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Die Predigt |
Fröhliche
Lieder gegen die traurige Zeit
Am 12. März 1607, also morgen vor 400 Jahren wurde der Liederdichter
Paul Gerhardt geboren. Er ist mitten im 30jährigen Krieg aufgewachsen
und hat um sich herum und in der Familie viel Leid gesehen. Nach seinem
Theologiestudium arbeitete er erst als Hauslehrer in Berlin. Pfarrstellen
und Gemeinden, die einen Pfarrer ernähren konnten, gab es in
dem Drunter und Drüber der Nachkriegszeit erst einmal nur wenige.
In dieser Zeit als Hauslehrer entstehen seine ersten Lieder. Mit fröhlichen
Glaubens- und Vertrauenslieder dichtet er gegen die schlimme Zeit
an. Aufgrund seines Glaubens ist er der sprichwörtliche Optimist,
der immer das halbvolle und nicht das halbleere Glas sieht. Er blickt
hoffnungsvoll vor aus und hält immer daran fest, dass Gott bessere
Tage schenken wird. Das, was jetzt ist, hat nicht das letzte Wort.
Eine zweite Schaffensperiode folgt, als er 1651 44jährig seine
erste Pfarrstelle erhält: in Mittenwalde, südlich von Berlin.
In diese Zeit gehört auch das Lied, das wir jetzt miteinander
und mit dem Chor durchsingen und durchdenken wollen. Nr. 324 im Gesangbuch:
„Ich singe dir mit Herz und Mund“.
Sehr viel ist zu diesem Lied wegen seiner weitgehend verständlichen
Sprache eigentlich gar nicht zu sagen. Wichtig ist v.a., seinen Aufbau
zu verstehen. Wichtig ist, sich durch den Glauben Paul Gerhardts den
eigenen Glauben stärken zu lassen.
18 Strophen hat das Lied. (Paul Gerhardts Lieder haben meistens viele
Strophen und werden selten ganz gesungen.) Aus drei Teilen besteht
das Lied, dreimal sechs Strophen. 1-6: Was Gott uns im Alltag alles
Gutes tut. 7-12: Was Gott uns persönlich schenkt in guten und
in bösen Tagen. 13-18: Dass wir Mut zum Glauben und Leben haben
sollen.
Was Gott uns im Alltag Gutes tut
Die ersten sechs Strophen: Paul Gerhardt besingt Gottes Wohltaten
in unserem Alltag. Alles, was man allzu leicht vergisst, was man leicht
für selbstverständlich erachtet, worauf man immer wieder
neu gestoßen werden muss.
In der ersten drei Strophen wendet er sich an Gott. Sie sind wie ein
Glaubensbekenntnis. Paul Gerhardt singt von seinem Glauben und von
seiner Überzeugung.
1. Ich singe dir mit Herz und Mund, Herr, meines Herzens Lust;
ich sing und mach auf Erden kund, was mir von dir bewusst.
Die erste Strophe ist die Überschrift: In diesem Lied will Paul
Gerhardt sagen, was er von Gott weiß, was er im Laufe seines
Lebens gelernt hat, was ihm nun also von Gott bewusst ist. Er singt
mit Herz und Mund. Er singt innerlich und äußerlich. Er
singt still und hörbar. Er singt für sich und er lädt
andere, lädt uns zum Mitsingen ein. Was ihm von Gott bewusst
ist, das soll die ganze Welt wissen.
2. Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad und ewge Quelle
bist, daraus uns allen früh und spat viel Heil und Gutes fließt.
Was weiß Paul Gerhardt von Gott? Was ist ihm von Gott bewusst?
Gott ist wie ein Brunnen, wie eine Quelle. Aber nicht ein Brunnen,
aus dem Wasser fließt, sondern ein Brunnen, aus dem Gnade fließt.
Heil und Gutes kommt aus Gott. Früh und spat, früh und spät,
den ganzen Tag.
3. Was sind wir doch? Was haben wir auf dieser ganzen Erd, das
uns, o Vater, nicht von dir allein gegeben werd?
Aus dem, was uns Gott täglich schenkt, leben wir. Was wir bekommen,
kommt von ihm, von wem sonst? Wir können es uns nicht alleine
und aus eigener Kraft schenken. Was sind wir denn schon? Ohne, dass
er täglich für uns sorgt, sind wir nichts.
Der Kirchenchor singt die ersten drei Strophen, davon die erste als
Kanon.
Was man allzu leicht vergisst
Von Gottes täglichen Wohltaten singen die ersten sechs Strophen.
Erst richtete sich Paul Gerhardt an Gott, und nun an die Hörer,
an uns und andere. Und er fragt uns: Was meinst du denn, wo alles
her kommt, was da täglich um dich herum ist? Meinst du gar, es
ist selbstverständlich? Hast du dich vielleicht allzu sehr daran
gewöhnt?
4. Wer hat das schöne Himmelszelt hoch über uns gesetzt?
Wer ist es, der uns unser Feld mit Tau und Regen netzt?
Schau nach oben. Wer, meinst du, hat den Himmel gemacht. Hoch über
uns. Wer, meinst du, schenkt uns den Regen, den die Felder brauchen?
Du selbst vielleicht?
5. Wer wärmet uns in Kält und Frost? Wer schützt
uns vor dem Wind? Wer macht es, dass man Öl und Most zu seinen
Zeiten find't?
Wer, meinst du, sorgt dafür, dass wir im Winter nicht erfrieren?
Dass wir keine Sturmkatastrophen haben? Dass die Natur zur rechten
Zeit ihren Ertrag schenkt? Liegt das vielleicht in deiner Macht, Mensch?
6. Wer gibt uns Leben und Geblüt? Wer hält mit seiner
Hand den güldnen, werten, edlen Fried in unserm Vaterland?
Wer schenkt und erhält uns das Leben und die Gesundheit? Wer
hat nach dem 30jährigen Krieg Frieden geschenkt? Wer hat uns
seit dem 2. Weltkrieg den Frieden erhalten? Ist das vielleicht unser
Verdienst?
Wir singen miteinander die Strophen 4-6.
Was Gott uns persönlich schenkt in guten und in bösen
Tagen
Von Gottes Wohltaten im Alltag. Von dem, was wir leicht für selbstverständlich
halten, handelten die ersten sechs Strophen. Wer macht das alles?
Wer erhält das alles? Wer schenkt es uns? Paul Gerhardt gibt
die Antwort und wendet sich dazu an Gott. Du, Gott, bist es, der uns
das alles schenkt. Sechs Strophen über die Natur, über die
Schöpfung.
Nun folgen sechs Strophen über den Menschen. Nicht was Gott in
der Natur ums uns herum, sondern was er in unserem persönlichen
Leben Gutes tut. Und die sind wiederum geteilt: Drei Strophen über
die guten Tage und drei Strophen über die bösen Tage.
7. Ach Herr, mein Gott, das kommt von dir, du, du musst alles
tun, du hältst die Wach an unsrer Tür und lässt uns
sicher ruhn.
Gott, du wachst über uns. Du gibst auf uns acht. Du sorgst für
uns. Du schenkst uns Sicherheit. Wenn wir dich haben, können
wir uns ruhig und ohne Angst zu Bett legen.
8. Du nährest uns von Jahr zu Jahr, bleibst immer fromm und
treu und stehst uns, wenn wir in Gefahr geraten, treulich bei.
Du, Gott, schenkst uns, was wir zum Leben brauchen. Du bist treu.
Wenn wir in Gefahr geraten, bist du an unserer Seite. Zuverlässig
bist du. (Das ist die ursprüngliche Bedeutung des Wortes „fromm“,
wie wir es auch von „O Gott, du frommer Gott“ kennen.
Der fromme Gott ist der gute und verlässliche Gott.)
9. Du strafst uns Sünder mit Geduld und schlägst nicht
allzusehr, ja endlich nimmst du unsre Schuld und wirfst sie in das
Meer.
Wenn wir etwas Böses tun, Gott, dann hast du lange Geduld mit
uns, bevor du uns strafst. Ja, und wenn du dann wirklich strafen musst,
dann nicht allzu sehr. So wie ein Vater, der mächtig ausholt,
um dann kurz zuvor doch abzubremsen. Ja, am Ende behaftest du uns
nicht bei unserer Schuld, sondern vergibst sie uns und nimmst sie
uns weg, dorthin, wo das Meer am tiefsten ist und wo niemand mehr
heran kommt.
Wir singen miteinander die Strophen 7-9.
In guten wie in bösen Tagen
Drei Strophen über das, was Gott uns in guten Zeiten schenkt.
Und nun auch die bösen Tage. Auch da ist er an unserer Seite:
10. Wenn unser Herze seufzt und schreit, wirst du gar leicht erweicht
und gibst uns, was uns hoch erfreut und dir zur Ehr gereicht.
Wenn es uns schlecht geht, wenn wir leiden müssen, wenn wir bloß
noch seufzen oder schreien können, dann hörst du uns. Du
lässt dich erweichen. Du stellst dich nicht taub. Du schenkst
uns, was uns wieder froh macht.
11. Du zählst, wie oft ein Christe wein und was sein Kummer
sei; kein Zähr- und Tränlein ist so klein, du hebst und
legst es bei.
Du kennst unseren Kummer. Du weißt, was uns bedrückt und
was uns Not macht. Du kennst die stillen und heimlichen Tränen,
die wir weinen, wenn uns niemand zuschaut. Jede noch so kleine Träne
kennst du.
12. Du füllst des Lebens Mangel aus mit dem, was ewig steht,
und führst uns in des Himmels Haus, wenn uns die Erd entgeht.
Wenn uns auch an weltlichen Dingen manches fehlt, so schenkst du uns
auf jeden Fall genug von den Dingen, die wirklich zählen. Immer
wenige brauchen wir im Laufe des Lebens. Ja, wenn dann zuletzt unsere
Zeit zu Ende ist, dann führst du uns zu dir nach Hause.
Hören Sie die Strophen 10-12 vom Chor.
Mut zum Leben und zum Glauben
Zuerst also sechs Strophen, was Gott uns in der Natur schenkt. Dann
sechs Strophen, wie er zu uns hält in guten und in bösen
Tagen. Und weil das alles so ist, nun in noch einmal sechs Strophen
der zuversichtliche Blick nach vorne.
Auch die Anrede wechselt wieder: Nachdem in den zweiten sechs Strophen
Gott angeredet war und gelobt wurde, wendet sich Paul Gerhardt nun
wieder seinen Hören zu: Also, wenn du im Rückblick auf dein
Leben und im genauen Hinschauen Gott so erlebt hast, wie ich gerade
gesungen habe, dann verlass dich drauf, dass das auch in Zukunft so
sein wird. Fasse Mut zum Leben, schöpfe Zuversicht und Hoffnung:
13. Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut! Dein
Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
Wen Paul Gerhardt genau anredet, ist nicht eindeutig zu entscheiden:
„Mein Herze“: Damit könnte er seine Frau meinen,
der er manches Lied gedichtet hat und die er ermutigen wollte. „Mein
Herz, meine liebe Frau, habe guten Mut.“ Denkbar ist es, denn
auch im Lied „Geh aus, mein Herz, und suche Freud“ meint
er mit großer Wahrscheinlichkeit seine Frau, die v.a. durch
den Tod des ersten Kindes sehr bedrückt und depressiv war. „Geh
raus“, sagt er ist, „geh raus in die Natur. Schau dich
um, wie schön die Welt ist. Verkriech dich nicht in deinen Kummer.“
Egal, ob er mit „mein Herz“ seine Ehefrau meint oder auch
sich selbst. Wir brauchen es nicht entscheiden: Uns macht er Mut mit
seinen Worten:
Fasse Mut. Freu dich am Leben. Singe. Gott, von dem alles Gute kommt,
ist und bleibt dir treu. Darauf kannst du dich verlassen.
14. Er ist dein Schatz, dein Erb und Teil, dein Glanz und Freudenlicht,
dein Schirm und Schild, dein Hilf und Heil, schafft Rat und lässt
dich nicht.
Passende Namen sucht Paul Gerhardt für Gott, für den Gott,
auf den man sich verlassen kann. So wertvoll wie ein Schatz. So verlässlich
wie ein Erbe, das man ganz gewiss bekommt. Hell wie Glanz und Licht.
Beschützend wie ein Schirm und ein Schild. Helfer und Heiland.
Ratgeber, der dich nicht verlässt.
15. Was kränkst du dich in deinem Sinn und grämst dich
Tag und Nacht? Nimm deine Sorg und wirf sie hin auf den, der dich
gemacht.
Also, wenn das alles so ist, warum lässt du dich von deinem momentanen
Leid so überwältigen? Dass du ganz krank wirst und vergrämt?
Du kannst dir nicht selbst heraushelfen. Gott aber will es und wird
es tun. Der dein Leben gemacht hat, der wird auch deine Sorgen wenden
können.
Wir singen die Strophen 13-15.
Das Leben vorwärts leben aber rückwärts verstehen
Und nun sozusagen das Finale: Wenn das so ist, dass du im Rückblick
auf dein Leben sagen kannst: Immer wieder hat mir Gott geholfen. Dann
verlass dich auch in der Zukunft auf ihn!
16. Hat er dich nicht von Jugend auf versorget und ernährt?
Wie manches schweren Unglücks Lauf hat er zurückgekehrt!
War das nicht schon öfter so, wenn du in dein Leben zurück
schaust? Hast du nicht von Jugend auf letztlich immer bekommen, was
du brauchst? Hat Gott nicht immer wieder Dinge zum Guten gewendet?
17. Er hat noch niemals was versehn in seinem Regiment, nein,
was er tut und lässt geschehn, das nimmt ein gutes End.
Gott sitzt im Regiment. Gott regiert. Gott hat die Fäden deines
Lebens in seiner Hand. Meinst du, es ist ihm etwas misslungen, wenn
es nicht so war, wie du wolltest? Hat es sich nicht im Nachhinein
immer als gut und sinnvoll erwiesen? Also lass ihn doch machen. Es
wird gut hinausgehen.
18. Ei nun, so lass ihn ferner tun und red ihm nicht darein, so
wirst du hier im Frieden ruhn und ewig fröhlich sein.
Wir singen gemeinsam die Strophen 16-18. Bei der letzten wird uns
der Chor begleiten und dann den Schlusspunkt setzen. |
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