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predigt[e].de

Die Predigt vom 14. September 2008 (17. Sonntag nach Trinitatis):
»Nicht nur von der Ökumene reden«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 17. Sonntag nach Trinitatis. Sein Thema ist die Kraft des Glaubens. Evangelium (1. Lesung) war Jesu Begegnung mit der kanaanäischen Frau und Epistel (2. Lesung) der Hinweis des Paulus auf die rettende Kraft des Glaubens. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war aus dem Brief an die Epheser Kapitel 4:
Predigttext
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Der Predigttext
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
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Die Predigt
Ertragt einer den andern ...

Trauungen haben wir in unserer Auferstehungskirche eigentlich zu wenige im Vergleich zu unserer Gemeindegliederzahl. Das hat vor allem damit zu tun, dass uns diese Generation der unverheirateten jungen Menschen im Altersaufbau eher fehlt. Das hat auch damit zu tun, dass unsere von ihrer Ausstattung her eher nüchterne und einfache Kirche manchen für diesen festlichen Tag nicht so sehr zusagt. So habe ich mich über die gestrige Trauung natürlich gefreut. Zwei junge Menschen haben einander die Treue versprochen in guten und in bösen Tagen, bis der Tod sie scheidet. Für sie scheinen die Worte aus dem Epheserbrief, die uns heute zum Nachdenken aufgegeben sind, am ehesten zu passen:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Ihr habt ja gesagt. Nun lebt auch danach. Geht sanft und geduldig miteinander um. Ertragt einander, da wo ihr euch an euren Unterschieden reibt. Wahrt die Einigkeit untereinander. Lebt eure Ehe als Christen, die wissen, dass sie zu einem Leib Christi gehören, einen heiligen Geist haben, und von einer Hoffnung getragen sind. Bedenkt, dass euch ein Gott, ein Glaube und eine Taufe verbinden.

Wer und wo ist Gemeinde?

Und doch sind diese Worte nicht zuerst an ein Ehepaar gerichtet, sondern an eine ganze christliche Gemeinde. Worte an die Christen in der Stadt Ephesus, deren Ruinen noch heute an der türkischen Mittelmeerküste zu finden sind. Eine ganz bestimmte Zeit und ein ganz bestimmter Ort also, und doch Worte, die irgendwie zeitlos sind und genauso auch für heute morgen gelten.
Wer sollte sie hören? Wen verbindet die Einigkeit im Glauben? Wer ist Gemeinde?
Gemeinde, das sind, wie schon gesagt, im Kleinsten zwei Eheleute, die als Christen miteinander leben. Gemeinde, das ist eine christliche Familie. Gemeinde, das sind die Gruppen und Kreise unserer Kirchengemeinde. Gemeinde, das sind wir, die wir heute morgen miteinander im Gottesdienst sitzen. Gemeinde, das ist die ganze Kirchengemeinde. Gemeinde, das ist auch die Evangelische Allianz mit den landeskirchlichen und freikirchlichen Gemeinden in Bayreuth. Gemeinde, das ist die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Bayreuth, in der wir uns auch mit Katholiken und Reformierten vereinen.

Alt und Jung im Gottesdienst

Damit es aber keine Predigt aus dem Fenster hinaus wird an Menschen, die nicht da sind, hören Sie doch bewusst als Gottesdienstgemeinde hin. Vergewissern Sie sich, wer neben Ihnen sitzt und vor Ihnen und hinter Ihnen - ganz bewusst oder nur zufällig. Fühlen Sie sich persönlich angesprochen:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid. …
Ich unterbreche: Mit Berufung ist hier die Taufe gemeint, die uns alle bzw. fast alle verbindet.
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Ziemlich verschieden sind wir, die wir heute morgen hier sitzen: von Herkunft, Alter und unserer Art zu glauben her. Aber, was uns eint, ist viel größer als die Unterschiede: Wir gehören durch die gemeinsame Taufe zu einem Leib Christi. Uns durchdringt ein und derselbe Heilige Geist. Wir haben dieselbe Hoffnung auf das Gelingen unseres Lebens. Wir haben einen Herrn Jesus Christus. Wir haben gemeinsam das Glaubensbekenntnis gesprochen. Wir gründen uns auf derselben Taufe. Wir haben einen Gott und Vater.
Wie ernst nehmen wir das? Nehmen die Älteren ernst, dass der eher unaufmerksame Konfirmand dort vorne oder dort hinten in Gottes Augen nicht größer und nicht kleiner ist als sie? Und umgekehrt: Nehmen die Jungen ernst, dass der oder die schrullige Alte weiter hinten vor Gott dieselbe Würde hat?

Die Augen aufmachen

Seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit.
Von Haus aus, von der Taufe her, von Gott her gesehen ist diese Einigkeit da. Wir müssen sie nicht erst machen. Aber wir sollen sie, wie es hier heißt, „wahren“: also wahr machen, in die Tat umsetzen. Wahren und be-wahren.
Dass wir uns hier in dieser Kirche nicht alle von Herzen mögen, dass nicht jeder mit jedem kann, dass manche sich nicht viel zu sagen haben, dass mancher über jemand anders vielleicht auch ein wenig brummelt, das ist menschlich. Deswegen heißt es auch nicht: „Liebt einander.“ Sondern: „Ertragt einer den andren in der Liebe." Er-tragt einander! Tragt einander!
Sind wir z.B. aufmerksam genug? Haben wir Augen füreinander? Oder kann es vorkommen, dass jemand hierher kommt, und nach einer Stunde wieder geht, ohne dass jemand ein Wort zu ihm gesagt hat, und er oder sie hat vielleicht sehnsüchtig darauf gewartet, dass ihn jemand anspricht? Kann es sein, dass jemand zum ersten Mal da ist, jemand, den man nicht kennt, und keiner traut sich, auf ihn zu zugehen und ihn willkommen zu heißen?

Ökumene an der Basis

Und doch noch ein Wort über unsere Gottesdienstgemeinde heute morgen hinaus: In zwei Wochen, am letzten Sonntag im September, dem Sonntag um den Michaelstag herum, feiern wir hier in unserer Kirche wieder den inzwischen traditionellen ökumenischen Gottesdienst mit unserer katholischen Nachbargemeinde St. Hedwig. An der sog. Basis, also von Gemeindeglied zu Gemeindeglied, von Nachbar zu Nachbar, von Mensch zu Mensch ist das Verhältnis zwischen Katholiken und Evangelischen kein Thema. Wer fragt in den Vereinen, im Wirtshaus, in der Nachbarschaft nach der Konfession? In unseren Gemeindegruppen sind Katholiken, in unseren Gottesdiensten ebenso. Interessiert es Sie, ob der, der neben Ihnen sitzt, evangelisch ist oder katholisch? Wissen Sie es überhaupt im Einzelfall?
Trotz allem haben sich natürlich unsere Kirchen über 500 Jahre hinweg nebeneinander entwickelt, und man kann diese Entwicklung nicht einfach von heute auf morgen ungeschehen machen. Umso wichtiger ist es, miteinander zu feiern, miteinander zu singen, zu beten und hinterher zu reden.

Deswegen noch einmal diese Worte, aber nun bewusst gehört im Blick auf unser ökumenisches Miteinander:
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.

Nicht nur von der Ökumene reden

Jawohl, bei allem, was unsere beiden Konfessionen noch trennt, v. a. die Frage des Priesteramtes und des Abendmahls: Wir sprechen dasselbe Glaubensbekenntnis. Wir glauben an denselben Gott. Wir haben denselben Heiligen Geist. Wir sind ein Leib Christi. Uns verbindet dieselbe christliche Hoffnung. Wir haben einen Herrn und leben aus einer Taufe.

Leben wir, wie es hier heißt, dieser Berufung würdig? Wahren wir Einigkeit? Machen wir sie wahr? Es sind sicher noch viele Schritte zu gehen. Aber ich bin im Blick zurück überzeugt: Wir sind schon mehr ökumenische Schritte gegangen, als wir noch vor uns haben. Der Weg, der vor uns liegt, ist kürzer als der, den wir hinter uns haben. Wenn Gott mir eine für die heutige Zeit erwartbare Lebenszeit schenkt, dann rechne ich fest damit, dass die Abendmahlsgemeinschaft zwischen unseren Kirchen noch zu meinen Lebzeiten kommt.
Von einigen Katholiken habe ich in den letzten Tagen schon gehört, dass sie sich auf den Gottesdienst und die anschließende Begegnung am übernächsten Sonntag freuen. Tun wir das auch?
Und übrigens: Beim Gottesdienst für die Schulanfänger am Dienstag und beim Schulanfangsgottesdienst am Mittwoch beteiligt sich auch der neue Kaplan von St. Hedwig. Auch das hatten wir schon lange nicht mehr. Lauter kleine ermutigende Zeichen. Lauter Mosaiksteine, die das Gesamtbild mehr und mehr füllen.
4 1 So ermahne ich euch nun, dass ihr der Berufung würdig lebt, mit der ihr berufen seid, 2 in aller Demut und Sanftmut, in Geduld. Ertragt einer den andern in Liebe 3 und seid darauf bedacht, zu wahren die Einigkeit im Geist durch das Band des Friedens: 4 ein Leib und ein Geist, wie ihr auch berufen seid zu einer Hoffnung eurer Berufung; 5 ein Herr, ein Glaube, eine Taufe; 6 ein Gott und Vater aller, der da ist über allen und durch alle und in allen.
Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de