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Die Predigt vom 6. April 2008 (Misericordias Domini):
»Letzte Worte«

Kirchenjahr
Informationen zum Kirchenjahr
Der Ort der Predigt im Kirchenjahr
Die Evangelische Kirche beging den 2. Sonntag nach Ostern: Misericordias Domini („Die Barmherzigkeit des Herrn“). Sein Thema ist Gott bzw. Jesus als der Gute Hirte. Evangelium (1. Lesung) war Jesus, der gute Hirte nach dem Johannesevangelium und in der Epistel (2. Lesung) nach dem 1. Petrusbrief. Der Predigttext dieses Sonntags (s.u.) waren die Schlussworte des Briefes an die Hebräer:
Predigttext
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Der Predigttext
13 20 Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, 21 der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
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Die Predigt
Letzte Worte

Die letzten Worte sind oft die wichtigsten. Da denke ich jetzt nicht so sehr an die letzten Worte eines Menschen vor seinem Tod, die letzten Worte vor dem endgültigen Abschied. Ich denke an die letzten Worte bei den kleinen Abschieden zwischendurch: Die letzten Worte zwischen Tür und Angel.
Da dreht sich jemand noch einmal um: „Ach ja, was ich noch sagen wollte ...“ Und dann kommt das Eigentliche, das Wichtige, das Entscheidende.
Oder ein Kind geht aus dem Haus, in die Schule, zu einer Veranstaltung, für ein paar Tage zu einer Freizeit oder zu Verwandten. „Pass auf dich auf. Komm gesund wieder. Wir denken an dich. Melde dich mal.“
So ähnlich wie beim P.S. eines Briefes. P.S.: Postskriptum, auf deutsch: das Nachgeschriebene, das hinterher noch Geschriebene. „P.S.: Ach ja, das hätte ich ja fast vergessen ...“
Die wenigen letzten Worte, sie sind oft so wichtig, so ge-wichtig wie die vielen anderen Worte vorher.

Die letzten Worte des Hebräerbriefes, die letzten Worte mitsamt dem Amen, sind uns heute zum Nachdenken aufgegeben. Wenige Worte, in die das Wichtigste noch einmal hineingepackt ist:
20 Der Gott des Friedens aber, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, 21 der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt, durch Jesus Christus, welchem sei Ehre von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen.
Das Schlusswort des Hebräerbriefes: Ein einziger langer Satz. So kann man schreiben, aber nicht reden. Um ihn zu verstehen und zu erfassen, muss man ihn – fast wie im Deutschunterricht – erst ein wenig analysieren und aufgliedern:
Schauen wir erst hin, von wem die Rede ist. Wer oder was? fragt man. Um wen geht es? Von wem ist die Rede? Wer handelt hier?

Gott schenkt Frieden und will Frieden

„Der Gott des Friedens." Um Gott geht es. Gott steht im Mittelpunkt. Mit dem, was er getan hat und tut, damals und heute. Ein Gott des Friedens ist er. Also ein Gott, der Frieden schenkt und einer, der Frieden will. Diesem Gott werden die Leser dieser Zeilen damals und wir Hörer heute anbefohlen. So auf die Art: „Ihr könntet ruhig alles wieder vergessen, was ich euch lang und breit gesagt habe. Aber, vergesst eines nicht: Gott sei mit euch. Sein Frieden gehe mit euch."
Ähnlich geht es Ihnen, den Silbernen Konfirmanden, und auch uns allen Konfirmierten: Was wissen wir schon noch von unserer Konfirmandenzeit? Von den vielen Worten, Themen und Inhalten? Nicht sehr viel, vermutlich. Wenn nur dieses eine bleibt, die letzten Worte: Der Segen am Ende und der Konfirmationsspruch als Lebenswort.
Segen, Frieden, Schalom, das wird uns auf den Lebensweg mitgegeben. Und das geben wir gerne auch anderen mit, wenn wir ihnen noch Abschiedsworte sagen.

Ein Wunsch zum Schluss

Also: Der Gott des Friedens, der Frieden schenkt und Frieden will, steht im Mittelpunkt. Fragen wir weiter wie im Deutschunterricht: nach der Satzaussage: Was tut er? Was geschieht?
„Der Gott des Friedens, der mache euch tüchtig.“
Gott mache euch tüchtig. Gott mache euch fähig. Gott lasse euch gelingen. Mit einem guten Wunsch, mit einer Aufmunterung entlässt der Schreiber seine Hörer. Der Hebräerbrief, der nach seiner eigenen Aussage (13,22) als eine Mahnrede verstanden werden will, der auf Schritt und Tritt durchzogen ist von Warnungen und Mahnungen - der endet mit einem guten Wunsch. Der endet – um im Bild zu bleiben – nicht mit dem erhobenen Zeigefinger, sondern mit zum Segen erhobenen Händen.
Ein Beispiel für uns alle. Ein Beispiel für unsere Briefe. Ein Beispiel für unsere Gespräche untereinander: Die letzten Worte zum Abschied, die Worte, die noch nachklingen und die man sich merkt, die sollen gute, aufmunternde Worte sein. Worte, die den anderen getrost und gestärkt davongehen lassen. Nicht Mahnungen und Aufforderungen oder gar erhobene Zeigefinger, so dass der andere gebückt davonschleicht oder gleich seine Ohren verschließt.

Wir sind noch nicht fertig

„Der Gott des Friedens, der mache euch tüchtig in allem Guten.“
Der Friede Gottes ist also da, wo Menschen einander Gutes tun. Doch das Gute tun, das können wir Menschen offenbar nicht aus eigener Kraft, sondern Gott muss uns dazu tüchtig machen. Oder wie Luther ursprünglich, aber für heute missverständlich, übersetzte: „Der mache euch fertig.“ Der schenke euch die Fertigkeit, die Fingerfertigkeit. Oder wie es aus dem Griechischen wörtlich heißt: Der mache euch zurecht, der rüste euch zu.
Zurüstung brauchen wir mit einem christlichen Spezialbegriff: Wir sind vor Gott noch nicht fertig. Wir sind noch keine durch und durch taugliche Werkzeuge. Wir müssen Gott gleichsam an uns arbeiten lassen wie ein Künstler an einer Figur arbeitet, bis sie dann dem Bild entspricht, das er sich von ihr gemacht hat.

„Der Gott des Friedens, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen.“
Tüchtig zum Guten ist also, wer Gottes Willen tut. Was Gottes Wille ist, steht hier nicht da. Am Ende eines langen Briefes kann der Schreiber getrost auf das verweisen, was er vorher alles gesagt hat. Als ein Beispiel nur ein paar Verse vorher: „Gutes tun und mit anderen zu teilen, vergesst nicht.“ (13,16)
Doch es geht hier ja offenbar nicht so sehr darum, was genau das Gute ist. Sondern: Wenn wir uns tüchtig machen lassen, wenn wir Gott an uns feilen lassen, dann wird schon genau das herauskommen, was Gott nötig hat. Wie wir aus der Fortsetzung sehen können:

Das Entscheidende ist geschenkt

„Der Gott des Friedens, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt.“
Einfach gesagt: Wir brauchen Gott nicht nur bei der Vorbereitung, sondern auch bei der Durchführung. Unsere Gaben und Fähigkeiten liegen nicht in unserer eigenen Hand, und oft auch nicht das, was bei aller guten und ehrlichen Bemühung hinten herauskommt. Da kann mancher ein Lied singen im Blick auf die Kinder, den Beruf oder die Gesundheit.

In bestimmten Lebensphasen wird gerne Bilanz gezogen: Wo stehe ich? Was habe ich vorzuweisen? Wie war es bisher und wie mag es weitergehen? Fragen, die ganz automatisch auch das Gespräch bestimmen, wenn sich Menschen nach längerer Zeit wiedersehen: Verheiratet oder noch solo oder wieder solo? Beruf? Kinder? Gesundheit? Gesellschaftliche Position?
Und wenn ich recht verstehe, geschieht das nicht unbedingt auf die Art: „Mein Motorrad, mein Auto, meine Yacht, meine Aktien.“ Sondern da ist eher Nachdenklichkeit. Die meisten entdecken in der Rückschau, dass die entscheidenden Dinge im Leben nicht erarbeitet und verdient, sondern geschenkt sind.

Jesus, der gute Hirte

Und jetzt auch noch das Ende des Bandwurmsatzes:
„Der Gott des Friedens, der mache euch tüchtig in allem Guten, zu tun seinen Willen, und schaffe in uns, was ihm gefällt durch Jesus Christus.“
Zwei Wochen nach Ostern wird unser Blick noch einmal zurückgelenkt auf Passion und Auferstehung. Womit wir beim Beginn des langen Satzes wären:
„Der Gott des Friedens, der den großen Hirten der Schafe, unsern Herrn Jesus, von den Toten heraufgeführt hat durch das Blut des ewigen Bundes, der mache euch tüchtig ...“
Ganz kurz wird wie in einem Glaubensbekenntnis noch einmal an Jesus erinnert: an sein Leben, sein Sterben und sein Auferstehen. Und alles einzelne wird zusammengebunden durch das Bild von Jesus als dem Hirten, womit wir bei heutigen sog. Hirtensonntag landen.

Der große Hirte der Schafe ist Jesus, der letztgültige Hirte, der Erzhirte, der nicht mehr überboten werden kann: Mag Mose im Alten Testament als Hirte und Führer des Volkes das Vorbild für diesen Gedanken gewesen sein, so ist in Jesus endgültig zu sehen, was Hirte heißen kann.
Der große Hirte war er, indem er alles bis zur letzten Konsequenz getan hat. Der große Hirte war er, indem er im Gegensatz zu den vielen kleinen Hirten und Führern der Geschichte, die meist nur das Blut anderer vergossen haben, sein eigenes Leben nicht geschont hat.

Von Gott, dem guten Hirten, her zum Schluss zwei Wünsche:
Der Wunsch, dass der gute Hirte nach dem Psalm 23 uns immer wieder auf rechter Straße führen und in den finsteren Tälern unseres Lebens an unserer Seite bleiben möge.
Und der Wunsch, dass wir auch für andere Menschen solche guten Hirten und Begleiter werden können. Vielleicht in Anlehnung an das Motto der kleinen, zähen indische Nonne Mutter Teresa: „Lass nicht zu, dass du einem Menschen begegnest, der nach der Begegnung mit dir nicht ein wenig glücklicher ist.“
„Der Gott des Friedens aber, der mache uns tüchtig dazu." Amen.

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Michael Thein • Pfarrer • Kaulbachstraße 2b• 95447 Bayreuth • Tel. 0921-65378 • Fax 03222-2426857

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