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Die Predigt vom 13. Januar 2008 (Letzter Sonntag nach Epiphanias):
»Sehnsucht nach Licht«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Letzten Sonntag nach Epiphanias. Sein Thema: Jesus - das Licht. Evangelium (1. Lesung) war die Verklärung Jesu und Epistel (2. Lesung) die Erleuchtung des Paulus. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war ein Abschnitt aus dem 2. Petrusbrief Kapitel 1:
Predigttext
Sie können Texte auch online nachlesen. Weitere Bibellinks finden Sie unter Glaube und Leben.
Der Predigttext
16 Denn wir sind nicht ausgeklügelten Fabeln gefolgt, als wir euch kundgetan haben die Kraft und das Kommen unseres Herrn Jesus Christus; sondern wir haben seine Herrlichkeit selber gesehen. 17 Denn er empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge. 19 Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.
Predigt
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Die Predigt
Der Morgenstern

Wer vor Sonnenaufgang nach Osten schaut, kann ihn sehen, den sog. Morgenstern: Vor Sonnenaufgang steht der Planet Venus derzeit im Osten am Morgenhimmel über dem Horizont. Die Venus ist die hellste Himmelserscheinung neben Sonne und Mond. In anderen Jahreszeiten steht sie als Abendstern am Firmament. Sie leuchtet schon, bevor die ersten Sterne zu sehen sind. Oder sie dringt noch durch, wenn die Sterne beim aufkommenden Sonnenlicht nicht mehr zu sehen sind.

Für die ersten Christen wurde dieser helle, alles überstrahlende Morgenstern bald auch zu einem Bild für ihren Herrn Jesus Christus, weil er mit den Augen des Glaubens gesehen auch alle anderen Erscheinungen dieser Welt überstrahlte:
Der 6. Januar, der Tag der drei Weisen, die dem Stern folgten, wurde zum Fest der Erscheinung des Herrn, auf griechisch Epiphanie. Epiphanias, Erscheinungsfest - so wird der 6. Januar deswegen auch genannt, und man zählt die Januarsonntage als Sonntage nach Epiphanias. (Wegen des ungewöhnlich frühen Ostertermins folgt heuer jedoch auf Epiphanias sofort der Letzte Sonntag nach Epiphanias.)

Jesus, das Licht

Viele Vergleiche und Bilder haben die Menschen damals dafür gefunden, was Jesus für sie bedeutet: Jesus, der Weg; Jesus, der gute Hirte; Jesus, der Bruder und Mensch wie wir; Jesus, die Türe zu Gott, das Brot des Lebens ...
Doch ein Bild spricht viele Menschen ganz besonders unmittelbar und intensiv an: Jesus, das Licht. Das geht bis hinein in unsere alten Sprichwörter und Redensarten, wie z.B.: „Immer, wenn du meinst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her.“
Jesus, das Licht. Das hat seinen Grund in dem Jesuswort: „Ich bin das Licht der Welt. Wer mir nachfolgt, der wird nicht im Finstern wandeln, sondern wird das Licht des Lebens haben.“

Sehnsucht nach Licht

Warum spricht gerade dieses Bild vom Licht so an? Vielleicht deswegen, weil sich in dieses Bild praktisch jeder Mensch, ob klein oder groß, jung oder alt, hineinversetzen kann. Jeder hat Dunkelheit und Angst schon am eigenen Leib erfahren: äußere Dunkelheit in der dunklen Jahreszeit; oder auch innere, seelische Dunkelheit. In der Trauer, im Gefühl von Versagen und Schuld, in der Einsamkeit des Alters, in Ängsten, Phobien oder Depressionen, in durchwachten Nächten von Krankheit und Schlaflosigkeit.
Da sehnen sich Menschen nach Licht, äußerlich und innerlich: Ein kleines Licht schon, das Licht einer Kerze, kann auch ein großes Dunkel hell machen und die Angst mindern oder wegnehmen. Eine Tür, die einen Spalt breit offen bleibt, kann einem Kind die Angst vor der Nacht nehmen. Wie gerne sitzen Menschen gedankenverloren und lange vor einer Kerze. Licht strahlt Wärme aus. Wärme für den Körper, aber auch Wärme für die Seele. Das erleben wir in den stillen Stunden der Advents- und Weihnachtszeit, die ohne Kerzen nicht vorstellbar wären. Wegen der Lichter in der Dunkelheit gehen viele Menschen bewusst an Weihnachten in die späte Christmette. Oder sie freuen sich auf die nächste Osternacht, wo das Licht wieder den Sieg über die Dunkelheit davonträgt und damit symbolisch das Leben über den Tod siegt.
Wir brauchen das Licht. Wir haben es nötig, dass uns immer wieder ein Licht aufgeht: seelisch, dass die Hoffnung sich durchsetzt. Geistig, dass wir Orientierung bekommen. Jesus ist das Licht auch für meine und deine Dunkelheit. Das ist die Botschaft dieses letzten Sonntags nach Epiphanias.

Ein Schlüsselerlebnis

Der Schreiber der vorhin gehörten Worte erinnert an ein solches eindrückliches Lichterlebnis im Leben der Jünger Jesu. Er erinnert an die Erzählung von der sog. „Verklärung“ Jesu, das Evangelium des heutigen Sonntags:
17 Denn Jesus empfing von Gott, dem Vater, Ehre und Preis durch eine Stimme, die zu ihm kam von der großen Herrlichkeit: Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe. 18 Und diese Stimme haben wir gehört vom Himmel kommen, als wir mit ihm waren auf dem heiligen Berge.
„Verklärung“, diese Überschrift ist heute nicht mehr auf Anhieb verständlich. Die moderne Bibelübersetzung, die „Gute Nachricht“, schreibt stattdessen einen ganzen Satz: „Die Jünger sehen Jesus in Herrlichkeit.“
Für drei ausgewählte Jünger ist damals ein Licht aufgegangen. Für einen Moment blitzte für sie Jesu wirkliches, verborgenes Wesen auf. Wie beim Blick durch das weihnachtliche Schlüsselloch schauten sie für einen Moment in eine Welt, die menschlichen Blicken normalerweise verschlossen ist. Die Verklärung war für die Jünger ein Vorzeichen der ausstehenden, der noch kommenden Herrlichkeit Jesu. Jetzt war bestätigt, was sie zuvor nur vermuteten und spürten: In diesem Jesus ist Gott selber da. Ein „Schlüsselerlebnis“, so würden wir mit heutigen Worten vielleicht sagen.

Selten werden Menschen solche tiefen Einblicke geschenkt. Aber doch gibt es das auch heute noch. Situationen sozusagen, wo für einen Moment Himmel und Erde sich berühren:
Menschen, die sich eingehend mit der Meditation beschäftigen, die in Stille und Einsamkeit die Nähe Gottes suchen, können es erleben.
Oder vielleicht auch in den sog. Nahtoderlebnissen, wo Verunglückte oder Operierte zwar noch nicht tot, aber doch an der Grenze des Todes waren und wieder zurückgeholt wurden. Auf ein helles Licht sind sie zugegangen. Und wenn sie gläubige Menschen waren, haben sie darin Jesus entdecken können. Viele davon sind anschließend regelrecht böse gewesen, dass man sie nicht hat sterben lassen.

Zurück auf den Boden

Das gibt es. Aber es ist nicht alltäglich. Wir müssen wie die drei Jünger auf dem Berg der Verklärung damit leben, dass die Herrlichkeit Gottes immer nur kurz aufblitzt. Man kann sie nicht festhalten. Petrus darf auf dem Berg keine Hütten bauen. Die drei Jünger müssen in dieser Erzählung wieder vom Berg herunter. Sie müssen sich dem Elend der Welt stellen. Nach dem Lichterlebnis folgt für sie sogleich die Ernüchterung, indem sie am Fuß des Berges einem epileptischen Jungen begegnen, ihm ohne Jesus nicht helfen können und damit sozusagen brutal auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden.

Licht tanken

Ganz ähnlich müssen wir heute damit leben, dass wir im Gegensatz zu den Jüngern Jesu damals Jesus, das Licht, nicht mehr greifbar und sichtbar unter uns haben.
Jesus heute ist zu finden, so sagt es der Schreiber dieser Zeilen, wenn wir das Wort der Bibel zu uns reden lassen:
19 Um so fester haben wir das prophetische Wort, und ihr tut gut daran, dass ihr darauf achtet als auf ein Licht, das da scheint an einem dunklen Ort, bis der Tag anbreche und der Morgenstern aufgehe in euren Herzen.
In der Begegnung mit dem Wort Gottes geschieht Begegnung mit dem lebendigen Gott. Nicht bei jeder Lesung, nicht bei jedem Predigttext, nicht bei jedem Losungswort, nicht in jeder Lebenslage. Aber doch immer und immer wieder.
Das sind sozusagen die kleinen unscheinbaren Verklärungsgeschichten unserer Zeit: Wenn einem ein Bibelvers oder ein Abschnitt auf einmal zum Licht in der eigenen Dunkelheit wird. Wenn jemand aus einem Gottesdienst geht und Hoffnung bekommen hat. Wenn jemand ein Lied gesungen hat und getröstet worden ist. Wenn jemand in die Bibel oder sein Losungsbuch geschaut hat, und ihm ein Licht aufgegangen ist. Wenn jemand einem geistlichen Menschen begegnet ist, sich von ihm angehört und verstanden fühlt und eine Wegweisung bekommt.
Licht tanken in der dunklen Jahreszeit. Licht tanken gegen die Winterdepression, die manche befällt, das kann man durch Spaziergänge in der frischen Luft.
Licht tanken und Licht erleben für die innere Dunkelheit. Auch das kann man, wenn man sich dem Licht des Evangeliums aussetzt: Im Gottesdienst z.B. und auch zu Hause, indem man regelmäßig seine Bibel oder sein Losungsbuch zur Hand nimmt und still wird.

Gottes Wort ist wie Licht in der Nacht.
Es hat Hoffnung und Zukunft gebracht.
Es gibt Trost, es gibt Halt
in Bedrängnis, Not und Ängsten,
ist wie ein Stern in der Dunkelheit.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de