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predigt[e].de

Die Predigt vom 23. Dezember 2007 (4. Advent):
»Wie geht Trösten?«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 4. Advent. Sein Thema ist die Vorfreude auf das Kommen Gottes. Evangelium (1. Lesung) war der Lobgesang der Maria und Epistel (2. Lesung) der Aufruf des Paulus zur Freude. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war ein Abschnitt aus Jesaja 52:
Predigttext
Sie können Texte auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Predigt
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Die Predigt
Advent ist nicht nur im Dezember

Weihnachten steht vor der Tür. Doch Weihnachten ist nicht nur im Dezember. Weihnachten ist das Fest der Nähe Gottes. Weihnachten, ist wenn ein Mensch erfährt, dass Gott ihm ganz nahe ist. Näher als in einem kleinen schutzlosen Kind kommt Gott in keiner Religion zu den Menschen.
Und: Advent ist nicht nur im Dezember. Advent ist immer dann, wenn einem Menschen das Warten schwer wird, wenn ein Mensch ungeduldig nach Gott ruft. Komm doch, Gott. Wo bist du denn? Ich brauche dich. Ich kann nicht bis Dezember warten. Ich brauche dich jetzt.

Der Prophet Jesaja redet zu den Israeliten, die nach Babylonien verschleppt worden sind, und deren Verbannungszeit sich dem Ende zuneigt. Doch nach 50 Jahren in der Fremde, fast zwei Generationen, gibt es nur noch Resignation unter den Menschen: Werden wir je wieder nach Hause kommen? Wird sich unsere Lage je wenden? Hat Gott überhaupt noch Macht? Herrscht er noch? Wird das in Trümmern liegende Jerusalem je wieder aufgebaut werden?

Eine Botschaft gegen die Resignation

7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen, die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König! 8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt. 9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst. 10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Der Prophet Jesaja sieht in die Zukunft: Über die Berge und Hügel rund um Jerusalem kommen Boten mit einer unerwarteten Friedensbotschaft. Sie verkünden Gottes Heil. Entgegen allem Augenschein regiert Gott und hat die Macht über Welt und Geschichte. Er kommt sichtbar in seine geliebte Stadt zurück. Und mit ihm kommen die Verschleppten. Die Wächter auf den Mauern halten Ausschau und sehen ihn schon von weiten. Das Schicksal wendet sich. Die Erlösung steht bevor. Gottes Nähe ist da.
Jesaja hat eine Botschaft gegen Hoffnungslosigkeit und Resignation. Ich meine, man könnte von ihm lernen, wie man heute Hoffnungslose, Verzagte und Traurige trösten kann. Wie tröstet man?

Traurige nicht alleine lassen

Erstens: Traurige brauchen Menschen, die ihnen eine gute und aufmunternde Botschaft bringen.
7 Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, die da Frieden verkündigen, Gutes predigen, Heil verkündigen.
Boten eilen dem kommenden Gott voraus und kündigen seine Ankunft an. Lieblich, wörtlich beglückend, ist ihre Botschaft.
So auch heute: Traurige, Depressive und Niedergeschlagene brauchen Menschen. Sie brauchen Menschen, die zu ihnen kommen und ihnen Gutes und Heilvolles sagen. Vielleicht auch durch das Telefon oder mit einem Brief. Traurige sind begierig nach Zuwendung und nach guten Worten. Gut ist, wenn jemand wie ein Bote von außen zu ihnen kommt, denn sie sind in ihrer Welt und Lage gefangen und können nicht heraus. Gut ist, wenn jemand erfährt und sagen kann: Dich schickt mir Gott.

Gott dich nicht vergessen

Zweitens: Traurige müssen hören: Gott lebt und hat dich nicht vergessen.
Wie lieblich sind auf den Bergen die Füße der Freudenboten, ... die da sagen zu Zion: Dein Gott ist König!
Zion, ein anderer Name für Jerusalem. Zion, die von Gott geliebte Stadt. Nie hätte man sich vorstellen können, dass diese Stadt zusammen mit dem Tempel, der Wohnung Gottes, einmal zerstört wird. Automatisch kam damals die Frage: Hat Gott noch Macht?
So auch heute: Trauernde, Depressive, an Leib und Seele Verletzte fragen: Hat Gott mich vergessen? Gibt es ihn überhaupt noch? Und sie müssen hören: Trotz allem, was geschehen ist, hat Gott dich nicht vergessen. Du bist getauft. Du bist ein durch deine Taufe von Gott geliebter Mensch.
Gott ist König. Gott herrscht. Gott hält Welt und Geschichte in seiner Hand. Ich weiß zwar nicht, warum du jetzt in dieser Situation bist. Ich weiß nicht, was Gott damit vor hat, aber ich vertraue darauf, dass auch darin ein Sinn zu finden ist.

Über den engen Horizont schauen

Drittens: Die mit Weitblick müssen die anderen trösten und ihren Blick weiten.
8 Deine Wächter rufen mit lauter Stimme und rühmen miteinander; denn alle Augen werden es sehen, wenn der HERR nach Zion zurückkehrt.
Die Wächter auf der Stadtmauer, die Türmer auf dem Kirchturm, sie haben einen weiten Blick. Sie stehen über den Dingen. Sie sehen manches schon von weitem.
So auch heute: Menschen mitten in der Not haben diesen weiten Blick nicht. Menschen in der Not haben eher einen Tunnelblick, einen Scheuklappenblick. Sie haben einen engen Horizont, über den sie nicht oder nur schwer hinausschauen können. Ihr Blick und ihre Gedanken sind gefangen von dem, was sie gerade bedrängt.
Menschen in der Not brauchen andere, die weiter blicken. Sie brauchen Menschen mit Hoffnung, Menschen, die über den engen Horizont hinaus schauen können. Sie brauchen Menschen, die ihnen die Augen dafür öffnen können, dass die Welt größer und weiter ist, als sie jetzt scheint. Sie brauchen Menschen, die sehen, in welche Richtung es gehen könnte. Menschen, die ihnen das Licht am Ende des langen Tunnels zeigen können.

Überraschend kommt Hilfe

Viertens: Wer solche Erlösung und Trost erfährt, der soll dankbar sein.
9 Seid fröhlich und rühmt miteinander, ihr Trümmer Jerusalems; denn der HERR hat sein Volk getröstet und Jerusalem erlöst.
Wenn das geschieht, dass Hilfe kommt, wo man sie fast nicht mehr erwartet hat, dann ist Freude angesagt. Gott tröstet und macht los. Er befreit: Da steht einer eine schwere Operation durch, deren Ausgang man vorher nicht erahnen konnte. Da wird jemand wieder gesund, wo man schon gar nicht mehr daran glauben konnte. Da renkt sich eine ganz verfahrene Situation wieder ein. Da finden auf einmal zwei verfeindete Menschen wieder zusammen. Das ist Erlösung. Das ist Weihnachten – nicht nur im Dezember.

Von erfahrener Hilfe erzählen

Und fünftens und zu guter Letzt: Wenn jemand so etwas erleben darf, dann sollen auch andere davon erfahren.
10 Der HERR hat offenbart seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, dass aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.
Weil sich der Gott Israels in den Augen der damaligen Nachbarn als der Schwächere erwiesen hat, hatten sie nur Hohn und Spott für sie übrig. Doch nun werden sie eines Besseren belehrt und beschämt.
Ja, so ist es manchmal, dass Außenstehende einem Trauernden oder Leidenden durch ihre Äußerungen, laut oder hinter vorgehaltener Hand, das Leben noch schwerer machen. Sie müssen erleben, dass sie leichtfertig geredet haben. Sie müssen beschämt werden und sehen, dass sie gescheiter sein wollten als Gott selbst.
Wenn jemand also Überraschendes erlebt, dann sollen es auch andere erfahren. Es soll nicht im stillen Kämmerlein bleiben. Es soll bekannt werden, damit auch die anderen Gott loben.
So freue ich mich in diesen Tagen für alle, für die es Weihnachten wird: nicht, weil es im Kalender steht, sondern weil sie Gottes unerwartete Nähe erfahren.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de