im Gottesdienst
Damit es aber keine Predigt aus dem Fenster hinaus wird an Menschen,
die nicht da sind, hören Sie doch bewusst als Gottesdienstgemeinde
hin. Vergewissern Sie sich, wer neben Ihnen sitzt und vor Ihnen und
hinter Ihnen - ganz bewusst oder nur zufällig. Fühlen Sie
sich persönlich angesprochen:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig
lebt, mit der ihr berufen seid. …
Ich unterbreche: Mit Berufung ist hier die Taufe gemeint, die uns
alle bzw. fast alle verbindet.
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig
lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in
Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht,
zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein
Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer
Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater
aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Ziemlich verschieden sind wir, die wir heute morgen hier sitzen: von
Herkunft, Alter und unserer Art zu glauben her. Aber, was uns eint,
ist viel größer als die Unterschiede: Wir gehören
durch die gemeinsame Taufe zu einem Leib Christi. Uns durchdringt
ein und derselbe Heilige Geist. Wir haben dieselbe Hoffnung auf das
Gelingen unseres Lebens. Wir haben einen Herrn Jesus Christus. Wir
haben gemeinsam das Glaubensbekenntnis gesprochen. Wir gründen
uns auf derselben Taufe. Wir haben einen Gott und Vater.
Wie ernst nehmen wir das? Nehmen die Älteren ernst, dass der
eher unaufmerksame Konfirmand dort vorne oder dort hinten in Gottes
Augen nicht größer und nicht kleiner ist als sie? Und umgekehrt:
Nehmen die Jungen ernst, dass der oder die schrullige Alte weiter
hinten vor Gott dieselbe Würde hat?
Die Augen aufmachen
Seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit.
Von Haus aus, von der Taufe her, von Gott her gesehen ist diese Einigkeit
da. Wir müssen sie nicht erst machen. Aber wir sollen sie, wie
es hier heißt, „wahren“: also wahr machen, in die
Tat umsetzen. Wahren und be-wahren.
Dass wir uns hier in dieser Kirche nicht alle von Herzen mögen,
dass nicht jeder mit jedem kann, dass manche sich nicht viel zu sagen
haben, dass mancher über jemand anders vielleicht auch ein wenig
brummelt, das ist menschlich. Deswegen heißt es auch nicht:
„Liebt einander.“ Sondern: „Ertragt einer den andren
in der Liebe." Er-tragt einander! Tragt einander!
Sind wir z.B. aufmerksam genug? Haben wir Augen füreinander?
Oder kann es vorkommen, dass jemand hierher kommt, und nach einer
Stunde wieder geht, ohne dass jemand ein Wort zu ihm gesagt hat, und
er oder sie hat vielleicht sehnsüchtig darauf gewartet, dass
ihn jemand anspricht? Kann es sein, dass jemand zum ersten Mal da
ist, jemand, den man nicht kennt, und keiner traut sich, auf ihn zu
zugehen und ihn willkommen zu heißen?
Ökumene an der Basis
Und doch noch ein Wort über unsere Gottesdienstgemeinde heute
morgen hinaus: In zwei Wochen, am letzten Sonntag im September, dem
Sonntag um den Michaelstag herum, feiern wir hier in unserer Kirche
wieder den inzwischen traditionellen ökumenischen Gottesdienst
mit unserer katholischen Nachbargemeinde St. Hedwig. An der sog. Basis,
also von Gemeindeglied zu Gemeindeglied, von Nachbar zu Nachbar, von
Mensch zu Mensch ist das Verhältnis zwischen Katholiken und Evangelischen
kein Thema. Wer fragt in den Vereinen, im Wirtshaus, in der Nachbarschaft
nach der Konfession? In unseren Gemeindegruppen sind Katholiken, in
unseren Gottesdiensten ebenso. Interessiert es Sie, ob der, der neben
Ihnen sitzt, evangelisch ist oder katholisch? Wissen Sie es überhaupt
im Einzelfall?
Trotz allem haben sich natürlich unsere Kirchen über 500
Jahre hinweg nebeneinander entwickelt, und man kann diese Entwicklung
nicht einfach von heute auf morgen ungeschehen machen. Umso wichtiger
ist es, miteinander zu feiern, miteinander zu singen, zu beten und
hinterher zu reden.
Deswegen noch einmal diese Worte, aber nun bewusst gehört im
Blick auf unser ökumenisches Miteinander:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig
lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in
Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht,
zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein
Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer
Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater
aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Nicht nur von der Ökumene reden
Jawohl, bei allem, was unsere beiden Konfessionen noch trennt, v.
a. die Frage des Priesteramtes und des Abendmahls: Wir sprechen dasselbe
Glaubensbekenntnis. Wir glauben an denselben Gott. Wir haben denselben
Heiligen Geist. Wir sind ein Leib Christi. Uns verbindet dieselbe
christliche Hoffnung. Wir haben einen Herrn und leben aus einer Taufe.
Leben wir, wie es hier heißt, dieser Berufung würdig? Wahren
wir Einigkeit? Machen wir sie wahr? Es sind sicher noch viele Schritte
zu gehen. Aber ich bin im Blick zurück überzeugt: Wir sind
schon mehr ökumenische Schritte gegangen, als wir noch vor uns
haben. Der Weg, der vor uns liegt, ist kürzer als der, den wir
hinter uns haben. Wenn Gott mir eine für die heutige Zeit erwartbare
Lebenszeit schenkt, dann rechne ich fest damit, dass die Abendmahlsgemeinschaft
zwischen unseren Kirchen noch zu meinen Lebzeiten kommt.
Von einigen Katholiken habe ich in den letzten Tagen schon gehört,
dass sie sich auf den Gottesdienst und die anschließende Begegnung
am übernächsten Sonntag freuen. Tun wir das auch?
Und übrigens: Beim Gottesdienst für die Schulanfänger
am Dienstag und beim Schulanfangsgottesdienst am Mittwoch beteiligt
sich auch der neue Kaplan von St. Hedwig. Auch das hatten wir schon
lange nicht mehr. Lauter kleine ermutigende Zeichen. Lauter Mosaiksteine,
die das Gesamtbild mehr und mehr füllen.
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig
lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in
Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht,
zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein
Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer
Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater
aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Amen |
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