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Die Predigt vom 10. Februar 2008 (Invokavit):
»Und führe mich nicht in Versuchung«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den Sonntag Invokavit („Er ruft mich an.“). Sein Thema ist die Versuchung zum Bösen. Evangelium (1. Lesung) war die Versuchung Jesu und Epistel (2. Lesung) der Hinweis des Hebräerbriefes, dass Jesus der Versuchung widerstand. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) war aus dem Jakobusbrief Kapitel 1:
Predigttext
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Der Predigttext
12 Selig ist der Mensch, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. 13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. 14 Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. 15 Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod. 16 Irrt euch nicht! 17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. ...
Predigt
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Die Predigt
Und führe mich nicht in Versuchung

Versuchung ist eigentlich ein biblisches und kirchliches Thema. Aber es hat doch Eingang gefunden in den täglichen Sprachgebrauch: Da gibt es eine Marke, die ist angeblich die süßeste Versuchung, seit es Schokolade gibt. Oder Sie konnten lesen, dass sich in Selb ein vorher unbescholtener und beliebter Pfarrer vom Geld in der Kasse hat in Versuchung führen lassen. Und im Fasching, so vermutet man, seien wieder manche der Versuchung erlegen, es in dieser Zeit mit der Treue nicht so ernst zu nehmen.

Neben der tiefsten aller Versuchungen, Gott und dem Glauben untreu zu werden, haben die folgenden Worte aus dem Jakobusbrief offenbar auch solche alltäglichen Versuchungen im Blick. Es wird nämlich davon erzählt, wie unsere Begierden und Süchte uns reizen und locken:
12 Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen, die Gott verheißen hat denen, die ihn lieb haben. 13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Denn Gott kann nicht versucht werden zum Bösen, und er selbst versucht niemand. 14 Sondern ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt. 15 Danach, wenn die Begierde empfangen hat, gebiert sie die Sünde; die Sünde aber, wenn sie vollendet ist, gebiert den Tod.
16 Irrt euch nicht! 17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis. ...


Versuchung in der Verfolgung

Wer Versuchungen und Anfechtungen aushält und durchsteht, der werde „die Krone des Lebens empfangen“. Das erinnert erst einmal an die tiefste aller menschlichen Versuchungen, nämlich von Gott abzufallen oder unter Lebensgefahr an ihm festzuhalten. Die Offenbarung des Johannes, in der Zeit der Christenverfolgung als eine Trostschrift geschrieben, gebraucht ähnliche Worte:
10 Fürchte dich nicht vor dem, was du leiden wirst! Siehe, der Teufel wird einige von euch ins Gefängnis werfen, damit ihr versucht werdet, und ihr werdet in Bedrängnis sein zehn Tage. Sei getreu bis an den Tod, so will ich dir die Krone des Lebens geben. (Offb 2,10)
Diese Art Versuchung, die durch die Christenverfolgung entsteht, kennen wir bei uns nicht. Dass manche als aktive Christen belächelt oder gehänselt werden, ist mit wirklicher Bedrohung und Verfolgung ja nicht zu vergleichen.
Aber auch bei den alltäglichen Versuchungen geht es letztlich um die Frage nach Gott: Wenn ich von bestimmten Genussmitteln oder Gewohnheiten nicht lassen kann, dann bin ich nicht frei. Dann haben sie Macht über mich. Meine Zufriedenheit, meine Laune hängt von ihnen ab. Oder ich achte meine Grenzen nicht. Martin Luther sagt: Alles, woran du dein Herz hängst, alles, ohne das du nicht sein kannst, das ist eigentlich dein Gott.

Versuchungen im Alltag

Deswegen ist alltägliche Versuchung von Hause aus nichts Negatives, sondern sie hat einen positiven Zweck: Sie prüft einen, wie ernst man es meint. Sie prüft einen, wovon man abhängig ist. Sie öffnet einem die Augen für die eigenen Grenzen.
12 Selig ist der Mann, der die Anfechtung erduldet; denn nachdem er bewährt ist, wird er die Krone des Lebens empfangen.
Wer Versuchungen widersteht, bekommt einen Gewinn, einen Lohn. Wer durch die Versuchung hindurch gegangen ist, geht gestärkt aus ihr hervor. Das erleben z.B. auch die, die sich für die die Fastenzeit freiwillig irgendeinen Verzicht vornehmen. Es ermutigt, es stärkt, es lohnt, durchgehalten zu haben.
Und auch bei den noch problematischeren Alltagsversuchungen bewährt sich das Starkbleiben: Es bewährt sich, seinem Partner die Treue zu halten. Es bewährt sich, die Finger von fremdem Geld zu lassen. Es bewährt sich, bei der Wahrheit zu bleiben. Es bewährt sich, Grenzen zu beachten beim Umgang mit meinen Mitmenschen.

Wo kommt die Versuchung her?

So ist die Versuchung eigentlich von Hause aus etwas Gutes. Aber weil sie einen auch in große Gefahr bringen kann und weil sie manchmal übermächtig ist, folgt auch gleich die alte Frage, die die Menschen schon immer umgetrieben hat: Wo kommt die Versuchung her? Führt Gott selbst in Versuchung, um Menschen zu prüfen? Aber was ist das für ein Gott, der Menschen absichtlich ein Bein stellt? So fragen die anderen? Bzw.: Wenn die Versuchung von Gott kommt, trägt dann der Mensch überhaupt Verantwortung für sein Tun?
Die Bücher unserer Bibel reden hier nicht mit einer Stimme. Offenbar handelt es sich um eine Menschheitsfrage, für die es keine einfache, eindeutige Antwort gibt:
Das Alte Testament geht ganz selbstverständlich davon aus, dass alles, was geschieht, aus Gottes Hand kommt. So auch die Versuchung als Glaubensprüfung. Die moderne Frage: „Was bist du für ein Gott, wenn du das tust?“ die hat niemand gestellt. So prüft Gott den Glauben und die Treue seines Volkes oder auch den Glauben einzelner: Die Wanderung durch die Wüste wird als Versuchung verstanden. Werden sie durchhalten in Hunger, Durst und Anfechtung? Werden sie durchhalten, auch wenn das Ziel nicht näher zu kommen scheint?
Oder die in unseren Augen so harte Geschichte von der Versuchung Abrahams: Ganz spät bekommen er und seine Frau Sara den Isaak, wo sie schon gar nicht mehr mit einem Kind gerechnet haben. Viele Nachkommen hatte ihm Gott versprochen. Und nun soll er diesen einen Sohn opfern?!

Führt Gott in Versuchung?

„Führe uns nicht in Versuchung!“ Auch Jesus geht in der Vaterunserbitte davon aus, dass es solche Versuchung gibt. Und trotz dieses Jesuswortes haben sich viele in der Folgezeit schwer damit getan: Sollte Gott wirklich einen Menschen dem Bösen aussetzen?
Der Jakobusbrief spricht sich dagegen aus:
17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts, bei dem keine Veränderung ist noch Wechsel des Lichts und der Finsternis.
Also: Gott ist gut und vollkommen. Er ist eindeutig Licht und nicht Finsternis. Er will das Gute, auch für die Menschen. Von ihm kann unmöglich etwas Böses ausgehen.
Es ist hilfreich, in der Bibel die Zusammenhänge der Worte zu beachten: 13 Niemand sage, wenn er versucht wird, dass er von Gott versucht werde. Wahrscheinlich wendet sich Jakobus bewusst gegen Menschen in seiner Gemeinde, die sich mit ihrem bösen Tun herausreden wollten. Sie seien ja nicht selbst schuld, wenn Gott sie in Versuchung gebracht hat.
Nach Jakobus wird die Versuchung nicht von Gott geschickt, sondern sie begegnet dem Menschen in den Trieben, die in ihm wohnen, in den Einflüsterungen, die ihn locken:
Ein jeder, der versucht wird, wird von seinen eigenen Begierden gereizt und gelockt.

Ähnlich auch Martin Luther in seiner Auslegung zu dieser Vaterunserbitte:
Und führe uns nicht in Versuchung. Was ist das?
Gott versucht zwar niemand; aber wir bitten in diesem Gebet, dass uns Gott behüte und erhalte, damit uns der Teufel, die Welt und unser Fleisch nicht betrüge und verführe ...


Versuchung als innere Stimme

Auch das lesen wir ja an anderen Stellen der Bibel: Versuchung, das ist wie eine Einflüsterung, eine Stimme die mich umgarnt wie die Schlange bei Adam und Eva: „Warum solltest du ...? Könntest du nicht auch ...? Wäre es nicht reizvoll ...? Es merkt ja niemand ... Du weißt gar nicht, was du verpasst ...“
Da ist nicht so sehr die Frage entscheidend, wo die Einflüsterung her kommt, sondern wie ich reagiere. Ja, da ist die Frage, ob sie von Gott kommen könnte, eher ein Ausweichen vor meiner Verantwortung. Wie heißt es bei Kain und Abel, als Kain sich ungerecht behandelt fühlt und Eifersucht und Zorn in ihm aufsteigen:
6 Da sprach der HERR zu Kain: Warum ergrimmst du? Und warum senkst du deinen Blick? 7 Ist's nicht also? Wenn du fromm bist, so kannst du frei den Blick erheben. Bist du aber nicht fromm, so lauert die Sünde vor der Tür, und nach dir hat sie Verlangen; du aber herrsche über sie. (Gen 4,6-7)

Seine Grenzen erkennen

Vielleicht müssen wir bei der Frage, wo die Versuchung nun her kommt, ganz einfach unterscheiden zwischen den Versuchungen im Alltag, die alle betreffen, und den schweren Anfechtungen und Schicksalsschlägen bei einem bestimmten Menschen. In beiden Fällen wird ja in der Bibel das gleiche Wort „Versuchung“ verwendet:
Im Blick auf die kleinen Versuchungen im Alltag: Niemand muss als Evangelischer fasten oder verzichten. Aber wer es tut, hat den anderen etwas voraus: Er wird sich der Einflüsterungen und Reize bewusst. Er stellt sich ihnen und versucht, mit ihnen umzugehen. Solche Versuchungen sind also geradezu gut und hilfreich: Sie helfen uns, uns selber zu erkennen. Sie helfen, unsere Grenzen zu erkennen. Sie helfen zu mehr Ehrlichkeit vor mir und anderen.
Und sie helfen zu entdecken, dass wir einen gnädigen Gott haben, wenn wir stolpern, es sei denn, wir hätten es bewusst und fahrlässig darauf angelegt.

Gott meint es gut

Und wenn nun wirklich Gott eine Versuchung oder Anfechtung schickt, um einen Menschen zu prüfen? Dann würde ich mich gerne an solchen Bibelworten festhalten wie hier:
17 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe kommt von oben herab, von dem Vater des Lichts.
Also: Gott meint es gut mit mir, auch wenn ich anscheinend im Moment genau das Gegenteil erfahre. Oder Psalm 68:
20 Gelobt sei der Herr täglich. Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch.
Oder Paulus in 1. Korinther 10:
13 Gott ist treu, der euch nicht versuchen lässt über eure Kraft, sondern macht, dass die Versuchung so ein Ende nimmt, dass ihr's ertragen könnt.
Gott gebe uns die Kraft, unseren Versuchungen zu widerstehen und daran zu reifen. „Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen." Amen

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

mic.thein@t-online.de www.michael-thein.de